Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt werden können. Am Vorabend von Richard Wagners 209. Geburtstag am 21. Mai 2022 fanden sich 14 Mitglieder des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig mit ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Helmut Loos in der Intendantenloge des Opernhauses ein, um Prof. Ulf Schirmer, Intendant und Generalmusikdirektor der Oper Leipzig, als Ehrenmitglied auszuzeichnen.
Die heiter-festliche Stunde verging wie im Flug, zumal die Verbandsmitglieder es überaus genossen, den vielbewunderten Mann, den sie meist hochkonzentriert im Orchestergraben erleben, ganz „in Familie“ in ihrer Mitte zu wissen. Prof. Schirmer machte es ihnen leicht und ließ von Anfang an keine Distanz aufkommen. Er fühle sich „sehr geehrt, habe nicht lange überlegt, als die Anfrage kam“, lächelte er in die Runde, „meine Zusage erfolgte spontan, von Herzen.“
Helmut Loos ging in seiner Laudatio auf das neue Ehrenmitglied weit in die Geschichte der Leipziger Wagner-Pflege zurück und stellte die Verdienste Schirmers, die 2005/06 mit der Einstudierung des „Parsifal“ ihren Anfang nahmen, in eine Reihe mit den beispielhaften Leistungen eines Angelo Neumann (Operndirektor 1876–1882), Gustav Brecher (Operndirektor 1923–1933) und Joachim Herz (Operndirektor 1959–1976).
2009/10 wurde Ulf Schirmer Generalmusikdirektor und übernahm ab der Spielzeit 2011/12 zusätzlich die Intendanz der Leipziger Oper. Von da an galt sein besonderes Augenmerk den Werken von Richard Wagner, das mit dem Festival WAGNER 22 vom 20. Juni bis zum 14. Juli 2022 seinen Höhepunkt erreicht, wenn unter dem Motto „Drei Wochen Unendlichkeit“ alle 13 Musikdramen des Dichterkomponisten mit hoher Qualität aufgeführt werden, zu denen auch das Frühwerk mit den „Feen“, dem „Liebesverbot“ und „Rienzi“ gehört, weltweit ein Alleinstellungsmerkmal.
Ulf Schirmer lernte Joachim Herz an der Wiener Staatsoper kennen und schätzen, als dieser Janáčeks „Katja Kabanowa“ inszenierte. Schirmer war als Resident-Dirigent engagiert und erinnert sich besonders an Herz‘ – für Wien äußerst ungewohnten –preußischen Arbeitsstil, seine Bescheidenheit und an viele inhaltlich wertvolle, probenbegleitende Gespräche mit ihm, für die sich Herz bewusst Zeit nahm.
Gustav Brecher Reverenz zu erweisen und ihn mit einem Festakt und Stolpersteinen vor dem Opernhaus und in Markkleeberg zu ehren, war für Ulf Schirmer eine Herzensangelegenheit, wurde doch Brechers Idee, alle Bühnenwerke Richard Wagners im Rahmen eines Festivals in Leipzig zum 125. Geburtstag aufzuführen, von den Nationalsozialisten vereitelt und der jüdische Operndirektor 1933 aus dem Amt gedrängt – doch Schirmers Idee für WAGNER 22 zollt seinem geistesverwandten Vorgänger Tribut.
Nachdem Prof. Dr. Helmut Loos Prof. Ulf Schirmer die Ehrenurkunde überreicht hatte, formierten sich alle Anwesenden zum Gruppenbild. Man prostete sich zu und nutzte die Gelegenheit, mit dem neuen Ehrenmitglied anzustoßen und ein kurzes Gespräch zu führen. Eine große Freude bereitete Ruth Streller, Gründungsmitglied des Verbandes 1983 und inzwischen Ehrenmitglied, Prof. Schirmer, als sie ihm eine am nämlichen Ort aufgenommene Fotografie von 2015 übergab, auf der er dem langjährigen Verbandsvorsitzenden und Wagner-Forscher Prof. Werner Wolf in der ersten Pause des „Siegfried“ zum 90. Geburtstag gratuliert.
Als Ehrengäste des kurz darauf stattfindenden „Filmischen Opernprojekts Faszination Wagner mit Tenor Andreas Schager“ gehörten die Verbandsmitglieder zu den ersten, die den erstmals vorgestellten „Wagner-Wein“ vom Weingut Wackerbarth probieren durften, würdiger Abschluss eines unvergesslichen Erlebnisses.
Leider verlässt Prof. Ulf Schirmer im Sommer dieses Jahres die Leipziger Oper nach 11 Jahren Intendanz und seiner 13. Spielzeit als Generalmusikdirektor. Die Leipziger Wagnerianer werden ihr Ehrenmitglied vermissen und als Gastdirigent immer herzlich willkommen heißen.
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