Luise Neuhaus-Wartenberg, Sprecherin der Linksfraktion für Bildungspolitik, erklärt zum Corona-Bericht der Staatsregierung: „Wir müssen jetzt im Zusammenhang mit der Pandemie vor allem über die Schulen sprechen. Denn die jungen und ganz jungen Leute sind die einzige große Gruppe, die sich nicht impfen lassen kann.“
„Die Staatsregierung hat dennoch anderthalb Jahre lang so gut wie nichts getan, um die Schulen sicherer zu machen. Bestes Beispiel sind die Luftfilter: Erst Ende Oktober soll es endlich eine Förderrichtlinie geben. Die Leute empfinden das als schlechten Scherz.
Es gab zwar Briefe an die Schulleitungen, in denen erklärt wird, dass keine Sonderzeichen für eine geschlechterneutrale Sprache mehr verwendet werden sollen, aber wie genau das mit den Testungen ablaufen soll, das wussten die Schulleitungen vorab eher nicht so. Aber alle sagen, die Schulen müssen offenbleiben. Das ist auch richtig, aber diese Art der Prioritätensetzung und Kommunikation ist untauglich.
Nach den Corona-Schuljahren wäre Normalität falsch. Ich traue mich, bestimmte Fragen offen auszusprechen: Ist der verpasste Lernstoff tatsächlich wichtig und muss er aufgeholt werden? Welche Lernenden-Gruppen sind besonders betroffen? Im Rückblick auf die letzten Monate hat sich die allgemeine Meinung durchgesetzt, dass der verpasste Stoff möglichst nachgeholt werden sollte. Dabei tritt in den Hintergrund, wie groß die Lernlücken bei welchen Kindern tatsächlich sind.
Eines ist klar: Die größten Lernlücken wird es bei denjenigen Kindern geben, deren Eltern wenig Geld haben. Und das sind viele. So wird auch der Effekt verstärkt, dass Bildungsarmut von Generation zu Generation weitergegeben wird. Das müssen wir durchbrechen, indem wir betroffene Kinder und Jugendliche zielgerichtet fördern und unterstützen.
Wir benötigen ein Schulsystem, das die Schülerinnen und Schüler für die Zukunft in 20 bis 50 Jahren vorbereitet. Da sehe ich fünf große Baustellen. Wir brauchen erstens mehr Zutrauen in die Entscheidungskompetenz der Lehrkräfte und zweitens mehr Freiraum für die Schulen. Letzteres gilt, drittens, für die umfassende Digitalisierung des Unterrichts.
Wir müssen viertens verhindern, dass Schülerinnen und Schüler in bestimmten Lebenssituationen abgehängt werden, weshalb das längere gemeinsame Lernen zur Regel werden sollte. Das Bildungssystem muss fünftens insgesamt flexibler werden und Lernstoffe so vorbereiten, präsentieren und vermitteln, dass sie auf verschiedenen Wegen erlernt werden können.“
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