Wirkung des Virus auf den Eisenstoffwechsel der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) könnte Sauerstoffmangel von schwer erkrankten Patienten erklären und Ansatz für neue Behandlungsmethoden bieten.
Eine Forschungsgruppe von Dresdner WissenschaftlerInnen des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost, des Universitätsklinikums Dresden und des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik haben im Wissenschaftsportal SPRINGER NATURE einen weltweit bisher einzigartigen Forschungsbericht veröffentlicht, in dem sie eine direkte Wirkung des Corona-Virus auf den Eisenstoffwechsel in roten Blutkörperchen (Erythrozyten) nachweisen. Diese Erkenntnis könnte den Sauerstoffmangel bei schwer an Corona erkrankten Patienten erklären und neue Behandlungsansätze ermöglichen.
Dem Forschungsteam um Prof. Dr. med. Torsten Tonn, Medizinischer Geschäftsführer des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost und Lehrstuhlinhaber für Transfusionsmedizin an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, und Dr. Romy Kronstein-Wiedemann vom Institut für Transfusionsmedizin Dresden des DRK Blutspendedienstes, gelang erstmals der Nachweis, dass intensivmedizinisch behandelte COVID-19-Patienten Veränderungen in der Expression von Schlüsselenzymen, die am Eisen- und Hämoglobinstoffwechsel beteiligt sind, aufweisen.
Die Untersuchung wurde in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik (Dr. Sofia Traikov), des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie des Dresdner Universitätsklinikums (Dr. Marlena Stadtmüller) sowie in Kooperation mit der Heliosklinik Aue (Oberärztin Mandy Georgi) geführt.
Foto DRK-Blutspendedienst Nord-Ost: (von links nach rechts) Dr. Marlena Stadtmüller, Dr. Sofia Traikov, Dr. Romy Kronstein-Wiedemann, Prof. Dr. Torsten Tonn)
Hintergrund Erythrozyten transportieren frischen Sauerstoff von den Lungen in die Muskeln und Organe des Körpers. Hierzu verfügen Erythrozyten über ein Eisen Molekül (Hämoglobin), welches in der Lage ist, Sauerstoff in der Lunge zu binden und im Gewebe freizusetzen.
Im aktuellen Forschungsprojekt beobachteten die WissenschaftlerInnen bei Covid-19-Patienten Veränderungen die zu erhöhten Konzentrationen von Kohlendioxid- und auch Kohlenmonoxid-gebundenem Hämoglobin führten, was die Entstehung einer schweren Hypoxie bei COVID-19 begünstigt.
Ihre Beobachtungen liefern zudem weitere Beweise dafür, dass Vorläuferzellen der Erythrozyten direkt von SARS-CoV-2 infiziert werden. Obwohl das Virus nicht in der Lage ist, sich in den Vorläuferzellen zu vermehren, führt allein die Infektion dazu, dass die Hämoglobinbildung bereits während der Reifung der roten Blutkörperchen negativ beeinflusst wird.
Eine weitere wichtige Erkenntnis des Forschungsprojektes bestätigt, dass es weiterhin keinerlei Hinweis gibt, dass Corona durch Blut oder Blutspenden übertragen werden könnte.
„Diese neuen Erkenntnisse zur Wirkung von Corona auf den Eisenstoffwechsel haben eine große klinische Bedeutung und könnten helfen, neue Therapien für schwer an COVID erkrankte Patienten und Patienten mit Spätfolgen (Long-COVID) zu entwickeln“, sagt Prof. Torsten Tonn. Neben der bereits praktizierten Sauerstofftherapie könnten künftig auch Therapien zur Verbesserung der Eisenverfügbarkeit und möglicherweise auch Transfusionen von Erythrozyten gesunder Spender therapeutisch sinnvoll sein. Letzteres müssten aber klinische Studien erst noch zeigen, erläutert Tonn.
SARS-CoV-2 ist in der Lage, eine Vielzahl von Zelltypen zu infizieren. Ausschlaggebend dafür ist, ob die Zellen über den Rezeptor ACE2 verfügen, über den SARS-CoV-2 an die Zelle andockt. Versuche zur Virusreplikation werden im BSL3 Labor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie von Dr. Marlena Stadtmüller durchgeführt. Vorläuferzellen der Erythrozyten haben ACE2, weshalb die Zellen infiziert werden können. Warum das Virus sich in diesen Zellen nicht vermehren kann, ist eine Frage, der die Forscher weiter nachgehen wollen.
Link zur Veröffentlichung zum Forschungsprojekt bei SPRINGER NATURE https://link.springer.com/article/10.1007/s12015-021-10322-8
Universitätsklinikum Dresden
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 26 Kliniken und Polikliniken, sechs Institute und 17 interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten.
Mit 1.410 Betten und 201 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist es eines der größten Krankenhäuser Sachsens und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Das Einzugsgebiet reicht von Görlitz bis Glauchau, von Bad Brambach bis Hoyerswerda.
Rund 1.000 Ärzte decken im Universitätsklinikum Dresden das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 2.000 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patienten. Neben seiner zentralen Bestimmung, der Krankenversorgung, erfüllt das Universitätsklinikum Dresden auch Aufgaben der Aus-, Fort- und Weiterbildung des medizinischen Personals sowie im öffentlichen Gesundheitswesen.
Weitere Informationen unter www.uniklinikum.de Facebook und Instagram: ukdresden;
Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik
Das Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) ist eines von über 80 Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, einer unabhängigen gemeinnützigen Organisation in Deutschland. 600 Menschen aus 50 Ländern aus den verschiedensten Disziplinen arbeiten am MPI-CBG und lassen sich von ihrem Forscherdrang antreiben, um die Frage zu klären: Wie organisieren sich Zellen zu Geweben?
Die Forschung des MPI-CBG deckt dabei eine möglichst weite Spanne an verschiedenen Komplexitätsstufen ab: auf der Stufe von molekularen Netzwerken, von Zellorganellen, von Zellen, von Gewebe, Organen oder auch auf mit Blick auf ganze Organismen. Das MPI-CBG bietet für diese Forschungsarbeit eine Vielzahl an Serviceeinheiten und macht so hochspezialisierte Technologien unter professioneller Anleitung zugänglich. www.mpi-cbg.de
DRK-Butspendedienst Nord-Ost
Die DRK-Blutspendedienst Nord-Ost gemeinnützige GmbH ist eine Tochtergesellschaft des DRK-Blutspendedienstes Baden-Württemberg – Hessen und damit Teil des größten Verbundes von DRK-Blutspendediensten in Deutschland. Sie stellt in einem Einzugsgebiet mit über 14,5 Millionen Einwohnern die dauerhafte und nachhaltige Patientenversorgung mit Blutpräparaten zu mehr als 75% sicher.
In der Gesamtregion, die die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Sachsen umfasst, sorgen knapp 1.000 hochqualifizierte und hervorragend ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in acht Instituten für Transfusionsmedizin und sechs Blutspendezentren dafür, dass stets genügend Präparate zur Verfügung stehen. Auch auf dem Gebiet der Forschung ist der DRK-Blutspendedienst aktiv. Bundesweit sind sechs DRK-Blutspendedienste in der Versorgung der Bevölkerung mit Blutpräparaten auf gemeinnütziger Basis tätig.
Alle Informationen zur DRK-Blutspende unter www.blutspende.de. Weitere Auskünfte erteilt die kostenlose Hotline unter 0800 11 949 11.
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