Sachsens stellvertretender Ministerpräsident, Umwelt- und Landwirtschaftsminister Wolfram Günther, hat am Freitag (8.4.) an der 1019. Bundesratssitzung teilgenommen. Dort stand unter anderem die Änderung der Direktzahlungen-Durchführungs-Verordnungen (TOP 42, Bundesrats-Drucksache 140/22) zur Abstimmung. Darin geht es um die Nutzung ökologischer Vorrangflächen für den Anbau von Getreide, Zwischenfrüchten und Futterpflanzen.
Günther sagte aus diesem Anlass: „Der Ukrainekrieg hat zu Turbulenzen auf den Agrarmärkten geführt, Spekulationen haben zu einem erheblichen Anstieg der Agrar-, Futtermittel- und Betriebsmittelpreise geführt.
Die Nutzung von Futtermitteln auf ökologischen Vorrangflächen für dieses Jahr zu ermöglichen, ist sinnvoll und klug. Das unterstützt die Betriebe wie schon in den zurückliegenden Dürrejahren bei der Versorgung ihrer Tiere mit regionalem Futter.
Der Pfad zu mehr Biodiversität und Klimaschutz darf nicht preisgegeben werden, denn es gilt unvermindert: Die Klimakrise und die Krise der Artenvielfalt müssen bewältigt werden. Krisen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!
Den Forderungen, auf ökologische Rückzugsräume in der Agrarlandschaft zu verzichten, erteile ich eine Absage. Dieser Verzicht hilft ärmeren Ländern nicht, schadet aber nachhaltig Umwelt und Klima. Er gefährdet die Ertragsfähigkeit der Landwirtschaft für unsere Kinder, Enkel und Urenkel. Wenn wir unsere Böden übernutzen, Klimakrise und Artensterben nicht stoppen, riskieren wir Ertragsausfälle und die Sicherheit unserer Lebensmittelversorgung.
Ökologische Flächen sind kein Selbstzweck. Drei Jahre Dürre in Folge haben in Sachsen gezeigt, wie wichtig Strukturen in der Landschaft sind. Heißem, trockenem Wind muss etwas entgegengesetzt werden. Die Humusbildung ist wichtig für Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen. Blühflächen sind wichtig für Insekten, für Vögel und kleine Säugetiere – kurzum für die Artenvielfalt. Es besteht im Berufsstand und in der Gesellschaft Einigkeit zur notwendigen Transformation der Landwirtschaft. Maßnahmen für den Umweltschutz, für Insekten jetzt zurückzudrehen, ist schädlich und gefährlich.
Das Thünen-Institut hat es berechnet: Das Potenzial ökologischer Vorrangflächen ist mit rund 0,6 Millionen Tonnen Getreide sehr gering angesichts der jährlichen Gesamterntemenge in Deutschland von 45 Millionen Tonnen und 3 Millionen Tonnen sächsischen Getreides pro Jahr.
Hunger auf der Welt hat viele Ursachen. Dass es Brachen- und Naturschutzflächen in Deutschland gibt, dass wir Rückzugsräume für die Natur schaffen und so langfristig die Ertragsfähigkeit unserer Böden sichern – das ist ganz sicher keine Ursache für Hunger.
Um Mengenprobleme geht es hier ebenfalls nicht. Hunger entsteht durch fehlende Kaufkraft und dysfunktionale Märkte. Er entsteht durch die Folgen des fortschreitenden Klimawandels, durch bewaffnete Konflikte, durch Spekulation. Dort muss Handeln ansetzen. Zu den Lösungsansätzen zählen vielmehr auch die Verfügbarkeit von Saatgut auch in ärmeren Weltregionen und die politische und ökonomische Ermöglichung nachhaltigen Wirtschaftens in kleinbäuerlicher Strukturen auch in ärmeren Weltregionen. Zu handeln kann nicht heißen, Anbau bei uns in Deutschland zu maximieren – zulasten der Nachhaltigkeit und zu Lasten auch der bäuerlichen Strukturen in Ländern des globalen Südens.
Entscheidend weltweit wie auch hierzulande ist schließlich die Effizienz der Nutzung landwirtschaftlicher. Ressourcen. Für mich gilt: Weniger Verschwendung. Klarer Vorrang für Teller vor Trog, klarer Vorrang für Teller vor Tank.“
Die Sächsische Staatsregierung hat sich zur Verordnung (TOP 42 heute im Bundesrat) heute enthalten. Der Vorschlag des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist im Bundesrat heute unverändert beschlossen worden.
Keine Kommentare bisher