Als Ösophagusatresie bezeichnen Mediziner/-innen eine angeborene Fehlbildung der Speiseröhre. Nur sehr wenige Kliniken in Deutschland behandeln betroffene Kinder und Erwachsene mit dieser seltenen Erkrankung auf höchstem Niveau.
Das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) ist nun von der Selbsthilfeorganisation KEKS e.V. in vier von vier möglichen Modulen zertifiziert worden. Am UKL können Kinder und Erwachsene aller Altersgruppen bestmöglich versorgt werden.
KEKS steht für “Patienten- und Selbsthilfeorganisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre”. Neben dem UKL ist bislang mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nur ein weiteres Klinikum in Deutschland zertifiziert worden.
Das UKL erhielt die Qualitätsbescheinigungen in den Modulen
- „Pränatale Versorgung“ (Abteilung für Geburtsmedizin),
- „Erstversorgung des Neugeborenen mit Ösophagusatresie“ (Abteilung für Neonatologie, Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie),
- „Nachsorge des Kindes mit Ösophagusatresie“ (Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie) sowie
- „Nachsorge des Erwachsenen mit Ösophagusatresie“ (Viszeralchirurgie).
Bei einer Ösophagusatresie besitzt die Speiseröhre keine Verbindung zum Magen und endet blind oder mündet in die Luftröhre. Auch sind starke Verengungen möglich, so dass keine Nahrung durch die Speiseröhre gelangen kann.
„Die Krankheit ist selten. Etwa 15 Fälle pro Jahr werden in Sachsen gezählt, in Deutschland sind es etwa 250 bis 300“, berichtet Prof. Martin Lacher, Direktor der UKL-Kinderchirurgie, der sich gemeinsam mit seinen Kolleg:innen der anderen beteiligten Fachrichtungen über die Zertifizierung freut. Denn er weiß: „Die Behandlungsergebnisse sind nicht überall gut, betroffene Kinder sind oftmals nicht optimal operiert worden.“ Wie so oft, gelte auch hier: In Kliniken, in denen die Erkrankung häufiger behandelt werde, seien auch die Ergebnisse besser.
Die oftmals unbefriedigenden Resultate einer Behandlung waren es, die KEKS als bundesweit tätige Selbsthilfeorganisation veranlassten, ein Zertifizierungsverfahren aufzubauen. So soll eine „transparente und belastbare Grundlage“ geschaffen werden, „um Empfehlungen aussprechen zu können“, schrieb die Organisation in ihrer Mitgliederzeitung „Krümelchen“. Orientiert hat sich KEKS dabei an den Kolleg:innen von „Muko e.V.“, die bereits vor über 20 Jahren einen ähnlichen Prozess gestartet hatten und die Zertifizierung „Muko Cert“ etablierten.
„Weil wir Kinderchirurgen mit der Erwachsenenchirurgie und der Endoskopie eng kooperieren, können wir an unserem Klinikum Kinder und Erwachsene aller Altersstufen mit Ösophagusatresie behandeln“, hebt Prof. Lacher hervor. Da die Patient:innen häufig „viele Baustellen“ hätten, zum Beispiel im Bereich der Atemwege, könne sie kein Arzt, keine Ärztin allein versorgen.
„Es braucht ein Team aus operativen und nicht-operativen Fachbereichen, um optimale Ergebnisse zu erzielen“, erklärt der leitende UKL-Kinderchirurg mit Blick auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit. „Unsere Behandlungsergebnisse und die Zufriedenheit der Eltern geben uns recht“, sagt er.
Seine Klinik ist zudem Referenzzentrum des Europäischen Referenznetzwerks (ERN) für Menschen mit Ösophgusatresie. „Wir haben viele überregionale Patient:innen und behandeln derzeit schon mehr Kinder als vor der Corona-Pandemie, vielleicht auch dank der Möglichkeit unserer Videosprechstunde.“ Denn der erste Kontakt zu neuen Patient/-innen bahnt sich oftmals nach dieser virtuellen Sprechstunde an: „Geben die ersten Gespräche Anhaltspunkte für eine mögliche Behandlung, werden nachfolgend alle Expert:innen der benötigten Fachrichtungen eingeschaltet“, so Prof. Martin Lacher.
Das KEKS-Zertifikat bestätigt: Am Leipziger Universitätsklinikum ist für Patienten mit angeborenen Fehlbildungen der Spreiseröhre eine Rundum-Versorgung für alle Altersgruppen auf qualitativ höchster Stufe sicher.
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