Das Magenkarzinom ist die fünfthäufigste Krebserkrankung weltweit. Bei den krebsbedingten Todesursachen steht es auf einem traurigen dritten Platz. Schuld daran ist die späte Diagnose und die rasche Ausbreitung von Tumorzellen im Körper.
Experten der Leipziger Universitätsmedizin haben untersucht, wie die Behandlung verbessert sowie individualisiert werden kann und ihre Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Clinical Oncology“ publiziert.
Forschende um Professor Florian Lordick, Direktor des Universitären Krebszentrums Leipzig (UCCL), haben in einem deutschlandweiten Konsortium untersucht, wie eine HER2-gerichtete Behandlung mit Medikamenten bei Magenkrebs optimiert werden kann. Dafür wurden Daten von 548 Patienten aus 35 Behandlungszentren gesammelt und Tumorproben in Laboren der Leipziger Universitäts-Pathologie untersucht. Die fünfjährige Studie leistet einen wichtigen Beitrag zur Etablierung medikamentöser Präzisionsbehandlung beim Magenkarzinom.
Zielgenau verabreichte Krebsmedikamente eröffnen Chancen auf ein besseres und längeres Überleben. Bei metastasiertem Magenkrebs ist diese Therapie mit dem zugelassenen Medikament „Trastuzumab“ möglich. Für die Behandlung muss die Ausprägung des „Humane Epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptors“ (HER2) bei jedem Patienten nachgewiesen werden.
HER2-Rezeptoren sind Bindestellen für Wachstumsfaktoren auf der Zelloberfläche von Tumorzellen. Je mehr dieser Bindestellen vorhanden sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Signale an den Zellkern weitergeleitet werden, die Tumorzellen schneller wachsen und länger leben lassen. Bei etwa 20 Prozent aller Magenkarzinome kommen diese HER2-Rezeptoren vermehrt vor.
Die Experten stellten bei genauer Betrachtung der Tumorproben in der Universitätsmedizin Leipzig fest, dass bei jedem vierten Patienten die Ergebnisse der HER2-Bestimmung aus den Fachpraxen und Fachkrankenhäuser in Deutschland nicht bestätigt werden konnten. Das liegt an der unterschiedlichen Ausprägung zahlreicher Tumoreigenschaften beim Magenkarzinom, so auch des HER2-Rezeptors.
Die gute Nachricht der Studie: Bei exakter Diagnose des HER2-Status bekamen die Patienten eine zielgenaue medikamentöse Behandlung, von der sie wirklich profitierten. Dadurch erreichten die Betroffenen sowohl eine signifikante Verbesserung des Tumoransprechens, als auch eine erhöhte Überlebenszeit und Lebensqualität. Die präzise Diagnose bedarf keiner teuren zusätzlichen Technologien. Sie wurde mit etablierten Untersuchungsmethoden bei Magenkrebs realisiert.
Individuelle Diagnose – zielgenaue Krebsbehandlung
Professor Lordick, Leiter des Forschungsprogramms, welches durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde, erklärt: „Die unterschiedliche Ausprägung von Tumormerkmalen steht einer wirksamen Behandlung beim Magenkrebs oftmals entgegen. Es bedarf einer präzisen Beschreibung der HER2-Ausprägung innerhalb jedes Einzelfalls, um Patienten für eine zielgenaue Behandlung auszuwählen. Wir bewegen uns weg von einer Therapie, die für jeden Patienten geeignet ist, zu auf eine personalisierte, passgenaue Krebstherapie. Voraussetzung dafür ist die differenzierte molekulare Diagnostik in jedem Einzelfall.“
Die Studie präzisiert, welche Patienten von der HER2-Therapie profitieren können. Die Schlussfolgerung des Onkologen Lordicks: Detaillierte und qualitätskontrollierte Berichte über HER2-Testergebnisse sollten in der Praxis zur Verfügung gestellt werden, um die Patienten mit Magenkarzinom zu identifizieren, die von einer zielgerichteten Therapie gegen HER2 maßgeblich profitieren.
Originaltitel der Publikation in „Journal of Clinical Oncology“:
HER2 Expression, Test Deviations, and Their Impact on Survival in Metastatic Gastric Cancer: Results From the Prospective Multicenter VARIANZ Study, doi/full/10.1200/JCO.20.02761
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