Holger Mann: โ€žWir erwarten die zeitnahe Aufhebung der Waffenverbotszone im Leipziger Osten und werben gleichzeitig dafรผr, die frei werdenden Polizeikrรคfte in Bรผrgerpolizisten und Prรคvention vor Ort zu investieren.  Die Bรผrger erwarten zu Recht, nicht pauschal kriminalisiert zu werden, sondern Ansprechpartner - auch solche mit Fremdsprachenkompetenz - vor Ort zu haben.โ€œ

โ€žDie Ergebnisse der Evaluation sind ernรผchternd und waren erwartbar.โ€œ resรผmiert Julia Kneisel, Mitglied der Projektgruppe Sicherheit und des SPD-Stadtvorstands. โ€žDie messbaren Effekte der Waffenverbotszone beschrรคnken sich darauf, dass โ€žschwere Auseinandersetzungen mit Waffenโ€œ aus dem Viertel gedrรคngt und mehr Straftaten im Bereich der Kรถrperverletzungs- und Rauschgiftdelikte aufgenommen wurden, was vor allem auf die verstรคrkte Kontrolltรคtigkeit der Polizei vor Ort zurรผckzufรผhren ist. 

Das Sicherheitsgefรผhl im Viertel wurde aber nicht verbessert. Patrouillen von Mannschaftswagen sind nicht bรผrgernah. Stรคndige Kontrollen erzeugen Misstrauen und Stigmatisierungsangst. Gerade die betroffenen Anwohner/-innen kritisieren vor allem, dass zahlreiche Probleme wie Mรผll und Schmutz im รถffentlichen Raum oder soziale Notlagen nicht verschwunden sind. Statt eines rechtswidrigen Pauschalverdachts braucht es hier vielmehr eine Stรคrkung integrativer Angebote und der sozialen Arbeit. FuรŸstreifen von Polizei oder Ordnungsbehรถrden und auch ein Vor-Ort-Besuch durch Herrn Wรถller wรคren da die bessere Wahl gewesen.  [โ€ฆ]โ€œ so Kneisel weiter.

Arnold Arpaci, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Leipzig Nord-Ost/Ost sieht unlautere Motive bei der Begrรผndung der Waffenverbotszone: โ€žDas OVG in Bautzen hat die Waffenverbotszone gekippt, da es von vornherein an den Voraussetzungen fehlte: Es gab keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Verordnung die รถffentliche Sicherheit schรผtzt.

Obwohl andere Orte wie das Leipziger Zentrum eine hรถhere Kriminalitรคtsbelastung aufweisen, ist ausgerechnet der einzige als migrantisch geltende Stadtteil in ganz Sachsen ins Auge gefasst worden. Das lรคsst den Erlass der Verordnung eher als kurzlebigen medialen Coups des angeschlagenen Innenminister Wรถller erscheinen. Die sogenannte Waffenverbotszone ist rechtswidrig und wirkt rassistisch.โ€œ

In der Evaluation stellten die Forscher fest, dass bei jungen Migrant/-innen das โ€žsehr positive Bild von der deutschen Polizeiโ€œ leide (vgl. Freie Presse 7.6.). Das deckt sich mit den Erfahrungen der SPD im Gesprรคch mit den Bรผrgerinnen und Bรผrgern im Stadtteil: โ€žDie stรคndigen Kontrollen besonders bei migrantisch erscheinenden Jugendlichen erzeugen Frust. Die Kontrollen hinterlassen das Gefรผhl nicht gewollt zu sein und grundlos als kriminell abgestempelt zu werden,โ€œ so Omar Alkadamani Beisitzer im SPD-Ortsvereinsvorstand Nordost/Ost.

Arnold Arpaci schlรคgt Richtung Landespolizei vor: โ€žWie wรคre es, wenn die Polizei aufhรถrt, mit dem Mannschaftsbus den Stadtteilpark Rabet abzufahren und stattdessen zu FuรŸ geht?

Fรผr die SPD Leipzig steht fest: โ€žDie Abschaffung der Waffenverbotszone ist die rationale Schlussfolgerung dieser Evaluation. Die Zone richtet mehr Schaden an, als dass sie helfen kรถnnte. Bรผrgernahe Polizeiarbeit, die auf Augenhรถhe kommuniziert und zeitnah auf Rechtsbrรผche reagiert, ist dagegen das Gebot der Stundeโ€œ, so Mann abschlieรŸend.

Hintergrundinfos:

Die โ€žWaffenverbotszoneโ€œ ist ein mittels einer Polizeiverordnung des Sรคchsischen Staatsministeriums des Innern (SMI) am 05.11.2018 โ€žerrichtetesโ€œ Gebiet, das rund einen halben Quadratkilometer (~ 70 FuรŸballfelder) umfasst.

Das sรคchsische Oberverwaltungsgericht hatte bereits am 24.03. diesen Jahres die Rechtswidrigkeit der Polizeiverordnung des SMI รผber das Verbot des Mitfรผhrens gefรคhrlicher Gegenstรคnde in Leipzig vom 4. Oktober 2018 โ€“ also des Kerns der Verordnung โ€“ festgestellt.  Das Urteil (Az.: 6 C 22/19) kippte nach einem Normenkontrollverfahren eine der beiden zugrundeliegenden SMI-Verordnungen.

Heute haben Staatsminister Roland Wรถller (CDU), zusammen mit dem Oberbรผrgermeister der Stadt Leipzig Burkhard Jung und dem wissenschaftlichen Leiter der Evaluation Prof. Marcel Schรถne von der Hochschule der Sรคchsischen Polizei die Ergebnisse der Evaluation der sog. Waffenverbotszone prรคsentiert.

Die Evaluation wurde durch Prof. Marcel Schรถne von der Hochschule der Sรคchsischen Polizei (FH)) und Prof. Kurt Mรผhler (Universitรคt Leipzig) durchgefรผhrt.  Die Verรถffentlichung des Ergebnisses wurden seitens des SMI bereits fรผr 2019 angekรผndigt. Im Februar 2021 hatte der Leipziger Stadtrat das SMI zur Verรถffentlichung gedrรคngt. Der AK Sicherheit der SPD Leipzig hatte monatelang erfolglos um Freigabe der Forscher fรผr einen Termin zur Diskussion und Vorstellung der Evaluation beim SMI gebeten.

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