Wie lässt sich das Schreibenlernen in Grundschulen so gestalten, dass es den unterschiedlichen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schülern gerecht wird und niemand benachteiligt wird?
Mit diesem Thema beschäftigen sich aktuell 26 Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen einer Fortbildung zum Rechtschreibunterricht in der inklusiven Grundschule, die von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und dem Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) angeboten wird. Ziel ist es, konkrete Aufgaben zu entwickeln, die sich auch in der Schulpraxis bewähren.
In der Fortbildungsreihe geht es darum, Aufgaben so zu konzipieren, dass sie ein gemeinsames Lernen der Schülerinnen und Schüler ermöglichen. Bislang ist das nicht immer gegeben, wie Prof. Dr. Anke Reichardt erklärt, die an der MLU zum Schriftspracherwerb forscht: „Häufig orientieren sich Lernaufgaben an den durchschnittlichen Kompetenzen der Kinder. Die Unterschiede bei der Rechtschreibkompetenz der Schülerinnen und Schüler können jedoch, wie Lehrkräfte berichten, riesig sein.“ Dadurch seien viele Kinder über- oder unterfordert mit dem Unterricht.
Im Rahmen der Fortbildung soll eine Lösung für dieses Problem gefunden werden. Die Idee ist, die Aufgaben so anzulegen, dass sie entsprechend der Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler unterschiedlich bearbeitet werden können. Ein Beispiel: Die Kinder erhalten eine Liste mit zehn fachlich gut ausgewählten Wörtern, die sie selbstständig sortieren sollen.
„Diese Aufgabe lässt sich auf ganz verschiedene Weisen lösen: Die Wörter könnten nach Groß- und Kleinschreibung sortiert werden oder auch danach, ob es darin kurze oder lange Vokale gibt“, so Reichardt. Je nachdem, wie ein Kind die Aufgabe löst, kann die gefundene Systematik weiter vertieft werden. Die Kinder könnten zum Beispiel weitere Gruppen bilden und Regeln aufstellen, wonach ein Wort in eine bestimmte Gruppe fällt, und diese dann ihren Mitschülerinnen und -schülern erklären.
Ein besonderes Augenmerk der Fortbildung liegt dabei auf der Praxistauglichkeit der neuen Lernaufgaben: Die Lehrkräfte entwickeln die Aufgaben konkret für ihre eigenen Schulklassen und erproben sie dort anschließend auch. Das Team um Reichardt begleitet die Fortbildung zudem wissenschaftlich und untersucht, ob sich dadurch das didaktische Know-how der Lehrkräfte verbessern lässt und wie sich deren Einstellung zum Thema inklusiver Rechtschreibunterricht verändert.
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