Am 1. und 2. Juni 2022 tagten die Justizministerinnen und Justizminister im bayerischen Hohenschwangau auf ihrer sog. Frühjahrstagung. Sachsen hat die Konferenz mit einigen Impulsen und mit einer Reihe von Beschlussvorschlägen aktiv mitgestaltet.

Eine zentrale Rolle spielte die Frage, wie man die Justiz zukunftsfest macht und die Digitalisierung weiter vorantreibt. Vom Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann, der während der Konferenz digital zugeschaltet war, forderten die Länder eine Verstetigung der Finanzierung und die Erweiterung des Pakts für den Rechtsstaat um einen Digitalpakt und fassten einen entsprechenden Beschluss: „Die Justiz benötigt dringend über die Verstetigung der bereits erfolgten Schritte hinaus sachliche und personelle Mittel“, erläuterte Justizministerin Katja Meier.

Notwendig ist aus sächsischer Sicht zum einen eine Verlängerung und Intensivierung des finanziellen Engagements des Bundes im Wege einer Weiterentwicklung des Paktes für den Rechtsstaat. So war eine dauerhafte und nachhaltige Weiterfinanzierung der im Rahmen des „Pakts für den Rechtsstaat“ zur Personalverstärkung eingerichteten Stellen bislang nicht Gegenstand des Paktes.

Eine Weiterfinanzierung der bereits im Zusammenhang mit dem ersten Pakt für den Rechtsstaat geschaffenen Planstellen für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie für Serviceeinheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften ist jedoch erforderlich, da viele Länder – und so auch der Freistaat Sachsen – mit den bisherigen Mitteln noch keine Stellen im nicht-staatsanwaltlichen und nicht-richterlichen Bereich schaffen konnten. Zudem muss ein neuer „Pakt für den Rechtsstaat“ auch neue Herausforderungen in den Blick nehmen, die insbesondere durch die Gesetzgebung des Bundes verursacht werden.

„Insbesondere im Bereich des Strafrechts werden durch bundesgesetzlich verursachte Aufgabenmehrungen ständig wachsende Anforderungen an die Justiz der Länder gestellt. Insoweit ist auch der Bund in der Verantwortung, den Rechtsstaat und das Vertrauen in den Rechtsstaat weiter und noch nachhaltiger zu stärken“, erläuterte Katja Meier.

Des Weiteren ist aus sächsischer Sicht erforderlich, dass der Bund die Länder im Rahmen von Investitionen in die Digitalisierung finanziell unterstützt und dabei auch den hieraus entstehenden Personalbedarf der Justiz der Länder in den Blick nimmt. Eine finanzielle Unterstützung wird in diesem Bereich insbesondere für die Fortsetzung der Digitalisierung und die Einführung der E-Akte an den Gerichten und Staatsanwaltschaften in Sachsen benötigt.

Justizministerin Katja Meier: „Die Digitalisierung ist das zentrale Justizprojekt dieses Jahrzehnts. Um diese Aufgabe erfolgreich zu meistern, bedarf es einer guten Ausstattung im Bereich der IT und beim Personal. Bei diesem Kraftakt müssen der Bund und die Länder an einem Strang ziehen. Nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung und eine zuverlässige finanzielle Unterstützung des Bundes wird es gelingen, die bundesgesetzlich verankerte Frist zur Einführung der E-Verfahrensakte bis zum Jahr 2026 zu erfüllen. Den Worten aus dem Koalitionsvertrag müssen jetzt schnell Taten folgen.“

Sachsen setzte im Rahmen der Konferenz auch wichtige eigene Impulse und brachte sich ein mit Beschlüssen zur Modernisierung des Namensrechts, zu einer moderaten Erhöhung der Altershöchstgrenze der Schöffinnen und Schöffen sowie mit einem Beschlussvorschlag zur gesetzlichen Normierung des sog. „responsible disclosure“.

Der einstimmig gefasste Beschluss zur Modernisierung des Namensrechts und Stärkung der Gestaltungsfreiheit kann als großer Erfolg betrachtet werden. Dem sächsischen Antrag folgend erkannten die Teilnehmenden der Frühjahrskonferenz an, dass das aktuell geltende Namensrecht wenig flexibel, kompliziert und in manchen Bereichen auch in sich widersprüchlich ist.

In dem einstimmig gefassten Beschluss bitten die Justizministerinnen und Justizminister der Länder den Bund, dringend eine Reform des Namensrechts auf den Weg zu bringen und dabei zu berücksichtigen, dass ein modernes Namensrecht dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen und der Vielfalt individueller Lebensläufe von Familien einerseits und den Belangen nationaler Minderheiten andererseits Rechnung tragen muss.

„Das vom sog. Grundsatz der Namenskontinuität geprägte deutsche Namensrecht schränkt das allgemeine Persönlichkeitsrecht unnötig ein und trägt der Lebenswirklichkeit – insbesondere von Patchwork- und Regenbogenfamilien – nicht ausreichend Rechnung“, erläuterte Justizministerin Katja Meier zum Hintergrund der sächsischen Initiative.

„Mit unserer Initiative will ich auch den in Sachsen lebenden Sorbinnen und Sorben die Möglichkeit eröffnen, ihre traditionelle Namensgebung zu ermöglichen. Hier setzen wir auch eine Bitte der Domowina um. Die bestehenden Beschränkungen im Namensrecht müssen fallen, um der Vielfalt der kulturellen und individuellen Lebensgestaltung Rechnung zu tragen“, so Katja Meier.

Auch wenn zu den weiteren sächsischen Themen keine Beschlüsse gefasst werden konnten, blieben diese sowohl für Sachsen aber auch bundesweit von Relevanz.

Der Beschlussvorschlag zur gesetzlichen Normierung des sog. „responsible disclosure“ steht im direkten Zusammenhang mit der IT-Sicherheit und ist – auch wenn sich hierfür keine Mehrheit unter den Justizministerinnen und Justizmister fand – aufgrund der steigenden Bedeutung elektronischer Systeme im Alltag der Bürgerinnen und Bürger aber auch für die Tätigkeit von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen essentiell. „Eine gesetzliche Normierung des „responsible disclosure“ zur Erhöhung der IT-Sicherheit halte ich weiterhin für wünschenswert“, betonte Katja Meier im Nachgang zu der Konferenz.

„Dass ein entsprechender Beschluss nicht gefasst werden konnte, ist zwar enttäuschend. Ich vertraue nun darauf, dass die Bundesregierung entsprechende Bestrebungen in Umsetzung des Koalitionsvertrages trotzdem unternehmen wird. Das Identifizieren, Melden und Schließen von Sicherheitslücken in einem verantwortlichen Verfahren, z. B. in der IT-Sicherheitsforschung, auf legale Füße zu stellen, ist immerhin erklärtes Ziel im Koalitionsvertag der Bundesregierung.“

Ebenso von großer Aktualität, vor allem in Sachsen, ist das Thema der moderaten Erhöhung der Altersgrenze der Schöffinnen und Schöffen. Hier hat Sachsen den Vorschlag gemacht, die Höchstaltersgrenze für Schöffinnen und Schöffen moderat dahingehend anzuheben, dass künftig Personen, die das fünfundsiebzigste Lebensjahr bis zum Beginn der Amtsperiode noch nicht vollendet haben, in das Schöffenamt berufen werden dürfen.

„Im Jahr 2023 stehen in Sachsen wieder Schöffenwahlen an. Damit stehen wir ganz unmittelbar vor der Frage: wie schaffen wir es, ausreichend Schöffinnen und Schöffen für die verantwortungsvolle Aufgabe in der sächsischen Justiz zu gewinnen und zu begeistern. Es geht hier letztlich um die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Denn es dürfte kein Geheimnis sein: die Demografie macht es nicht gerade leichter“, betonte Katja Meier im Zusammenhang mit dem Beschlussvorschlag.

Sachsen schloss sich zudem als mitantragstellendes Land weiteren Initiativen an. So unterstützte Sachsen den gefassten Beschluss im Zusammenhang mit den Onlinediensten zur Meldung von Hasskommentaren für Bürgerinnen und Bürger. Hier wird ausweislich des Beschlusses zu prüfen sein, ob und wie die unterschiedlichen Länderangebote zu Online-Anzeigemögichkeiten ausgeweitet, verbessert und effektiviert werden können.

Aktive Unterstützung leistete Sachsen auch im Zusammenhang mit einer Beschlussvorlage Hamburgs, Mieterinnen und Mieter besser vor Mietwucher zu schützen. Darüber hinaus schloss sich Sachsen dem Beschluss an, Übergangsfristen für Neubeeidigung von Delmetscherinnen und Dolmetscher nach Inkrafttreten des Gerichtsdolmetschergesetzes zu verlängern, Berufung auf den allgemein geleisteten Eid für Gebärdensprachdolmetscher beizubehalten.

Weitere Informationen sowie alle Beschlüsse der Konferenz können unter dem folgenden Link abgerufen werden: https://www.justiz.bayern.de/ministerium/justizministerkonferenz/

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