Der Sächsische Landtag hat heute auch über die Ergebnisse der Großen Anfrage der Linksfraktion „Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten“ (Drucksache 7/5868) beraten. Dazu erklärt die für Innenpolitik zuständige Abgeordnete Kerstin Köditz: „Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) kommt zum Befund, dass Sachsen ,ein Kernland pressefeindlicher Angriffe war und ist.“
„Über den gesamten Erfassungszeitraum hinweg ist der Freistaat in Summe das Bundesland mit den meisten Angriffen.‘ Das muss Demokratinnen und Demokraten zu denken geben, denn jeder Angriff auf Medienschaffende ist ein Versuch, freie Berichterstattung zu unterbinden. Die Übergriffe ereignen sich vorwiegend im Umfeld von rechtspopulistischen oder rechtsextremen Versammlungen – von der Parole ,Lügenpresse‘ ist es eben nicht weit bis zum Übergriff. Ich kann nur hoffen, dass Innenminister Wöller inzwischen ausreichend problembewusst ist.
Seine Antwort auf unsere Anfrage legt das nicht unbedingt nahe. Denn in den Fällen, die das Innenministerium aufgeführt hat, taucht die verbotene Kundgebung von Infektionsschutzgegnern am 7. November 2020 in Leipzig nicht auf. An diesem Tag wurden nach Angaben der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union 38 Medienvertreter an ihrer Arbeit gehindert und teils massiv attackiert. Das ECPMF hat in dem Zusammenhang sieben einzelne Gewalttaten dokumentiert. Dieser Exzess scheint dem Innenministerium nicht bekannt zu sein.
Dazu passt die Einschätzung der Staatsregierung, es komme zwar bei größeren Versammlungslagen ,immer wieder auch zu Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten‘, daraus lasse sich jedoch ,gegenwärtig nicht die Bewertung ableiten, Medienschaffende seien im direkten Sachzusammenhang mit Versammlungen, die sich thematisch mit der Kritik an den staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen befassen, […] einer erhöhten Gefährdungslage‘ ausgesetzt.
Es ist gut, dass das Thema inzwischen eine verstärkte Rolle bei der Aus- und Weiterbildung der Polizei spielt, zudem bei der Einsatzvorbereitung und -durchführung. Noch 2018 zeigte der ,Hutbürger‘-Fall, welche Wissenslücken bei manchen Einsatzkräften bestehen, wenn es um die Rechte und um den Schutz von Medienschaffenden geht. Hier muss konsequent nachgebessert werden.
Insgesamt wurden 2016 bis 2020 sachsenweit 86 Fälle politisch motivierter Straftaten gegen Medien registriert, fast ein Drittel der Taten waren Gewaltdelikte. Gefunden oder gar bestraft werden die Täterinnen und Täter selten – bislang wurden lediglich zwölf Fälle, umgerechnet nicht einmal 14 Prozent, mit einem Urteil abgeschlossen. Die Mehrzahl der Verfahren wurde bereits eingestellt.“
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