Zwei Punktmutationen im Erbgut von Rindern führen wahrscheinlich dazu, dass manche Tiere deutlich anfälliger für die Krankheit Dermatitis Digitalis sind. Sie ist bei Rindern in Stallhaltung weitverbreitet und äußerst schmerzhaft. Die beiden Kandidatengene fand ein internationales Forschungsteam der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Universität Göttingen und der University of Wisconsin-Madison in den USA.
Dafür analysierte es die Daten von mehr als 5.000 Milchkühen. Die Erkenntnis könnte dabei helfen, die Züchtung von resistenten Tieren zu verbessern. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Frontiers in Genetics“ veröffentlicht.
Die Dermatitis Digitalis ist eine von Bakterien der Gattung Treponema ausgelöste Erkrankung bei Rindern. Betroffen ist der Übergang zwischen Klauenhorn und behaartem Teil des Beines an der Rückseite der Füße.
„Obwohl die Krankheit erst 1974 in Italien erstmalig beschrieben wurde, hat sie sich derart verbreitet, dass sie heute weltweit in nahezu jedem Rinderstall in unterschiedlichem Ausmaß anzutreffen ist“, sagt Prof. Dr. Hermann Swalve vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der MLU. Er leitete die Arbeit gemeinsam mit Prof. Dr. Bertram Brenig von der Universität Göttingen.
Unterstützung erhielten sie von Prof. Dr. Dörte Döpfer aus den USA. Das Tückische an der Erkrankung sei, so Swalve, dass sie sich in verschiedenen Stadien manifestiert: Neben dem akuten Stadium sind auch solche bekannt, bei denen sich die Erreger gewissermaßen verkapseln. Ein akuter Schub kann aber immer wieder erfolgen.
Da nie alle Tiere einer Herde an der Krankheit leiden, geht man laut Swalve davon aus, dass es genetisch resistente Tiere geben muss. Die genetischen Grundlagen dafür untersuchte das Team aus Deutschland und den USA nun anhand von DNA-Daten und Untersuchungsbefunden von 5.040 Milchkühen aus 13 ostdeutschen Großbetrieben. Mithilfe umfangreicher statistischer Analysen war es so möglich, für die Erkrankung wichtige Bereiche im Erbgut der Kühe zu identifizieren.
Als potenzielle Kandidatengene blieben demnach CMPK2 und ASB16. Beide spielen eine wichtige Rolle in Signalwegen immunologischer zellulärer Prozesse, also zum Beispiel bei bakteriellen Infektionen wie Dermatitis Digitalis. Durch weitere Sequenzanalysen der Kandidatengenregionen fand das Team an zwei Stellen Punktmutationen, sogenannte SNP, die beide einen signifikanten Einfluss auf die Erkrankungsanfälligkeit und die Ausbildung eines chronischen Krankheitsverlaufs zeigten.
Das Team plant, seine Arbeit mit Untersuchungen mit Zellkulturen fortzusetzen, um die bisherigen Ergebnisse zu untermauern und womöglich auch den Mechanismus zu klären, den die gefundenen Punktmutationen beeinflussen. Bereits heute könnten die Ergebnisse dabei helfen, die Züchtung zu verbessern und durch umfangreiche Tests eine mögliche Anfälligkeit für Dermatitis Digitalis im Vorfeld zu reduzieren.
Die Arbeit wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie den Förderverein Bioökonomieforschung e. V. gefördert.
Studie: Oelschlaegel et al. Functional Variants Associated With CMPK2 and in ASB16 Influence Bovine Digital Dermatitis. Frontiers in Genetics (2022). doi: 10.3389/fgene.2022.859595
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