Die Landesgruppe Sachsen der SPD-Bundestagsfraktion hat die Äußerungen des Ministerpräsidenten des Freistaats Sachsen Michael Kretschmer (CDU) vom 8. Juli 2022 zu Energieimporten aus Russland mit starkem Befremden zur Kenntnis genommen. Seiner Forderung nach der vollständigen Wiederaufnahme fossiler Energieimporte aus Russland widersprechen wir ausdrücklich.
Kretschmer beschreibt zwar treffend die große Abhängigkeit, in die sich Deutschland und die deutsche Industrie von günstigen Gas- und Ölimporten aus Russland begeben haben, sieht diese jedoch nicht als Ausgangspunkt unserer aktuellen Krise, sondern als Fundament unseres Wohlstandes, welches es wiederherzustellen gilt.
Angesichts des unvorstellbaren täglichen Leids in der Ukraine und der historischen Solidarität unserer ost- und zentraleuropäischen Partner, die sich mit ihrer Unterstützung für die Sanktionen erheblich verwundbarer machen als Deutschland und Sachsen, empfinden wir Kretschmers Position als zutiefst zynisch. Die Ukrainerinnen und Ukrainer kämpfen täglich dafür in Freiheit und Demokratie leben zu können, nicht für günstiges Gas.
Die wirtschaftlichen Ängste sächsischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen unsere Solidarität mit der Ukraine auszuspielen ist nicht nur unanständig, sondern auch wirtschaftspolitisch unklug. Wir müssen die gesamte Kraft des Freistaats Sachsen darauf verwenden unsere Industrie so schnell wie möglich klimaneutral umzubauen, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ein für alle Mal zu beenden.
Die Bundesregierung und die Europäische Union stellen dafür aktuell so viele Chancen und Ressourcen bereit wie niemals zuvor – das müssen wir nutzen. Nur so schaffen wir langfristig gute Arbeitsplätze mit anständiger Bezahlung und Zukunftsperspektive.
Detlef Müller, MdB, Sprecher der Landesgruppe Sachsen und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion:
„Michael Kretschmer treibt mit seinen Positionen leider sich selbst und den Freistaat Sachsen in die politische Isolation. Während alle Regionen Deutschlands und Europas richtigerweise die aktuelle Situation nutzen wollen, um ihre Wirtschaft so schnell wie möglich mit erneuerbaren Energien klimaneutral umzubauen, in Zukunftstechnologien zu investieren und so das Fundament für den Wohlstand der nächsten Jahrzehnte zu legen, will der Ministerpräsident Sachsen lieber weiterhin vom Gas-Tropf Putins abhängig halten.
Anstatt zukunftsfeste Lösungen für die berechtigten Sorgen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der fossilen Industrie anzubieten, spielt er ihre wirtschaftlichen Ängste gegen den russischen Angriffskrieg aus.“
Fabian Funke, MdB, Stellv. Sprecher der Landesgruppe Ost der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union:
„Die Europäische Union hat auf den völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands so schnell und geschlossen reagiert, wie vielleicht bei keinem anderen Ereignis zuvor. Staaten wie Tschechien, die Slowakei oder Bulgarien haben die Sanktionen gegen Russland trotz ihrer massiven Abhängigkeit von russischem Öl und Gas nicht nur mitgetragen, sondern sich mit Nachdruck für die Sanktionen eingesetzt und dafür erhebliche wirtschaftliche und soziale Folgen in Kauf genommen.
Wenn Michael Kretschmer nun von einem „deutschen Alleingang“ beim Ölembargo spricht und die volle Wiederaufnahme der Gasimporte fordert, diskreditiert er die Solidarität unserer zentral- und osteuropäischen Partner und untergräbt die gemeinsame europäische Linie. Michael Kretschmer isoliert sich und Sachsen damit in Berlin und schadet dem sächsischen Ansehen“
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