Mit einem neuen Bewertungssystem lassen sich die Klimafolgen von Transportdienstleistungen erstmals transparent bewerten. Entwickelt wurde es von Wirtschaftswissenschaftlern unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im „Journal of Industrial Ecology“ beschreibt das Team die Details für ein solches Verfahren.
Die Bewertung basiert auf der ausgestoßenen Menge an Treibhausgasen, die eine Sendung auf ihrem Transportweg verursacht. Etwa 14 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen pro Jahr gehen auf den Personen- und Güterverkehr zurück.
Den CO2-Fußabdruck für eine Güterlieferung zu berechnen, ist gar nicht so einfach. In der Regel besteht ein Transportprozess aus mehreren Teilschritten und auf den jeweiligen Teilstrecken kommen unterschiedliche Verkehrsmittel zum Einsatz, etwa Zug, Schiff, Flugzeug oder Lkw. Weiterhin kommt es zum Beispiel darauf an, wie und womit die Fahrzeuge beladen sind oder ob Leerfahrten ohne Fracht durchgeführt werden. Schließlich können die transportierten Güter selbst sehr unterschiedlich sein, vom Stahlträger bis zur Dose Tomaten.
„Das alles macht es schwierig, verschiedene Transportoptionen für unterschiedliche Güter miteinander zu vergleichen. Im Bereich der Transportdienstleistungen steckt aber ein großes Potenzial zur Emissionseinsparung“, sagt PD Dr. Thomas Kirschstein, Privatdozent an der MLU und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW. Je länger Güter zum Beispiel über Schienen und nicht auf Straßen transportiert werden und je weniger Leerfahrten es gibt, desto besser ist typischerweise die Klimabilanz.
Bisher mangelt es im Güterverkehr jedoch an Transparenz in Bezug auf die Umweltverträglichkeit. Die Angebote, die Spediteure und Verlader erhalten, weisen in der Regel lediglich den Preis für eine Transportdienstleistung aus, aber nicht deren Einfluss auf das Klima. Hier setzt das vom Forscherteam der MLU und der Uni Kiel neu entwickelte Labelsystem an: Auf Basis typischer Größen von Transportaufträgen, wie Sendungsgewicht und -volumen, und genutzter Verkehrsmittel sowie zum Beispiel deren Auslastung, Fahrtrouten und Emissionswerte, schlägt das Team eine einheitliche und vergleichbare Bewertungsgröße für die Klimabilanz von Transportprozessen vor.
In Kombination mit geeigneten Referenzwerten erarbeiteten die Forscher eine Farbskala von grün bis dunkelrot, an der sich auf einen Blick einschätzen lässt, ob die gewählte Option mehr oder weniger umweltverträglich ist. „Damit erhalten Spediteure eine einfache visuelle Entscheidungsgrundlage, um aus verschiedenen Transportoptionen die klimafreundlichste auswählen zu können“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Christian Bierwirth von der MLU.
Das System wurde in Anlehnung an eine bereits existierende DIN-Norm zur Berechnung von Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen für Transportdienstleistungen (DIN EN 16258) entwickelt. Das neue Label ist vor allem für Geschäftskunden gedacht. Es ist jedoch auch denkbar, ein ähnliches Verfahren für den Privatbereich zu etablieren.
„Es kann zum Beispiel einen großen Unterschied machen, ob ich meine Paketlieferung als Express-Zustellung per Kurier erhalte oder im Rahmen einer größeren Liefertour. Als Kunde fehlen einem hierfür jedoch die Informationen bezüglich der dabei jeweils verursachten Emissionen“, sagt Kirschstein abschließend.
Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert (Förderzeichen 268276815).
Studie: Kirschstein T., Heinold A., Behnke M., Meisel F., Bierwirth C. Eco-labeling of freight transport services: Design, evaluation, and research directions. Journal of Industrial Ecology (2022). doi: https://doi.org/10.1111/jiec.13259
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