Die wertvollen Ledertapeten in elf Räumen des Schlosses Moritzburg können trotz Klimastress für die Nachwelt erhalten werden. Das ist eines der Ergebnisse eines Forschungsprojektes, bei dem Wissenschaftler die Auswirkungen des Klimawandels an vier Kulturdenkmalen in Sachsen untersucht haben.
Während bisher hohe Luftfeuchtigkeit eine Bedrohung für Kunstgegenstände in Innenräumen darstellte, setzen ihnen heute vermehrt hohe Temperaturen und eine damit verbundene geringe Luftfeuchtigkeit zu. Ein bei den Forschungsarbeiten entwickeltes Lüftungskonzept soll nun jedoch helfen, Schäden zu vermeiden.
„Die Wandtapeten im Schloss Moritzburg sind ein wertvoller Schatz. Sie stellen den weltweit größten Bestand barocker Ledertapeten dar. Nur noch elf der ursprünglich 60 Räume im Schloss sind mit der originalen Wandausstattung erhalten“, so Staatssekretär Dr. Frank Pfeil. Er freut sich über die Forschungsergebnisse: „Es ist erstaunlich und sehr überzeugend, wie mit den gewonnenen Erkenntnissen optimale Lüftungskonzepte entstehen können, die ohne Aufwand für Klimaanlagen einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des Kulturerbes leisten, wie hier der wertvollen Ledertapeten. Sogar ohne hohe Kosten kann so viel erreicht werden.“
Im Rahmen des von der Deutschen Bundestiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungsprojektes „Schadensrisiko für Kulturgut aufgrund zu geringer relativer Luftfeuchte in Innenräumen von national wertvollen Kulturdenkmalen“ der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und des Institutes für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V. (IDK) wurden über einen Zeitraum von knapp zwei Jahren die klimatisch bedingten Veränderungen und die sich daraus resultierenden Auswirkungen auf Denkmale erfasst und ausgewertet.
Es handelt sich um das erste Projekt, das im Ergebnis Vorhersagen für Auswirkungen sehr trockener Zeiträume auf verschiedene Kunstschätze, darunter die Ledertapeten in Moritzburg, aber auch Altäre oder Wandmalereien, treffen kann. Bislang waren ausschließlich die Probleme eines zu feuchten Raumklimas erforscht worden, das durch Schimmelbefall zu Schäden führen kann.
Mit der Kamera konnten die Wissenschaftler der Bamberger Universität die Oberflächen der Kunstgegenstände zu unterschiedlichen Zeiten kartieren. Ein Vergleich der Kartierung mit der parallel erfolgten Raumtemperaturmessung im Zeitraffer zeigt, in welchen Momenten sich welche Teile des untersuchten Objektes bewegen. In Moritzburg konnte so die Bewegung der Tapete an beschädigten oder geflickten Stellen sichtbar gemacht werden. Auf der Grundlage der Messresultate lässt sich ein Lüftungskonzept erstellen, das – optimal eingesetzt – zu große Trockenheit in Räumen verhindert und so die Tapeten bewahren hilft.
Neben den Ledertapeten in Moritzburg waren bei dem Forschungsprojekt auch die Auswirkungen der Klimaänderungen auf den von Lucas Cranach dem Jüngeren im 16. Jahrhundert erschaffenen Altar und die Kanzel der Schlosskirche auf Schloss Augustusburg bei Chemnitz, auf Wandmalereien auf der Albrechtsburg Meißen sowie auf den Hochaltar der St.-Nikolai-Kirche in Döbeln untersucht worden.
Hintergrund Goldledertapeten:
Tapeten und andere Gegenstände aus Goldleder gehörten in Europa über mehr als zweieinhalb Jahrhunderte hinweg zu den kostbarsten und begehrtesten Ausstattungen für Innenräume. Den Höhepunkt erlebte es sowohl in seiner Verbreitung als auch in seiner technologischen Vervollkommnung im 17. und frühen 18. Jahrhundert.
In Sachsen ist die Verwendung am sächsischen Hofe bereits für das Jahr 1565 nachweisbar. Die als komplette Raumausstattungen in Moritzburg erhaltenen Goldlederwandbespannungen stammen aus dem Jahre 1727. August der Starke ließ die Wände zweier Säle mit monumentalen Gemälden auf Goldleder, 36 Räume des Hauptbaus mit ornamentalen Wandbespannungen vermutlich venezianischer Herkunft und 22 Turmräume mit geprägten flämischen Ledertapeten ausgestalten.
Nach der Mitte des 18. Jahrhunderts kam Goldleder allmählich aus der Mode und die jahrhundertealten Kenntnisse über seine Herstellung gerieten vollständig in Vergessenheit. Auch auf Schloss Moritzburg wurde ein Teil der Ledertapeten entfernt. In den 1930er Jahren veräußerten die Wettiner den größten Teil der verbliebenen Tapeten an das polnische Königsschloss, den Krakauer Wawel. Heute besitzt Schloss Moritzburg mit Ledertapeten in 13 Ausstellungs- sowie einigen Depot- und Büroräumen den weltweit größten Bestand an originalen barocken Ledertapeten.
Keine Kommentare bisher