„Das von der Bundesregierung geplante ‘Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit’ ist wohl das letzte Mal, dass eine deutsche Bundesregierung viel Geld in die Hand nimmt, um die Aufarbeitung der Geschichte Ostdeutschlands und seiner postsowjetischen Nachbarländer in Ost- und Mitteleuropa vor und nach 1989 zu beleuchten.

Die Aufgaben, die das Zentrum zu erfüllen hat, sind groß: Es soll nicht nur wissenschaftlich aufarbeiten, was zur europäischen Transformation nach 1989 noch unbeantwortet ist, sondern es soll auch die Kultur einbeziehen und Dialog-Ort werden, an dem Menschen aus ganz Deutschland und ganz Europa, aus Tschechien und Polen genauso wie aus Frankreich und Italien, gemeinsam darüber ins Gespräch kommen, wie und wann wir die Teilung Europas nach 1945 endlich überwinden können.

Es soll auch Menschen, die nicht in Ostdeutschland groß geworden sind, verständlich zu machen, wie Ostdeutschland und Osteuropa wurden was sie sind, welche Rolle dabei die Zeit vor 1989 aber eben auch die 90er Jahre gespielt haben.

Wenn wir wollen, dass das Zukunftszentrum tatsächlich seinen Zweck erfüllt, dann muss es an einen Ort, an dem es auch viele Menschen besuchen. Da ist Leipzig im Verbund mit Plauen mit über 3,6 Millionen Übernachtungen im Vor-Corona-Jahr 2019 sehr viel besser geeignet als Frankfurt/Oder mit seinen 150 000. Selbst Bewerber-Städte wie Magdeburg schneiden hier mit knapp 860 000 Übernachtungen 2019 deutlich besser ab und müssen vor diesem Hintergrund als geeigneter gelten.

Baut man das Zukunftszentrum in eine Stadt, in der es nur die Menschen vor Ort wahrnehmen, wird es nicht seiner Aufgabe gerecht und unser Steuergeld verpuffen. Dafür aber ist die Aufgabe zu wichtig: Ein wichtiger Ort zu werden für das Zusammenwachsen von Ost und West – sowohl in Deutschland als auch in Europa. Damit wir in absehbarer Zeit nicht mehr über Ost- und Westdeutschland und Ost- und Westeuropa sprechen, sondern über EIN Europa und EIN Deutschland.

Über die Standortvergabe für das ‘Zukunftszentrum Europäische Transformation und Deutsche Einheit’ muss deswegen in einem transparenten Verfahren mit neutraler Jury ergebnisoffen diskutiert und entschieden werden. Entscheidend muss sein, an welchem Standort das Zukunftszentrum seine größte Wirkung entfalten kann. Leipzig bietet als die Stadt der Friedlichen Revolution und der Transformation nicht nur eine unvergleichlich große Zahl an historischen und kulturellen Anknüpfungspunkten und zeichnet sich u.a. auch durch seine intensive Städtpartnerschaft mit Kiew aus.

Andere Bewerberstädte entwickeln in diesen Wochen Konzepte, wie sie den verschiedenen Anforderungen an das Zukunftszentrum gerecht werden wollen, in Leipzig sind solche Strukturen in mehr als 30 Jahren organisch gewachsen: Leipzig setzt sich seit vielen Jahren für Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Transformation ein, nicht zuletzt mit dem alljährlichen stattfindenden Lichtfest, der Revolutionale oder dem Haus der Demokratie.

Wenn man Menschen auch außerhalb Ostdeutschlands fragt, welchen Ort sie mit der Friedlichen Revolution verbinden, dann lautet die erste Antwort: Leipzig. Gemeinsam mit Plauen als dem Ort, an dem 1989 die erste Demonstration stattfand, die von der Polizei nicht mehr aufgelöst werden konnte, stellt die Bewerbung Leipzig-Plauen eine ideale Kombination von Standorten dar, die unterschiedliche Realitäten der Transformation von 1989 bis heute miteinander verbindet. Deswegen blicke ich mit großer Zuversicht auf den anstehenden Auswahlprozess in der zweiten Jahreshälfte.“

Quellen

https://www.frankfurt-oder.de/PDF/Kommunalstatistischer_Jahres_und_Demografiebericht_2020.PDF?ObjSvrID=2616&ObjID=9304&ObjLa=1&Ext=PDF&WTR=1&_ts=1613457622

https://www.tourismusnetzwerk-sachsen-anhalt.de/de/datei/download/id/3527681,1050/dwif_wirtschaftsfaktor_tourismus_fu_r_magdeburg_2019.pdf

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