„Alles kommt vom Bergwerk her,“ sagt Sachsens Oberster Bergmann, Wirtschaftsminister Martin Dulig. „Das ist nicht Folklore, sondern zeigt, dass ein wichtiger Bestandteil unseres Wohlstands aus Rohstoffen kommt, die gefördert, erarbeitet und verarbeitet werden müssen. Industrie hat sich dort angesiedelt, wo Rohstoffe vorhanden waren und weiterverarbeitet werden können.“

„Das neue Berggeschrey bietet dem Freistaat Sachsen nun eine große Chance auf einen Vorsprung Ost,“ so Dulig in der Expertenrunde zum Schwerpunktthema „Bergbau in Sachsen“ im Gesprächsformat „Martin Dulig | Konkret“.

Gerade der enorme Rohstoffbedarf moderner elektronischer Endgeräte, aber auch die Mobilitätswende im Individualverkehr auf E-Mobilität bietet eine große Chance für den sächsischen Bergbau und die Bergbauindustrie. Moderne Smartphones und energieeffiziente Flachbildschirme, Photovoltaik und e-Autos – fast alle Zukunftstechnologien sind auf seltene Metalle angewiesen. Der weltweite Rohstoffbedarf nimmt also zu.

Gleichzeitig sind die natürlichen Ressourcen begrenzt. Die Rohstoffproduktion ist in vielen Bereichen stark auf Länder konzentriert, die politisch und wirtschaftlich instabil sind. Die Importabhängigkeit in Europa, Deutschland und Sachsen ist hoch. Das globale Wirtschaftswachstum erhöht die Rohstoffnachfrage und lässt die Preise steigen. Die Gestaltung von regionalen Rohstofflieferketten rückt immer weiter in den Mittelpunkt.

In der neuen Ausgabe des Gesprächsformats „Martin Dulig | Konkret: Bergbau in Sachsen – Abschied vom großen Berggeschrey oder Zukunftsmusik?“ wirft Sachsens Wirtschaftsminister und Oberster Bergmann einen detaillierten Blick auf die Bergbautradition, aber auch auf die Zukunftsaussichten des Bergbaus in Sachsen.

Hat Sachsen ein Rohstoffproblem? Wenn ja, wie sieht die Lösung aus? Wie kann der heimische Bergbau modern und nachhaltig gestaltet werden? Wie kann das Recycling auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft vom Design über die Nutzung bis zur Entsorgung gestärkt werden? Kann die Entwicklung verantwortungsvoller Rohstofflieferketten gefördert werden, damit Menschen, Wirtschaft und Umwelt vom Bergbau profitieren?

Diese Fragen diskutiert Martin Dulig in der 9. Ausgabe von „Martin Dulig | Konkret“ mit Prof. Dr. Bernhard Cramer, Oberberghauptmann, Sächsisches Oberbergamt, Uwe Kaettniß, Mitglied BUND Sachsen e.V. / Ortsgruppe Schwarzenberg, Dr. Thomas Bünger, Geschäftsführer Saxore Bergbau GmbH und Dr. Wolfgang Reimer, Mineraloge, Geschäftsführer GKZ Freiberg e.V..

Die Ausgabe finden Sie hier zur Ansicht. https://youtu.be/9PGvLaQhk7c

Bergbau in Sachsen: Zwischen Tradition und moderne

Vor über 30 Jahren brach mit der Friedlichen Revolution der Bergbau im Freistaat Sachsen massiv ein. Bis zu diesem Zeitpunkt war die DDR mit über 300 Millionen abgebauten Tonnen Braunkohle der weltgrößte Produzent von Rohbraunkohle. Beim Abbau von Uran lag die DDR weltweit auf dem dritten Platz. Zu diesem Zeitpunkt war der Steinkohle-, Erz- und Spatbergbau bereits weitgehend eingestellt worden – er war nicht mehr rentabel. Das Bergbauland Sachsen, wo im Jahr 1168 mit dem ersten Silberfund in Freiberg das 1. Berggeschrey begann, schien Geschichte.

Heute ist Sachsen wieder Bergbauland. „Sachsen bietet abgesehen von Erdöl und Gas eigentlich alles an Bodenschätzen, was weltweit gefragt ist“, so Martin Dulig. „Vor allem das Erzgebirge ist von der Dichte und seiner Vielfalt der Lagerstätten einmalig in Europa. Neue, umweltfreundliche Technologien lassen uns nun Lagerstätten erkunden und abbauen, welche bislang unerreichbar schienen. Nach über 850 Jahren Bergbau im Erzgebirge haben wir – bildlich gesprochen – gerade erst einmal an der Oberfläche gekratzt.“

Der Aufsicht des Oberbergamtes unterstehen aktuell 419 Bergwerksbetriebe – von denen 212 in ganz Sachsen rund 35 Millionen Tonnen Rohstoffe (ohne Kohle) produzieren. Dies sind Unternehmen, welche Felsgesteine, Kiese und Kiessand, Kalkstein, Kaolin, Ton, Lehm, Quarzsand, Flußspat und Schwerspat abbauen. Aber auch Unternehmen, die Erdwärme nutzen, unterstehen der Aufsicht des OBA. Ebenso Braunkohleunternehmen: Rund 28 Millionen Tonnen Braunkohle wurden im Jahr 2020 für die Energiegewinnung abgebaut. Betroffen vom oberflächlichen Bergbau sind im Freistaat nur 0,4 Prozent der Fläche.

Seit 2006 geht es mit dem Bergbau im Freistaat wieder steil aufwärts: Ein regelrechtes Berggeschrey setzte erneut ein, da sich die Preise für Metalle auf dem Weltmarkt nach oben bewegten. Seitdem gibt es fortlaufend zwischen 10 bis 20 aktive Erkundungsprojekte pro Jahr – aktuell sind es 18 Erlaubnisse zur Aufsuchung von Rohstofflagerstätten.

Fünf Bewilligungen zum Abbau von Rohstoffen wurden erteilt: In Zinnwald soll Lithium abgebaut werden – dort befindet sich auf sächsischem und böhmischem Gebiet eine große Lithium-Lagerstätte in Europa, deren Erschließung bereits vergleichsweise zu anderen Vorkommen in der EU weit vorangeschritten ist. In Pöhla und im Feld Rittersgrün wurden jeweils Bewilligungen für den Abbau von Zinn, Wolfram und Indium erteilt. In der Region Weißwasser besteht eine Bewilligung für den Bergbau auf Kupfer und andere Erze. In Niederschlag wird bereits Flussspat gewonnen.

Martin Dulig: „Vom Bergbau in Sachsen gingen immer wieder technische, wissenschaftliche, rechtliche und organisatorische Innovationen aus, die weit über die heutigen Landesgrenzen hinaus die Entwicklung des Bergwesens prägten. Die Rohstoffe, welche in Sachsen gewonnen werden, sind in verschiedenen Alltagsprodukten zu finden, welche wir nutzen. Rohstoffe sind die unverzichtbare Basis für alles, was uns heute so selbstverständlich ist und umgibt. Der Bergbau trägt zu unserem heutigen Wohlstand bei und ist eine wichtige Grundlage für unsere heimische Wirtschaft.“

Sachsen schreibt seine Rohstoffstrategie fort

Die beabsichtigte Klimaneutralität bis 2045 erfordert immense Anstrengungen an die Gesellschaft und die Wirtschaft. Sachsen wird sich dieser Herausforderung stellen – doch ohne Rohstoffe kann dieser Umbau nicht gelingen. Gerade im Freistaat lagert eine Vielzahl von sogenannten „Kritischen Rohstoffen“, die einen äußerst wichtigen Beitrag für das Erreichen der Klimaziele leisten könnten, etwa Lithium für die Batterien in Elektrofahrzeugen.

Welche Rahmenbedingungen hierfür erforderlich sind und welche Fragen potenzielle Unternehmer auf dem Weg von der Planung hin zur Produktion zu klären haben – dies war auch Gegenstand eines Fachforums, zu welchem die Sächsische Staatskanzlei geladen hatte. Der Freistaat Sachsen wird deshalb die Fortschreibung der sächsischen Rohstoffstrategie sowie die Durchführung einer entsprechenden Rohstoffkonferenz im Frühjahr 2022 in Angriff nehmen.

Die sächsische Rohstoffstrategie aus dem Jahr 2012 (aktualisiert 2017) befindet sich gegenwärtig in der Phase der Fortschreibung. Hintergrund dafür sind sowohl die Vereinbarungen des sächsischen Koalitionsvertrages als auch die geänderten europäischen und nationalen Rahmenbedingungen. Die 2020 von der Bundesregierung aktualisierte Rohstoffstrategie bietet auch für den heimischen Bergbau gute Anknüpfungspunkte. Dabei rücken die Ziele der CO2-Reduzierung und des hieraus resultierenden Umbaus von Gesellschaft und Wirtschaft in den Vordergrund.

Die für den Ausbau von E-Mobilität und Batteriespeichern benötigten Hochtechnologierohstoffe, welche die EU als Kritische Rohstoffe in einem EU-Aktionsplan aufnahm, lagern im Freistaat. Natürlich sind in diesem Zusammenhang auch Rohstoffeffizienz, Recycling und Rohstoffsubstitution und eine funktionierende, wirtschaftlich tragfähige Kreislaufwirtschaft unverzichtbar und zu integrieren aber in einem Kreislauf kann nur recycelt werden, was sich bereits im Kreislauf befindet.

„Sachsen hat eine lange Bergbautradition. Diese soll bewahrt und in ein neues Zeitalter geführt werden. Die sächsische Rohstoffstrategie wird dem neuen ,Berggeschrey‘ einen Rahmen geben“, betonte Wirtschaftsminister Martin Dulig und fügte hinzu: „Der Freistaat Sachsen kann einen wichtigen Beitrag leisten, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Indem Rohstoffe in Sachsen selbst gewonnen, weiterverarbeitet und genutzt werden, können wir zudem Abhängigkeiten von Drittstaaten vermeiden. Darüber hinaus erfolgt der Rohstoffabbau nach den hier gültigen sozialen und ökologischen Standards und es entstehen zusätzliche Arbeitsplätze in der Region.“

Hintergrund:

Oberbergamt in Freiberg

Mit dem Oberbergamt in Freiberg verfügt der Freistaat Sachsen über die letzte klassische Bergverwaltung in Deutschland. 85 Mitarbeiter arbeiten in der Behörde. Sie ist zuständig für die Erteilung von Bergbauberechtigungen, Erhebung von Feldes- und Förderabgaben, Zulassung von Betriebsplänen, Überwachung der betrieblichen Sicherheit, Umwelt-, Arbeits- und Gesundheitsschutz im Bergbau, Entlassung aus der Bergaufsicht, Bergbau-Hinterlassenschaften, Zulassung / Finanzierung des Sanierungsbergbaus, Gefahrenabwehr bei über 9.000 unterirdischen Hohlräumen, Halden und Restlöchern (als Polizeibehörde) und als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde für Seilbahnen im Freistaat.

Format: „Martin Dulig Konkret“

Seit März produziert das Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ein neues Wirtschafts- und Gesprächsformat mit dem Titel „Martin Dulig I Konkret“. Der Anspruch ist es, komplexe Wirtschaftsthemen und -zusammenhänge verständlich aufzubereiten und die Geschichte dahinter in einem visuellen Konzept zum Leben zu erwecken.

Das moderierte Format soll Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Politik Öffentlichkeit für deren Themen und Handlungsfelder schaffen und gleichzeitig zu einer größtmöglichen Transparenz und offenen Diskussion von Problemen und Handlungsoptionen beitragen

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