Der krankmachende Konsum und die Behandlung jugendlicher Drogenkonsumenten sind in einem Forschungsprojekt der Medizinischen Fakultät der TU Dresden untersucht worden. Ein auf diese Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 12 und 17 Jahren zugeschnittener ambulanter, 16-wöchiger Therapieplan wurde erarbeitet, wissenschaftlich begleitet, eingeführt und bewertet.
Der Ansatz nimmt nicht nur die Hilfe beim Entzug in den Blick, sondern auch die Behandlung zusätzlich vorliegender psychischer Störungen. Weiterhin werden die Lebensumstände, also mögliche soziale Probleme und bewusst auch Eltern und Angehörige in die Therapie mit einbezogen. Nun liegt ein Handbuch mit dem Titel „DELTA – Dresdner Multimodale Therapie für Jugendliche mit chronischem Suchtmittelkonsum“ vor, das eine Lücke schließt, indem es für ambulante Therapien in ganz Sachsen, Deutschland und darüber hinaus nutzbar ist.
Es unterstützt Praktikerinnen und Praktiker dabei, mit ihren Patienten im Wesentlichen vier Ziele zu erreichen:
- die Verringerung des Konsums von Drogen
- den Aufbau von konsumfreien Phasen
- eine dauerhafte Abstinenz und schließlich
- die Fähigkeit zu einer Lebensgestaltung in Zufriedenheit
Das Sächsische Wissenschaftsministerium (SMWK) hat die Forschung mit mehr als einer halben Million Euro im Rahmen der Landesforschungsförderung unterstützt. Die intensive Forschungsarbeit hat dabei auch die Auswirkungen des Cannabis-Konsums bei Jugendlichen sichtbar gemacht. Die Zahl der stationären Behandlungen ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten stetig gestiegen. Die Folgen des Cannabis-Konsums können für Heranwachsende dramatisch sein.
Er begünstigt psychische Störungen, u.a. Psychosen, depressive Störungen, Angsterkrankungen sowie zusätzlichen Missbrauch von Alkohol und anderen illegalen Drogen. Regelmäßiger Cannabiskonsum v.a. im Jugendalter führt zur nachhaltigen Schädigung der kognitiven Leistungsfähigkeit, wie etwa Aufmerksamkeitseinbußen und Gedächtnisstörungen. Die Erholung dieser kognitiven Funktionen bei Verzicht auf Cannabis kann nur begrenzt erfolgen – ein Umstand, der auch durchzunehmende Abstinenzdauer nicht beeinflusst werden kann.
Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow sagt vor diesem Hintergrund mit Blick auf die geplante Cannabis-Legalisierung: „Die Ergebnisse der Studie und greifbar auch das auf die Praxis zugeschnittene Handbuch zeigen, wie stark Forschung und klinische Kompetenz in der Kinder- und Jugendgesundheit in Sachsen aufgestellt sind.
Für die betroffenen Patientinnen und Patienten ist diese Arbeit eine große Hilfe und auch für unsere Gesellschaft sind diese therapeutischen Leistungen von großem Nutzen. Diese Bemühungen würden aus meiner Sicht durch die geplante Cannabis-Legalisierung aber geradezu konterkariert. Mit einem erleichterten Zugang zu Cannabis, letztlich auch für Jugendliche, ist eine weitere Zunahme des Therapiebedarfs in diesem Feld zu befürchten.“
Projektleiterin an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie am Universitätsklinikum Dresden Dr. Yulia Golub: „Viele unserer Patientinnen und Patienten erleben neben der Abhängigkeit starke psychische und soziale Belastungen, besuchen die Schule nur unzureichend und kommen mit dem Gesetz und ihren Mitmenschen in Konflikt.
Unser ambulantes Programm fördert daher auch soziale und emotionale Fähigkeiten. Die Jugendlichen erleben in der therapeutischen Gruppe, dass sie nicht allein sind mit ihren schwierigen Verhältnissen. Daher sind wir froh, dass wir mit DELTA einen neuen Baustein für die komplexe und oft langfristige Versorgung zur Verfügung stellen können.“
Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie am Prof. Veit Roessner ergänzt: „Drogenkonsum bis hin zur Sucht bei Jugendlichen ist ein ernst zu nehmendes und größer werdendes Problem nicht nur für die Betroffenen und ihre Angehörigen selbst. Es hat letztlich Auswirkungen für die gesamte Gesellschaft.
Eine Abhängigkeit von einer Substanz führt bei den meisten Menschen dazu, dass er oder sie früher oder später therapeutische Hilfe braucht. Auch wenn wir die Therapieangebote erweitern und verbessern, muss es doch letztlich das Ziel sein, den Bedarf an solchen Angeboten zu reduzieren.“
Hintergrund:
Studien zufolge sind 90 Prozent der in Therapie befindlichen jugendlichen Drogenkonsumenten straffällig, zeigen Auffälligkeiten in ihrem Sozialverhalten oder leiden an ADHS, Depressionen, Folgen von Traumata oder Angststörungen. Ohne die Mitbehandlung dieser zusätzlichen Belastungen sind die Aussichten gering, nach einer Entzugsbehandlung dauerhaft „clean“ zu bleiben. Erschwerend ist, dass die psychischen Störungen in einen Lebensabschnitt fallen, in dem sich Persönlichkeitsbildung und berufliche Orientierung vollziehen.
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