Mit Beschluss vom gestrigen Tage hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag des Naturschutzbund Deutschland (NABU) – Landesverband Sachsen e.V. gegen die auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz in Leipzig geplanten Baumfällarbeiten weitgehend abgelehnt (1 L 825/21).
Mit einem Bescheid vom 19.11.2020 erlaubte die Stadt Leipzig dem Leibniz-Institut für Länderkunde im Zusammenhang mit der Verwirklichung ihres Bauvorhabens am Leuschnerplatz die Beseitigung von insgesamt 48 Gehölzen auf dem Baugrundstück unter Anordnung genauer beschriebener Ersatzpflanzungen. Ein Baum wurde aufgrund seiner Biotopeigenschaft aus der Genehmigung herausgenommen.
Am 20.1.2021 wurde mit den erlaubten Rodungsmaßnahmen begonnen. Auf den Widerspruch des NABU hin kam es zu einem vorläufigen Stopp der Rodungsarbeiten, elf der betroffenen Gehölze waren zu diesem Zeitpunkt bereits entfernt worden. Das Amt für Umweltschutz der Stadt gab dem Leibniz-Institut nachfolgend die Durchführung von artenschutzfachlichen Untersuchungen sowie die Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen während der Gehölzfällungen auf.
Das Ergebnis der Begutachtung sollte der unteren Naturschutzbehörde spätestens sieben Tage vor Fortsetzung der Fällarbeiten schriftlich mitgeteilt werden. Am 7.12.2021 ordnete die Stadt die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 19.11.2020 an, um eine Erledigung der Fällarbeiten bis Ende Februar 2022 zu ermöglichen. Anderenfalls drohten wegen des Beginns der Vegetationsperiode erhebliche Verzögerungen beim Baugeschehen.
Hiergegen hat sich der NABU mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gewandt. Bei dem vorhandenen Gehölzbestand handele es sich um naturschutzrechtlich geschützte Lebensstätten verschiedener Vogelarten wie Blau- und Kohlmeise, Haussperling, Hausrotschwanz, Kleiber, Mönchsgrasmücke und Rabenkrähe. Die zugelassene Beseitigung sämtlicher Bäume und Gehölze verstoße gegen das artenschutzrechtliche Zugriffsverbot.
Der Verlust der Lebensstätten lasse sich auch nicht durch Ausgleichsmaßnahmen kompensieren. Denn geeigneter Ausgleichslebensraum stehe in der Stadt wegen der zunehmenden Versiegelung nicht mehr zur Verfügung. Die Notwendigkeit der Fällarbeiten lasse sich zudem nicht abschließend einschätzen, da bislang noch kein wirksamer Bebauungsplan für die Fläche existiere. Im Rahmen seiner Schaffung seien die sich stellenden naturschutzrechtlichen Probleme erst umfassend abzuarbeiten.
Nachdem ein Erörterungstermin der für das Verfahren zuständigen Berichterstatterin mit den Beteiligten am 31.1.2022 erfolglos geblieben war, lehnte die 1. Kammer des Gerichts mit Beschluss vom gestrigen Tage den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz weitgehend ab. Lediglich eine Winterlinde ist danach von den Fällarbeiten zu verschonen, da für sie als gesetzlich geschützter Biotopbaum eine eigene naturschutzrechtliche Entscheidung zu treffen sei.
Im Übrigen erscheine der erteilte Bescheid vom 19.11.2020 als rechtmäßig. Es bestehe das in der Baumschutzsatzung der Stadt vorausgesetzte öffentliche Interesse an der Erteilung der Fällgenehmigung. Zwischenzeitlich sei eine Teilbaugenehmigung für das Vorhaben des Leibniz-Institutes erteilt, in Kürze ergehe auch die Baugenehmigung. Das Leibnitz-Institut sei eine wissenschaftliche Einrichtung, an deren Ansiedlung der Freistaat Sachsen ein erhebliches Interesse habe.
Die Entfernung des Gehölzbestandes sei für die geplanten Arbeiten auch notwendig. Eine Nutzung von Ersatzflächen, etwa zur Unterbringung der Baustelleneinrichtung, des Bodenaushubs oder von Baumaterial, auf dem Leuschnerplatz oder angrenzenden Straßenflächen scheide nach eingehender Prüfung aus. Die Beseitigung der Bäume erweise sich auch nicht etwa deswegen als entbehrlich, weil für das Vorhaben ohnehin kein Baurecht geschaffen werden könnte.
Nach den vorliegenden Erkenntnissen bleibe vielmehr davon auszugehen, dass das geplante Gebäude ohne Verstoß gegen das Bauplanungsrecht genehmigt und errichtet werden könne. Ausweislich der am 13.1.2022 vorgelegten Begutachtung eines Büros für Stadt- und Landschaftsökologie handelt es sich bei den noch zu fällenden Bäumen, mit Ausnahme einer Winterlinde, nicht um Höhlenbäume, die einen besonderen Schutz als Biotopbäume genießen würden.
Dass für die auf dem Leuschnerplatz vorkommenden Vogelarten durch die konkrete Baumaßnahme alle als Standort von Nestern geeigneten Brutplätze verloren gingen, sei angesichts der im näheren Umfeld des Baugrundstücks bestehenden Ausweichmöglichkeiten wie auch der öffentlichen Grünflächen der Umgebung (z. B. Johanna-Park) nicht anzunehmen. Maßnahmen zugunsten der Vogelwelt seien zudem auch Bestandteil der Teilbaugenehmigung vom 10.1.2022.
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht eröffnet, die innerhalb von zwei Wochen zu erheben ist.
Keine Kommentare bisher