Die Covid-19-Pandemie stellt unser Leben auf den Kopf und verändert radikal unsere alltägliche Lebenswelt. Vier Kulturwissenschaftler/-innen der Universität Leipzig haben vom Hype um Verschwörungstheorien über die Situation älterer Menschen in der Corona-Krise bis hin zum veränderten Alltag Wohnungsloser verschiedenste Aspekte dieser pandemischen Auswirkungen zusammengefasst und sie in einem gerade erschienenen Buch publiziert.
Die Herausgeber/-innen verbinden darin theoretische Reflexionen und empirische Studien zum ersten Jahr der Corona-Pandemie. Das Buch versammelt Beiträge aus dem gesamten Spektrum der Kultur- und Sozialwissenschaften, um die Corona-Krise zu deuten.
Was bedeutet Helfen in Zeiten des Abstands? Was ist in der Stadt zu hören, wenn keine Autos fahren? Was genau gerät eigentlich durch die Pandemie in die Krise? Was wird einmal davon in Erinnerung bleiben? Auch mit diesen und anderen Fragen setzten sich die Autor/-innen des neu erschienen Bandes „Covid-19: Sinn in der Krise. Kulturwissenschaftliche Analysen der Corona-Pandemie“ auseinander.
In einem der Beiträge des Bandes ist beispielsweise von einer fundamentalen Veränderung in der Bewertung von Alter und Altern durch die Corona-Krise die Rede. Während bisher die Idee des „erfolgreichen Alterns“ den öffentlichen Diskurs um ein gelungenes drittes Lebensalter bestimmt habe, gehe es in der Pandemie vor allem um das physische Überleben.
Ein anderer Beitrag befasst sich mit der Frage, wie sich das Verhältnis von Routine und Krise für wohnungslose Menschen, deren Leben ohnehin meist von Krisen beherrscht wird, in der Pandemie verändert. Die Autor:innen stellen fest, dass auch hier Versorgungsstrukturen zusammenbrechen und gleichzeitig neue Handlungspotenziale entstehen.
Ein weiterer thematischer Schwerpunkt des Bandes liegt auf den veränderten sozialen Kontakten. Die Autor/-innen stellen die These auf, dass sich eine neue Normalität des Distanziertseins etabliert, die mit der Genese der digitalen Gesellschaft bereits angedeutet wurde. Selbstverständlichkeiten körperlicher Interaktion würden während der Coronakrise vor allem durch eine erzwungene Beschränkung auf das Häusliche fundamental infrage gestellt.
In dem Band sind Beiträge aus Anthropologie, Ethnografie, Geschichtswissenschaften, Philosophie, Soziologie und der Museumspraxis zu finden.
„In der Zusammenschau aller Beiträge fällt auf, wie mindestens implizit immer die Frage mit verhandelt wird, ob und inwiefern mit der Corona-Pandemie eine neue Zeit beginnt. Heute – zum Ende des zweiten Jahres der Pandemie – wird umso deutlicher, was sich für die Autor:innen bereits angedeutet hat: Für sehr viele gesellschaftliche Bereiche markiert diese Pandemie eine Zäsur“, sagt Dr. Silke Gülker vom Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig.
„Doch lernen wir in der Analyse dieser Umbrüche auch etwas über Alltagsstrategien und Strukturen, die Bestand haben oder über alte Konfliktlinien, die sich lediglich zuspitzen oder überhaupt erst sichtbar werden“, betont ihre Institutskollegin Dr. Uta Karstein, die das Buch gemeinsam mit Jan Beuerbach, Dr. Silke Gülker und Dr. Ringo Rösener herausgegeben hat. Es ist im Verlag de Gruyter erschienen.
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