Nach knapp achtstündiger Verhandlung per Videoschaltung wurde in den Abendstunden des 30. November der Tarifkonflikt in der sächsischen Holz- und Kunststoffindustrie in der dritten Runde beendet. Die IG Metall und der Verband der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie Sachsen e.V. (VHKS) einigten sich am Dienstagabend auf Einkommenserhöhungen in der Holzindustrie ab Mai 2022 in zwei Schritten um 5,5 Prozent, die Einkommen der Schreibgerätehersteller steigen um 7,2 Prozent.
Vorausgegangen waren zwei zähe Verhandlungen ohne jegliche Annäherung oder Angebot. Die in Westdeutschland sitzenden Unternehmensleitungen hatten massiv jeglichen Fortschritt mit den sächsischen Unternehmensvertretern blockiert. Die Beschäftigten hatten am Vortag der dritten Verhandlungsrunde in den Betrieben ihre Streikbereitschaft gegen die Blockade der Arbeitgeber bekundet und eine Bewegung der Arbeitgeber eingefordert. Bundesweit wurden in fast allen Tarifgebieten bereits Tariferhöhungen von 4,9 Prozent abgeschlossen.
„Die Arbeitgeber haben die Entschlossenheit der Beschäftigten zunächst ignoriert und dann völlig unterschätzt. Die Kolleginnen und Kollegen haben sich es nicht mehr gefallen lassen, fremdbestimmt aus dem Westen von der gemeinsamen tariflichen Branchenentwicklung abgehängt zu werden. Zum ersten Mal seit vielen Jahren haben wir geschlossen Druck gemacht, um ein weiteres Abkoppeln der Einkommen zu verhindern. Wir haben jetzt einen Wendepunkt eingeleitet und unsere Streikbereitschaft demonstriert, damit die Zeiten von Billiglöhnen in Sachsen enden“, sagte Bodo Grzonka, IG Metall-Verhandlungsführer.
„Das Gesamtergebnis ist angesichts der aktuellen Lage akzeptabel. Allerdings hätten wir uns noch einen deutlicheren Schritt zur Angleichung an die Einkommen der übrigen Branche gewünscht. Erfreulich ist die überproportionale Anhebung der Vergütung für die Auszubildenden, denn die nunmehr rund 1000 Euro im Monat im dritten Ausbildungsjahr schaffen eine gute Perspektive für den Nachwuchs in der Branche, die seit langem nach Fachkräften sucht“, so Bodo Grzonka weiter.
Die Ausbildungsvergütungen steigen für die nächsten zwei Jahre zwischen 7,5 und 11 Prozent beziehungsweise 60 bis 100 Euro pro Monat – je nach Ausbildungsjahr.
Ein weiterer Baustein des Ergebnisses ist die Zahlung einer Coronaprämie in Höhe von 595 Euro netto. Auszubildende erhalten 250 Euro. Das Ergebnis umfasst auch die Verdopplung eines betrieblichen Demografiefonds auf künftig 600 Euro pro Beschäftigtem im Jahr. Dieser Fond dient der weiteren Gestaltung alternsgerechter Arbeit oder dem Abfedern von Einbußen bei Altersteilzeit oder zusätzlichen Erholungsschichten.
Im Detail steigen die Einkommen ab 1. Mai 2022 in der Holz- und Kunststoffindustrie Sachsens um 3 Prozent und in der Schreibwarenindustrie um 3,8 Prozent. Eine weitere Erhöhung folgt zum 1. April 2023 – in der Holzindustrie um weitere 2,45 Prozent und in der Schreibgeräteindustrie um weitere 3,23 Prozent. Mit der zweiten Erhöhungsstufe gibt es künftig eine einheitliche und gemeinsame Einkommenstabelle für die bislang unterschiedlichen Bereiche der Holz- und Kunststoff- sowie Schreibgeräteindustrie in Sachsen.
Das sogenannte Facharbeitereckeinkommen beträgt ab 1. Mai 2022 dann 2.485 Euro (Schreibgeräte 2.376 Euro) und ab dem 1. April 2023 für alle 2.546 Euro im Monat.
In der Holz- und Kunststoff- sowie Schreibwarenindustrie in Sachsen arbeiten rund 8000 Beschäftigte in unterschiedlichen Teilbranchen. Die Zahl der tarifgebundenen Beschäftigten beträgt rund ein Viertel. Die meisten Unternehmen orientieren sich am Flächentarifvertrag oder besitzen Haustarifverträge.
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