In der Aktuellen Debatte der Linksfraktion zum Thema „„Blühende Landschaften“ 2.0. verhindern: Strukturwandel-Gelder nicht länger nach Gutsherren-Art verteilen, sondern demokratisch, transparent & sozial – mehr Mitbestimmung wagen!“ wurde gestern der Einsatz von Strukturwandel-Geldern diskutiert.
Dazu erklärt Antonia Mertsching, Lausitzer Abgeordnete und Sprecherin für die Themen Umwelt, Energie und Braunkohle der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag:
„Was sich derzeit in der Region abspielt, verspielt das Vertrauen der Menschen vor Ort in den Prozess: Die Staatsregierung veröffentlicht weder die Mitglieder der Begleitausschüsse noch die Projektlisten. Es ist unklar, nach welchen Maßstäben die einzelnen Projektvorschläge bewertetet wurden. Es hat noch kein einziger Beteiligungsprozess in den Gemeinden stattgefunden – aber das Geld der ersten Förderperiode bis 2026 kann theoretisch schon verplant worden sein.
Dabei haben die Kommunen gerade erst angefangen, Personal und Planungskapazitäten für den Strukturwandel aufzubauen. Der Freistaat zieht seine fertigen Projekte aus der Schublade und kann sie gegen die Stellungnahmen der Begleitausschüsse durchdrücken, da diese kein Veto-Recht haben. Es ist eine Frechheit, dass die Staatsregierung Maßnahmen wie den Umzug der Landesuntersuchungsanstalt von Dresden nach Bischofswerda aus Mitteln des Strukturwandels finanzieren will, nur weil Bischofswerda im Landkreis Bautzen und somit formal in einer vom Strukturwandel betroffenen Region liegt.
Ein vernünftiger und nachhaltiger Strukturwandel braucht Kleinprojekte-Fonds, aktive Bürgerbeteiligung, mehr Zeit, bessere Kommunikation und einen klaren Fokus auf die betroffenen Gebiete!“
Marco Böhme, Leipziger Abgeordneter und Sprecher für Klimaschutz der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag:
„Die Kohle-Kommission hatte für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung und den einzuleitenden Strukturwandel einen vor Ort verankerten Beteiligungsprozess sowie transparente und messbare Kriterien für die Projektauswahl vorgesehen.
Die in Sachsen eingesetzten Begleitausschüsse bewirken das genaue Gegenteil: Sie tagen nicht öffentlich, weshalb es zu den einzelnen Projekten und Investitionsanträgen keinerlei öffentliche Diskussionen geben wird.
Wichtige Mitglieder wie Vertreter von Arbeitnehmern, Gewerkschaften und Umweltgruppen haben kein Stimmrecht. Wie man der Tagesordnung entnehmen kann, wird es in den Ausschüssen, die nächste Woche das erste Mal tagen und über die ersten 200 bis 300 Millionen Euro Fördergelder entscheiden, keine Diskussion zu den einzelnen Anträgen geben, sondern lediglich eine formale Abstimmung.
Für den sächsischen Teil des Mitteldeutschen Reviers sind bis 2038 rund 1,1 Milliarden Euro Strukturgelder vorgesehen, die von der Region selbstständig für Investitionsvorhaben ausgegeben werden können.
Neben dem generellen Problem der intransparenten und nicht öffentlichen Verfahren der Begleitausschüsse, wo sich derzeit das Land mit den betreffenden Kommunen über die konkreten Vorhaben streitet, ist bereits jetzt von den 1,1 Milliarden Euro nur noch wenig Geld übrig: Bereits im Jahr 2020 wurden rund 100 Millionen Euro in sogenannten Sofortprojekten ohne Beteiligung des Begleitausschusses für das Mitteldeutsche Revier vom Freistaat Sachsen verplant – und das ohne strukturpolitisches Gesamtbild und ohne Bezug zu den eigentlichen Kohlerevieren.
Weiterhin hat das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Freistaats Sachsen in einer Mitteilung an den Bundestagsfinanzausschuss am 17.06.21 verlautbart, dass weitere rund 400 Millionen Euro ab dem Jahr 2031 aus dem Topf des sächsischen Teils des Mitteldeutschen Reviers gesperrt werden – und zwar für Maßnahmen des Bundes! Darin heißt es wörtlich:
„Die politische Einigung, die dem Beschluss der Maßnahmenliste für MR-SN zugrunde liegt, beruht auf der Sperrung von Finanzhilfen aus den Förderperioden 2 und 3 (konkret 2031 ff) nach Kap. 1 InvKG, um bereits jetzt den Beginn von Maßnahmen nach Kap. 3 und 4 InvKG zu ermöglichen.“
Damit stehen den betreffenden Kommunen des sächsischen Teils des Mitteldeutschen Reviers von den zugesagten rund 1,1 Mrd. Euro nur noch rund die Hälfte der Mittel für eigene Projekte zur Verfügung – und das mit Zustimmung des Freistaats Sachsen!
Es gibt sowohl am Verfahren als auch bei der Projektauswahl einen erheblichen Korrekturbedarf. Ich fordere Staatsminister Schmidt dazu auf, endlich einen Strukturwandel von unten zu ermöglichen, gemeinsam mit den Menschen vor Ort – und das in einem öffentlichen und transparenten Verfahren!
Den kommunalen Vertretern wünsche ich bei den anstehenden Beratungen viel Kraft, damit sie weiterhin zusammenhalten und sich nicht von der Staatsregierung gegeneinander ausspielen lassen.“
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