Die Stiftung Friedliche Revolution hat am Samstag, 30. Oktober, in Leipzig den syrischen Filmemacher Rami Farah und die dänische Co-Regisseurin Signe Byrge Sørensen für ihren Dokumentarfilm „Our Memory Belongs to Us“ mit dem Filmpreis „Leipziger Ring“ ausgezeichnet.
Der 90-minütige Streifen zeigt drei syrische Aktivisten, die bei den friedlichen Protesten gegen das Assad-Regime vor zehn Jahren mit ihren Kameras die Brutalität dokumentiert haben, mit der der Diktator seine Kritiker verfolgen ließ. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert und wurde beim Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm vergeben.
In ihrer Begründung verweist die Jury darauf, dass mit dem Preis der Mut und das Engagement von Journalisten geehrt werden soll, die die friedlichen Anfänge der Revolution in Syrien in bewegenden Bildern festgehalten haben. Es seien ergreifende Bilder von Menschen, „die gewaltlos für ein Ende des Assad–Regimes auf den Straßen und vor den Moscheen des Landes demonstriert haben“.
Die Bilder bewegten auch darum, weil sie an die Friedliche Revolution von 1989 in der DDR und daran erinnerten, „was hätte passieren können, als am 9. Oktober 1989 in Leipzig und an vielen anderen Orten der DDR tausende Menschen auf die Straße gingen und sich dabei der Gefahr bewusst waren, dass geschossen werden könnte“. Im Unterschied zu Syrien sei diese Revolution friedlich geblieben, so die Jury, der in diesem Jahr Bettina Röder (Berlin), Guido Erbrich (Magdeburg) und Siegbert Schefke (Leipzig) angehörten.
Was auch in Syrien vor zehn Jahren hoffnungsvoll begann, sei durch die Brutalität des Assad–Regimes und seiner ausländischen Unterstützer gnadenlos vernichtet worden. Auch die Erinnerung daran versuche der Diktator auszulöschen. Umso wichtiger sei, dass sich mutige Kameraleute und andere Journalisten mit diesem Film unter Einsatz ihres Lebens dem Vergessen entgegenstellten und damit bei aller Aussichtslosigkeit ihres Tuns die Hoffnung wachhielten, „dass Veränderung möglich ist“, so die Jury. Trotz aller Ohnmacht zeige der Film eine Perspektive auf, „die weiterreicht als real erlebte Politik und Propaganda“, heißt es in der Begründung.
Der Filmpreis Leipziger Ring ist in diesem Jahr zum zehnten Mal vergeben worden. Die Stiftung würdigt mit ihm einen künstlerischen Dokumentarfilm, der bürgerschaftliches Engagement für Demokratie und Menschenrechte beispielhaft aufzeigt oder der unter großem persönlichem Einsatz und Mut des Filmemachers oder der Filmemacherin gegen Widerstände und Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit entstanden ist.
Der Preis will an die vielen Menschen erinnern, die 1989 in Leipzig und in zahlreichen anderen Orten der DDR friedlich für demokratische Verhältnisse demonstriert und dabei ihr Leben, ihre Gesundheit und ihre Freiheit aufs Spiel gesetzt haben. Sie haben damit gezeigt, dass gesellschaftliche Systeme mit Zivilcourage gewaltfrei veränderbar sind.
Nominierungen für den „Leipziger Ring“ 2021
Nasim von Ole Jacobs und Arne Büttner, Deutschland 2021, 120 min.
Der Film begleiten Nasim auf ihrer Reise nach Europa, während sie den wilden Olivenhain in Moria erreicht, das größte Flüchtlingslager der EU. Sie ist eine afghanische Frau in den Dreißigern, die bereits mit ihren beiden Söhnen, ihrem Mann und ihrer Großfamilie aus dem Iran geflohen ist. Jetzt fordert das Leben im Lager, insbesondere während der Pandemie, bald einen neuen physischen und psychischen Tribut von allen.
Los cuatro vientos von Anna-Sophia Richard, Deutschland 2021, 98 min.
Im Südwesten der Dominikanischen Republik liegt eine Region, die besonders von der Auswanderung der einheimischen Bevölkerung geprägt ist. Die Migrationsgeschichte von Fondo Negro begann in den 1980er Jahren. Die ersten, die gingen, waren die Frauen des Dorfes, aber inzwischen sind ihnen Männer und Kinder gefolgt. Die Auswirkungen sind erheblich: Ehen zerbrechen, Kinder wachsen ohne Mütter oder Väter auf, junge Menschen träumen von der großen Welt und kehren oft nach finanziellem Ruin zurück.
Lo que queda en el camino (What Remains on the Way) von Jakob Krese, Danilo Do Carmo, Germany, Brazil, Mexico 2021, 93 min.
Der Film erzählt die Geschichte von Lilian und ihren vier Kindern auf der Suche nach einem besseren Leben. Lilian wagt es, ihren gewalttätigen Ehemann in Guatemala zu verlassen und schließt sich der Migrantenkarawane an, um an die mexikanisch-amerikanische Grenze zu gelangen. Als alleinerziehende Mutter ist dies ihre einzige Chance auf den gefährlichen Weg durch Mexiko.
Our Memory Belongs to Us von Rami Farah, Signe Byrge Sørensen, Denmark, France, Palestinian Territories 2021, 90 min.
Fast zehn Jahre nach Beginn der syrischen Revolution treffen sich drei syrische Aktivisten – Yadan, Odai und Rani – auf einer Theaterbühne in Paris wieder. Durch lebensgroße Projektionen auf eine große Leinwand konfrontiert der syrische Regisseur Rami Farah die drei Männer mit teilweise eigenem Filmmaterial, das Ereignisse darstellt, die ihr Schicksal für immer verändert haben.
The Good Soldier (Le bon soldat) von Silvina Landsmann, Israel, France 2021, 88 min.
Der gute Soldat ist ein abendfüllender Dokumentarfilm über die Aktivitäten von Breaking the Silence, einer NGO, die von ehemaligen Soldaten der israelischen Armee gegründet wurde, die in den besetzten Gebieten dienten. Diese jungen Soldaten, von denen die meisten unter 30 Jahre alt sind, beschlossen, Zeugnis abzulegen und auszusagen, was sie während ihres Militärdienstes in den besetzten Gebieten getan und erlebt haben.
Words of Negroes (Paroles de nègres) von Sylvaine Dampierre, France 2020, 78 min.
Marie Galante, eine winzige Insel vor den Ufern von Guadeloupe, war zu Zeiten der Sklaverei ein außer Sichtweites Gefängnis, in dem Sklaven auf den Plantagen gnadenlos behandelt wurden. Heutzutage ist die Insel noch mit Zuckerrohr bedeckt und die ganze Insel hängt vom chaotischen Verlauf ihrer alten Zuckerfabrik ab: Grand Anse. Diese Kathedrale aus rostigem Eisen ist seit 30 Jahren geliehen. Sein alter gusseiserner Kessel ist außer Atem. Etwa 60 Männer arbeiten hier das ganze Jahr über und bemühen sich, es am Leben zu erhalten.
Fati’s Choice (Le choix de Fati) von Fatimah Dadzie, Ghana, South Africa 2021, 45 min.
Fati, die mit ihren Aussichten als irreguläre Migrantin unzufrieden war, kehrte aus Italien zurück, um sich um ihre fünf Kinder zu kümmern. Sie wird als zurückgekehrte Migrantin mit klatschenden Nachbarn und Freunden stigmatisiert, die sie als Versagerin darstellen. Fati geht voran, aber kann sie mit einer gescheiterten Ehe, der Verschleppung ihrer Kinder und großen finanziellen Engpässen fertig werden?
Keine Kommentare bisher