Der pflanzliche Wirkstoff Anemonin könnte neue Ansätze zur Behandlung von Malaria liefern. Forschende aus Äthiopien und Deutschland fanden ihn in einem Hahnenfußgewächs, das in einigen afrikanischen Ländern traditionell als Heilpflanze bei Malaria gebraucht wird.
Extrakte der Pflanze linderten die Symptome von infizierten Mäusen deutlich, wie das Team der Arba Minch University (AMU), der Addis Ababa University (AAU) und der Martin-Luther-Universität Halle–Wittenberg (MLU) im Fachjournal „Molecules“ berichtet.
Ein Tee aus den Blättern des Hahnenfußgewächses Ranunculus multifidus wird in manchen Teilen Afrikas für die Behandlung von Malaria eingesetzt. „Es war bisher weder bekannt, welche Inhaltsstoffe die Pflanze besitzt, noch welche davon möglicherweise heilend wirken“, sagt Prof. Dr. Kaleab Asres von der AAU, der um die Verwendung der Pflanze wusste und die Studie initiierte.
Die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten stellten Extrakte der Pflanzenblätter her und testeten deren Wirksamkeit an Mäusen: „Wir infizierten die Tiere mit dem Parasiten Plasmodium berghei, der bei Mäusen und anderen kleinen Nagern Malaria bewirkt. Beim Menschen wird Malaria durch verwandte Plasmodienarten ausgelöst“, so Betelhem Sirak von der AMU. Ein Teil der Mäuse erhielt Chloroquin, ein etabliertes und gut wirksames Medikament bei Malaria. Anderen wurde der Pflanzenextrakt in unterschiedlichen Dosierungen verabreicht. Die Experimente fanden im Einklang mit international anerkannten Richtlinien zur Haltung und Pflege von Labortieren statt.
Die Ergebnisse waren vielversprechend: „Die Extrakte wirkten zwar nicht so gut wie Chloroquin, beeinflussten den Krankheitsverlauf dennoch deutlich positiv. Zum Beispiel verloren die Mäuse erheblich weniger Gewicht und auch ihre Körpertemperatur war stabiler als ohne Behandlung“, sagt Prof. Dr. Peter Imming von der MLU.
In den Pflanzenextrakten fanden die Forschenden den Wirkstoff Anemonin: „Der ist als solcher in Ranunculus multifidus nicht enthalten. Anemonin entsteht erst, wenn die Pflanze zerkleinert wird und das Innere ihrer Zellen mit Luft in Kontakt kommt“, so Imming weiter. Vermutlich wirkten deshalb auch jene Extrakte am besten, die so zubereitet wurden.
Das Team vermutet, dass Anemonin ähnlich wie Chloroquin den Stoffwechsel der Parasiten beeinträchtigt, wahrscheinlich aber an einer anderen Stelle angreift. Das wäre eine gute Nachricht, denn: In Gebieten Ost- wie Westafrikas haben Plasmodien Resistenzen gegen Chloroquin entwickelt. „Anemonin könnte das Potenzial haben, diese Resistenzen zu umgehen“, so Imming. Hierfür sind jedoch noch zahlreiche weitere Untersuchungen nötig, um den genauen Wirkmechanismus zu entschlüsseln und die Wirksamkeit zu steigern. Verlaufen solche Tests erfolgreich, folgen mehrjährige klinische Studien, um die Wirksamkeit an Patienten zu bestätigen.
Ob Ranunculus multifidus auch bei anderen Krankheiten helfen kann, gegen die sie traditionell eingesetzt wird, untersuchten die Forschenden an Erregern im Reagenzglas. Sie testeten Anemonin an tuberkuloseähnlichen Bakterien, stellten jedoch keine Wirksamkeit fest. Ein Ergebnis, das die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten freut, wie Imming erklärt: „Ein Stoff, der alle Arten von Zellen angreift, würde auch menschliche Körperzellen angreifen – und wäre damit ein Gift.“
Die Wirksamkeit von Anemonin auf die weitverbreiteten Parasitenarten Leishmanien und Schistosomaden untersuchten die Forschenden in einer weiteren Studie, die kürzlich ebenfalls in „Molecules“ veröffentlicht wurde. Erste Labortests waren auch hier vielversprechend.
Die Studien wurden durch die School of Graduate Studies der AAU, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und vom Bundesministerium für Forschung und Bildung im Rahmen der Projekte PhytoWoodSynergies und Trisustain gefördert.
Studien: Sirak B. et al., In Vivo Antimalarial Activity of Leaf Extracts and a Major Compound Isolated from Ranunculus multifidus Forsk. Molecules (2021). doi.org/10.3390/molecules26206179
Sirak B. et al., In Vitro Antileishmanial and Antischistosomal Activities of Anemonin Isolated from the Fresh Leaves of Ranunculus multifidus Forsk. Molecules (2021). doi.org/10.3390/molecules26247473
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