Die von Abschiebung nach Vietnam bedrohte und zwischenzeitlich untergetauchte Familie P. hat sich wenige Tage vor Weihnachten aus eigenem Antrieb bei der Kriminalpolizei gemeldet. Im Anschluss daran ist sie am 16. Dezember 2021 bei der Chemnitzer Ausländerbehörde vorstellig geworden.
Dort hat sie um Ausstellung einer Duldung ersucht, welche ihr verweigert wurde. Die Familie wurde weggeschickt, ohne dass ihr eine irgendwie geartete Bescheinigung ausgestellt wurde. Vater P., Mutter N. und ihre gemeinsame Tochter E. (geboren 2017) wurden in die Illegalität entlassen, obwohl sie sich freiwillig bei den Behörden gemeldet hatten. Das berichtet der Seelsorger der Familie, Stefan Taeubner.
Außerdem berichtet er, dass ihm bei einem Telefonat von der Polizei vorgeworfen wurde, er habe kein Recht, sich für die Familie einzusetzen. Stefan Taeubner: „Dabei habe ich alles dafür getan, dass die in Deutschland gut integrierte Familie aus der Illegalität zurück in die Legalität findet. Ohne Wohnung und ohne Arbeit keine Papiere – und ohne Papiere keine Wohnung und keine Arbeit. Dieses Spielchen ist inhuman und für die Betroffenen grausam.“
Frank Richter, MdL: „Ich kann das Verhalten der Behörde weder verstehen noch akzeptieren. Ich sehe ein weiteres Beispiel für die Familien- und kinderfeindliche sächsische Asyl- und Abschiebepolitik. Gutwillige, integrierte und arbeitsame Menschen werden abgeschoben, die Traumatisierung von Kindern wird billigend in Kauf genommen, während sich zugleich viele andere der Ausreise entziehen. Das ist unmenschlich, ungerecht und auch in ökonomischer Hinsicht unvernünftig. Ich fordere ein Umdenken und erwarte eine grundsätzlich andere Sicht auf die unter uns lebenden ausländischen Mitmenschen.“
Zum Hintergrund:
Herr P. geb. 1957 in Vietnam, kam 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR. Er schaffte den Umbruch 1990, absolvierte verschiedene berufliche Fortbildungen und lebte über 30 Jahre regulär in Deutschland. Er ist heute 65 Jahre alt. Er hatte bis Ende 2018 eine Niederlassungserlaubnis, Arbeit und Wohnung in Chemnitz.
Frau N. geb. 1976, reiste im Dezember 2016 legal nach Deutschland, um Herrn P. zu heiraten. Ihre gemeinsame Tochter E. wurde 2017 in Chemnitz geboren. Die Familie lebte gemeinsam in einer Wohnung und war angemeldet in Chemnitz.
Herr P. hatte Arbeit und konnte seine Familie aus eigenen Kräften ernähren. Im März 2017 stellte er für seine Tochter den Antrag auf einen deutschen Reisepass. Dieser wurde ihm verwehrt.
Es war festgestellt worden, dass sich Herr P. im Jahr 2016 ohne Genehmigung der Ausländerbehörde länger als 6 Monate in Vietnam aufgehalten hatte. Er war damals krank und zur Behandlung in Hanoi. Er litt an einer langwierigen Kriegsverletzung. Er hatte sich zwar bei der Deutschen Botschaft gemeldet, dieses aber nicht schriftlich dokumentiert.
Diese Ordnungswidrigkeit führte in Folge zum plötzlichen und völligen Verlust jeder Aufenthaltsgrundlage für die gesamte Familie. Anstatt in Zukunft gut integriert, mit deutscher Tochter, und finanziell selbständig in Chemnitz leben und arbeiten zu können, wurden die drei Menschen nun zu Statuslosen.
Ein Antrag der Familie als Härtefall wurde im März 2019 von der Härtefallkommission abgelehnt.
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