Verbraucherinnen und Verbraucher sind bereit, mehr Geld für Lebensmittelverpackungen zu bezahlen, die sie selbst als nachhaltig empfinden. Einer neuen Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) zufolge sind bei Obst und Gemüse sogar unverpackte Lebensmittel am beliebtesten, gefolgt von Papierverpackungen und solchen aus Recyclingplastik.
Konventionelles Plastik und auch sogenanntes Bioplastik schneiden dagegen schlecht ab. In die Auswertung der nicht-repräsentativen Studie flossen Angaben von rund 260 Personen ein. Sie wurde kürzlich im Fachjournal „Resources, Conservation and Recycling“ veröffentlicht.
Frühere Studien zur Akzeptanz verschiedener Verpackungsmaterialien hatten oft einen Fokus auf wenige Verpackungsalternativen. Die Befragten konnten sich zum Beispiel nur zwischen konventionellem und Bioplastik entscheiden. Bei Letzterem handelt es sich um eine Gruppe von Kunststoffen, die biologisch abbaubar sind und/oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.
„Eine breitere Optionsvielfalt, die beispielsweise auch unverpackte Produkte einbezieht, wurde in der Forschung bislang zu wenig berücksichtigt“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Sebastian Rhein. In der neuen Studie konnten die Befragten deshalb, ähnlich wie bei einem Einkauf im Supermarkt, zwischen verschiedenen Produktalternativen mit unterschiedlichen Verpackungen wählen, die sich auch im Preis unterschieden.
Zusätzlich sollten sie eine Rangfolge für Verpackungsmaterialien nach ihrer Nachhaltigkeit erstellen und Angaben zu ihrem Wissen über einzelne Verpackungsmaterialien sowie ihren Wünschen bezüglich Produktverpackungen beim täglichen Einkaufen machen.
Besonders beliebt waren demnach unverpackte Lebensmittel, aber auch Recyclingplastik- und Papierverpackungen wurden gegenüber konventionellem Plastik bevorzugt. „Die von uns befragten Konsumentinnen und Konsumenten zeigten sich durchaus bereit, mehr Geld für Alternativen zu konventionellen Plastikverpackungen auszugeben, wenn sie diese als nachhaltiger empfinden. Selbst wenn sie dafür, wie im Falle von unverpackten Lebensmitteln, quasi weniger erhielten“, sagt Dr. Katharina Sträter.
Es zeigte sich zudem, dass die Wahrnehmung der Befragten nicht mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Thema übereinstimmen muss. Problematisch ist dabei vor allem, dass es bisher keinen generellen Konsens darüber gibt, welches Verpackungsmaterial tatsächlich nachhaltig ist. Hier sehen die Forschenden die Wissenschaft und die Politik in der Verantwortung, Klarheit zu schaffen.
Bioplastik schnitt in der Erhebung besonders schlecht ab, obwohl frühere Studien das Gegenteil gezeigt hatten. Die Befragten gaben an, zu wenig über das Material und seine Eigenschaften zu wissen. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass hinter dem Begriff Bioplastik eher ein Produkt vermutet wird, das für die Umwelt genauso schlecht ist wie konventionelles Plastik“, so Ko-Autor Christoph Herrmann.
Die Ergebnisse liefern dem Team zufolge auch für den Einzelhandel wichtige Ansatzpunkte: „Bislang gingen viele Unternehmen davon aus, dass ihre Kundschaft nicht dazu bereit ist, mehr Geld für nachhaltigere Verpackungen zu zahlen. Das können wir zunächst einmal nicht bestätigen. Vielmehr sehen wir: Die Unzufriedenheit mit Plastikverpackungen ist enorm, darin steckt ein großes Potenzial“, sagt Rhein abschließend.
Die Studie des halleschen Teams gibt viele Hinweise, ist allerdings nicht repräsentativ für Deutschland. Ob sich die Ergebnisse für die gesamte Bevölkerung verallgemeinern lassen, müsste im Rahmen weiterer Untersuchungen überprüft werden.
Studie: Herrmann C., Rhein S., Sträter K. F. Consumers’ sustainability-related perception of and willingness-to-pay for food packaging alternatives. Resources, Conservation and Recycling (2022). doi: 10.1016/j.resconrec.2022.106219
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