Zu den Ausführungen von Wissenschaftsminister Gemkow zur Situation ukrainischer Studierender in Sachsen erklärt Anna Gorskih, hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion:
„Laut Minister Gemkow haben bisher 3.150 aus der Ukraine geflüchtete Menschen Interesse an einem Studium in Sachsen angemeldet. Gestern hatte er mir in seiner Antwort auf meine Anfrage (Drucksache 7/9575) noch die Zahl 2.799 genannt – die Lage ist offensichtlich dynamisch. Es ist schön und gut, dass der Minister heute Zahlen präsentiert hat, aber er lässt die wichtigste Frage unbeantwortet: Was passiert mit den Studierenden aus den Drittstaaten, wenn sie sich nur bis zum 31. August 2022 legal in Deutschland aufhalten können?
Es gibt die weitreichende Möglichkeit, den Schutzstatus für geflüchtete Studierende aus Drittstaaten, die ihr Studium hier beenden möchten, über den §23 Abs. 1 AufenthG umzusetzen. Das Wissenschafts- und das Innenministerium sollten als oberste Landesbehörden den Aufenthalt aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen im Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium ermöglichen und anordnen, dass Personen mit einem Arbeits- oder Studienvisum in der Ukraine eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erteilt wird.
Wir haben die Staatsregierung aufgefordert (Drucksache 7/9374) das zu tun und gegenüber der Bundesregierung und im Bundesrat darauf hinzuwirken, dass die organisatorischen und rechtlichen Vorkehrungen getroffen werden. Wir können doch niemanden ab dem 1. September zurück nach Afghanistan schicken, wo die Person doch gerade vor einem anderen Krieg geflohen ist!
Der Minister rühmt sich, dass Informationen über die Aufnahme eines Studiums jetzt auch auf Ukrainisch verfügbar sind – das ist allerdings das einzige, was die Staatsregierung bisher neben der Öffnung des Agricola-Stipendiums selbst umgesetzt hat. Doch das hilft den Studierenden und Wissenschaftsangehörigen aus den Drittstaaten nicht. Die schnelle Reaktion der Hochschulen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten Unterstützung und Hilfe bereitstellen, ist aller Ehren wert.
Aber es braucht langfristige politische Lösungen, die einzig und allein in den Händen der Staatsregierung liegen. Morgen im Landtag können der Minister und die Koalitionsfraktionen, die unseren Antrag im Ausschuss am 11. April ablehnten, zeigen, wie wichtig ihnen der Schutz der geflüchteten Studierenden und Wissenschaftsangehörigen ist. Wir werden dazu unseren Antrag aus der Sammeldrucksache herauslösen und ihn zur Abstimmung im Plenum stellen.“
Hintergrund
Personen mit vorübergehendem Aufenthaltsstatus in der Ukraine, wozu auch Menschen mit einem Studienvisum zählen, stecken gegenwärtig in einer rechtlichen Grauzone, da diese Personengruppe im EU-Ratsbeschluss zur vorübergehenden Schutzgewährung von aus der Ukraine vertriebenen Personen in der Europäischen Union nicht mitbedacht wurde. Es liegt demnach im Ermessen des jeweiligen EU-Mitgliedstaates, ihnen mit einem nicht dauerhaften Aufenthaltstitel in der Ukraine Anspruch auf vorübergehenden Schutz in der EU zu gewähren.
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