Ein Forscherteam der Universität Leipzig hat in den vergangenen Wochen auf den Galápagos-Inseln mit Drohnen Luftbilder von Meerechsen aufgenommen. „Iguanas from Above“ heißt die Kampagne. Die Forschenden zählen nun auf den Luftbildern den Bestand dieser vom Aussterben bedrohten Leguan-Art, die nur auf dem Archipel im östlichen Pazifik natürlich vorkommt.
Außerdem sammelten sie Blut- und Hautproben von Leguanen sowie Algen aus ihrem Lebensraum, um mehr Erkenntnisse über deren Ernährung zu bekommen. Anfang Februar hat ebenfalls auf den Galápagos-Inseln ein zweites Projekt im Rahmen dieser Kampagne begonnen: Bei diesem Citizen-Science-Projekt werden Laien gesucht, die Leguane auf Fotos zählen, damit Daten schneller ausgewertet werden können. Per Foto-Zählung wird auch die Menge des Plastikmülls auf den Inseln und im Meer erfasst, der eine große Gefahr nicht nur für die Meerechsen darstellt.
Bisher unerreichbare Orte mit Drohnen erschlossen
„Der Einsatz von Drohnen macht viele Orte zugänglich, die zuvor nicht erreichbar waren. Er vermeidet das Anlanden von Booten auf diesen abgelegenen Inseln, was – selbst wenn möglich – aufgrund der rauen See und der scharfen Felsen normalerweise sehr gefährlich ist“, erläutert die Zoologin Dr. Amy MacLeod von der Universität Leipzig, die Leiterin der Kampagne.
Das sechsköpfige Team hatte zuvor eine Woche lang auf dem ecuadorianischen Festland den Umgang mit Drohnen trainiert. Durch die Aufnahmen bekommen die Forschenden einen Überblick, wie viele Meeresleguane noch auf den Inseln leben und wo genau sie genau zu finden sind. Die Doktorandin Denisse Dalgo leitete das zweite Projekt, das Aufschluss über die Ernährung sowie die grundlegenden Körpermaße wie Körperlänge und -gewicht der seltenen Tiere bringen soll.
„Es wird eine Weile dauern, die Leguane anhand der Bilder zu zählen. Wir haben aber bereits gesehen, dass die auf der Insel Marchena gefundene Unterart der Meeresleguane viel seltener zu sein scheint als erwartet“, berichtet MacLeod. Diese Erkenntnis sei unter Naturschutzaspekten wichtig. Andererseits seien an manchen Orten mehr Leguane als erwartet gefunden worden – etwa auf den sehr abgelegenen Inseln Darwin und Wolf.
„Da diese Inseln selten von Forschern besucht werden und das Fangen von Leguanen dort sehr schwierig ist, wurden sie in der Vergangenheit nicht oft beprobt und sind daher ziemlich mysteriös geblieben“, sagt die Biologin. Glücklicherweise hätten die Forschenden während der Expedition eine ausreichende Anzahl von Proben erhalten und seien nun gespannt darauf, welche Geschichten sie ihnen über diese geografisch isolierte Unterart erzählen.
Citizen-Science-Projekt: Jeder Interessierte kann sich beteiligen
Im Rahmen des gerade begonnen Citizen-Science-Projekts sollen interessierte Laien die Leguane genau zählen. „Damit könnten wir künftig unsere Daten schneller auswerten, die Populationsgrößenerhebungen öfter wiederholen und diese bedrohte Art endlich richtig überwachen“, umreißt MacLeod das Ziel des Projekts.
Die Ergebnisse der Citizen Scientists seien auch Teil eines Trainingssets für maschinelles Lernen: Die Forschenden wollen untersuchen, ob auch mit künstlicher Intelligenz Leguane gezählt werden können. Letztendlich werde nach dem zuverlässigsten und effizientesten Weg gesucht, Leguane anhand von Luftbildern zu erfassen. Diese Methode können dann künftig lokale Naturschutzmanager verwenden, um ihre Arbeit einfacher, schneller und sicherer zu gestalten.
Bei der Zählung kann jeder mitmachen. Das Projekt wird von der weltweit größten Citizen-Science-Plattform Zooniverse gehostet. Wer beim Zählen dabei sein möchte, sollte ein Benutzerkonto erstellen und zum Projekt „Iguanas from Above“ klicken. Ein Tutorial erklärt, wie das Projekt funktioniert. Die Forschenden sammeln auch Daten zu anderen Arten, die auf den Bildern häufig vorkommen, wie Galapagos-Seelöwen und verschiedene Seevögel.
„Wir glauben, dass die neue Phase den Freiwilligen Spaß machen wird, weil sie Leguane aus Espanola und Floreana zählen werden – das sind die ‚Weihnachtsleguane‘, die für ihre leuchtenden Farben bekannt sind“, betont die Biologin. Das gesamte Projekt soll bis 2025 laufen.
Ein großes Problem auf den Galápagos-Inseln ist Plastikmüll: „Da uns das Sorgen bereitet und wir die Kunststoffe auf unseren Bildern deutlich sehen konnten, haben wir andere Forscher kontaktiert, um gemeinsam daran zu arbeiten, unsere Drohnenbilder für die Untersuchung von Kunststoffen zu verwenden“, erläutert Dr. Amy MacLeod.
Auch die Citizen Scientists könnten dabei helfen. Es sei wichtig zu wissen, woher das Plastik kommt und wo es landet, um sowohl die Quelle, als auch das Ergebnis des Problems zu behandeln. Die Daten sollen auch für gezielte Reinigungsaktionen verwendet werden, die Plastik von Orten entfernen, an denen es die Tierwelt bedroht.
Lebensraum durch Einheimische und Tourismus bedroht
Wie viele Meerechsen es überhaupt noch gibt, ist nicht genau bekannt, da Schätzungen stark variieren und die Tiere an vielen schwer zugänglichen Orten des Archipels zu finden sind. Daher gab es noch nie eine vollständige Untersuchung dieser Art. „Unser ultimatives Ziel ist es daher, genaue und detaillierte Zählungen für jede der elf Unterarten zu erstellen“, sagt MacLeod.
Meerechsen sind auf einigen Inseln sehr verbreitet, auf anderen jedoch sehr selten. Die meisten Inseln haben ihre eigenen Unterarten, die separat geschützt werden müssen. Sie wurden noch nie erfolgreich in Gefangenschaft gehalten. Wenn sie auf den Galápagos-Inseln aussterben sollten, gäbe es diese Art nicht mehr.
Eine Bedrohung für die Tiere stellt nach Angaben der Expertin die wachsende Zahl der Einwohner und Touristen auf dem Archipel dar. Diese erhöhe die Wahrscheinlichkeit damit verbundener Bedrohungen wie Wasserverschmutzung und Verlust von Lebensräumen durch Bauarbeiten. In den vergangenen Jahrzehnten gab es mehrere Ölverschmutzungen, die für Meerechsen tödlich sein können.
Auch Verschmutzungen durch Plastikabfall aus dem Pazifischen Ozean sind ein großes Problem. Darüber hinaus haben die Menschen viele nicht heimische Arten wie Katzen, Hunde, Ratten und Insekten auf die Inseln gebracht, von denen einige lokale Arten durch Raub, Konkurrenz und Parasitismus bedrohen. Schließlich verändert auch der Klimawandel diese fragilen und fein ausbalancierten natürlichen Systeme.
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