Die Linksfraktion setzt sich im Rahmen der Debatte zum Landeshaushalt unter anderem für einen Sozial-Ausgleichs-Fonds ein, der 2021 bis 2024 mit insgesamt einer Milliarde Euro ausgestattet werden soll.
Dazu sagt der haushalts- und finanzpolitische Sprecher Nico Brünler: „Die Verwerfungen infolge der Corona-Pandemie und der notwendigen Eindämmungsmaßnahmen werden uns noch lange beschäftigen. Viele Menschen brauchen auch weiterhin Hilfe – das darf nicht am Budget scheitern.
Wir wollen deshalb einen solidarischen Sozial-Fonds von einer Milliarde Euro auflegen, um die sozialen Kosten und Folgelasten auszugleichen und denjenigen gezielt zu helfen, die am meisten unter der Krise leiden. Der Fonds soll Ausgleichszahlungen ermöglichen, ferner den Ausgleich von Nachteilen bei der schulischen und Hochschulbildung, er soll existenzbedrohten Einzelunternehmer/-innen sowie klein- und mittelständischen Unternehmen zugutekommen.
Besonders belastete oder benachteiligte gesellschaftliche Gruppen und/oder Berufsgruppen sollen mit diesem Geld unterstützt werden. Außerdem geht es uns darum, dass die Kommunen weiter ihre Aufgaben erfüllen können und die kommunale Infrastruktur erhalten bleibt. Zu diesem sozialen Ausgleich verpflichtet uns auch die Landesverfassung, die auf unser Drängen hin 2013 um dieses Haushaltsprinzip ergänzt worden ist.
Das sechs-Milliarden-Sondervermögen ,Corona-Bewältigungsfonds‘ ist fast aufgebraucht (Drucksache 7/5914). Die weiteren Folgekosten der Krise müssen dennoch aufgefangen werden. Wer jetzt die Lasten der Pandemie tragen muss, soll nicht auch noch die Zeche dafür zahlen müssen. Kürzt der Staat bei seiner Aufgabenerfüllung, leiden darunter an aller Regel jene Menschen, die ohnehin wenig Geld haben.
Wir wollen deshalb den Generationenfonds vorübergehend nicht mehr in vollem Umfang bedienen. Darin liegen schon jetzt Milliarden ungenutzt herum, die weniger Erträge abwerfen als früher. Die Altersversorgung der Beamtinnen und Beamten wäre keineswegs gefährdet, wenn in den kommenden Jahren etwas geringe Beträge eingezahlt werden würden. Wir schlagen eine maximale Einzahlung von maximal 150 Millionen Euro vor, derzeit fließt jährlich knapp eine Milliarde in diese Schatztruhe.
Unsere weiteren Änderungsanträge für den Landeshaushalt 2021/2022 belaufen sich auf Mehrausgaben von insgesamt 1,8 Milliarden Euro. Wir müssen jetzt gezielt investieren, wenn wir den nachfolgenden Generationen ein intaktes Gemeinwesen hinterlassen wollen. Außerdem bietet sich jetzt die Gelegenheit, Fehlentscheidungen der Vergangenheit entschlossen zu korrigieren.
Wir setzen uns deshalb in den Haushaltsverhandlungen unter anderem für die folgenden Punkte ein:
- Im Bereich Gesundheit fordern wir, dass der Freistaat endlich die Krankenhäuser ausreichend stark bei ihren Investitionsausgaben unterstützt. Außerdem muss der öffentliche Gesundheitsdienst, der wichtige präventive Aufgaben erfüllt, gleichberechtigt mit der stationären und ambulanten Versorgung arbeiten können und massiv ausgebaut werden. An seiner Spitze soll ein neu geschaffenes Landesgesundheitsamt stehen. Hätten wir diese Infrastruktur bereits gehabt, als das Corona-Virus kam, hätte die Staatsregierung vieles besser organisieren können – vor allem die Impfkampagne. Außerdem wollen wir dem aufopferungsvoll arbeitenden, aber viel zu schlecht bezahlten Pflegepersonal in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und Pflegediensten einen Corona-Bonus aus Landesmitteln von 1.500 Euro auszahlen. Um Pflegebedürftige von den hohen Eigenanteilen zu entlasten, sollen alle vollstationär Pflegebedürftigen ab Juli 2021 monatlich 100 Euro erhalten, bis dieses Problem grundsätzlich gelöst ist.
- Im Sozialbereich fordern wir unter anderem höhere monatliche Zahlungen für sehbehinderte, gehörlose und taubblinde Menschen. Wir wollen ein Förderprogramm auflegen, damit arbeitslose Menschen, Empfänger/-innen von Sozialleistungen, Geflüchtete, alleinerziehende und aus der Haft entlassene Menschen besser an bezahlbarem Wohnraum gelangen. Vor allem in Leipzig und Dresden, aber nicht nur dort steigen die Mieten – gleichzeitig ist Sachsen ein Niedriglohnland, auch Altersarmut breitet sich aus. Wir müssen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum bekämpfen – das betrifft nicht nur erwerbslose Menschen, sondern auch Studierende, Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende oder kinderreiche Familien. Wir wollen deshalb den sozialen Wohnungsbau stärken und ihn auf weitere Regionen ausweiten. Die Wohnungen sollen nicht wie bisher nur 15 Jahre lang, sondern für 20 Jahre Sozialwohnungen bleiben.
- Im Bereich Bildung gilt es derzeit vor allem, Corona-bedingte Bildungsverluste auszugleichen. Die Pandemie verhindert viel Präsenzunterricht – das vertieft die soziale Spaltung der Gesellschaft, weil nur Eltern mit gut gefülltem Geldbeutel ihrem Nachwuchs auch daheim gute Bildungschancen bieten können. Das wollen wir möglichst ausgleichen und es allen Schulkindern mittels entsprechender Gutscheine ermöglichen, Nachhilfeunterricht an anerkannten Nachhilfeinstituten zu nehmen. Wir wollen kraftvoll in digitale Bildung investieren. An den Schulen muss es hauptamtliche IT-Beauftragte geben, um die Lehrkräfte bei der Administration von Geräten und Infrastruktur zu unterstützen. Außerdem sollen künftig alle Schulkinder in der 5. Klasse ein digitales Endgerät zur Verfügung gestellt bekommen, das sie bis zum Abschluss behalten. Nicht zuletzt wollen wir den enormen Investitionsstau beim Schulhausbau schneller abbauen als die Staatsregierung. Zur Absicherung der Studierenden, die auf Grund der Corona-Krise in finanzielle Not geraten sind oder zukünftig während ihres Studiums in finanzielle Not geraten, stellen wir den Studierendenwerken ein Corona-Hilfe-Budget zur Verfügung.
- Wir wollen die Kita-Betreuung langfristig verbessern, indem bis 2032 schrittweise mehr vollbeschäftigte pädagogische Fachkräfte eingestellt werden. Die Kommunen sollen einen entsprechenden Landeszuschuss erhalten. Wir streben bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren ein Verhältnis von 1:3 sowie für Kindergartenkinder von 1:7,5 an. Diese Ziele sind in Sachsen nicht kurzfristig erreichbar, ohne die Kommunen finanziell zu überfordern oder erhebliche Mittel im Landeshaushalt umzuschichten; zudem sind kurz- und mittelfristig nicht genug Fachkräfte verfügbar. Deshalb plädieren wir für eine langfristige Perspektive.
- Im Bereich Wirtschaft schlagen wir einen umfangreicheren Fonds vor, der wegen der Pandemie insolvenzbedrohten Unternehmen hilft. Die zur Bekämpfung der Pandemie verhängten Maßnahmen haben in vielen Unternehmen zu drastischen Umsatzeinbrüchen geführt. Unabhängig von Hilfszahlungen ist die Einnahmesituation gerade für die in Sachsen zahlreichen Kleinst- und Kleinunternehmen dramatisch. Das betrifft besonders den innerstädtischen Einzelhandel, das Veranstaltungs-, Beherbergungs-, Tourismus- und Gaststättengewerbe sowie Freizeiteinrichtungen. Diese Betriebe sollen gezielte staatliche Beihilfen zur Vermeidung von Insolvenz bekommen. Um den Umsatz anzukurbeln, schlagen wir außerdem ein Gutscheinprogramm vor: 2021 soll der Freistaat jedem hier mit Hauptwohnsitz gemeldeten Menschen unter 18 Jahren einmalig einen Gutschein in Höhe von 50 Euro zukommen lassen. Dieser soll bis zum Jahresende in Freizeiteinrichtungen, Sportvereinen, touristischen Einrichtungen, Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben oder bei Volksfesten in Sachsen gelten. Zudem schlagen wir ein Förderprogramm vor, um die Innenstädte zu beleben. Mit dem Geld sollen die Kommunen vorübergehend leerstehende Ladenlokale für neue Nutzungen anmieten oder Gebäude im Zwischenerwerb kaufen können. Perspektivisch können dann neue Formate und Konzepte erprobt werden, die über das Einkaufen hinausgehen.
- Im Bereich Arbeit schlagen wir ein Förderprogramm vor, um den stark armutsgefährdeten Alleinerziehenden den Weg in gute Beschäftigungsverhältnisse zu ebnen. Alleinerziehende waren schon vor der Pandemie besonders von Armut betroffen – wegen Erwerbslosigkeit, Teilzeitarbeit oder schlechter Bezahlung. Das betrifft Frauen in viel stärkerem Maße als Männer. Insgesamt sind aktuell nur etwa zwei Drittel der Alleinerziehenden erwerbstätig, die Hälfte nicht im „Normalarbeitsverhältnis“. Wir wollen auch die Mittel zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit nicht kürzen, sondern sie mindestens auf dem Niveau von 2020 stabilisieren.
- Beim Thema Mobilität fordern wir entschlossenere Schritte, um die Nutzung von Bus, Bahn und Rad attraktiver zu machen. Nicht nur volle Schulbusse während der Pandemie haben den Investitionsbedarf deutlich gemacht. Deshalb wollen wir die Mittel mehr als verdoppeln. Das Bildungsticket soll nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für alle Auszubildenden und alle Freiwilligendienst-Leistenden gelten, und zwar im gesamten Freistaat und ab August 2021. Es soll maximal zehn Euro pro Monat kosten. Entsprechende Zuschüsse an die Zweckverbände müssen in den Haushalt eingestellt werden. Außerdem fordern wir ein Tarifmoratorium: In keinem Verkehrsverbund dürfen die Fahrpreise steigen. Einnahmeausfälle soll der Freistaat ausgleichen. Ferner soll es mehr Fördermittel für neue Busse und Bahnen geben, auch mit alternativen Antriebstechnologien. Sachsen sollte zudem die Chance nutzen, Schienenstrecken zu reaktivieren – der Bund trägt derzeit einen Großteil der Kosten, aber ohne Ko-Finanzierung vom Land geht da nichts vorwärts. Das sauberste Verkehrsmittel ist jedoch immer noch das Fahrrad – aber dazu muss es gute Radwege und Abstellmöglichkeiten geben. Wir wollen die Mittel für die kommunale Radverkehrsförderung schrittweise erhöhen. Zudem wollen wir ein Modellprojekt finanzieren, um in einem Mittelzentrum den entgeltfreien öffentlichen Personennahverkehr zu erproben. Der Freistaat soll des Weiteren jene Kommunen unterstützen, die ein Sozialticket für einkommensarme Menschen anbieten. Der Zuschuss soll 50 Prozent der Fahrgeldausfälle des Nahverkehrsbetreibers betragen. Zur stärkeren Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene wollen wir nicht zuletzt Haushaltsmittel für „rollende Landstraßen“ bereitstellen.
- Wir wollen Dorfläden in Pilotprojekten fördern, weil diese neben reinen Ladengeschäften Treffpunkte und Räume für das gesellschaftliche Leben sein können. In vielen Orten waren und sind kleine Läden in den Ortskernen nicht oder kaum überlebensfähig, weil Discounter auf der grünen Wiese preiswerter sind. Damit werden allerdings die Orte für diejenigen, die weniger mobil sind, weniger attraktiv. Einkaufsmöglichkeiten müssen überall wohnortnah erreichbar sein. Apropos Ernährung: Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen, schrittweise mehr regional und ökologisch produzierte Lebensmittel in die Kita-Essenversorgung zu bringen.
- Damit die Kommunen unseren Vorschlag für ein soziales Klimaschutzgesetz umsetzen können, sehen wir entsprechende Ausgleichszahlungen vor.
- Im Kulturbereich fordern wir ausreichende Haushaltsmittel zur Errichtung der Gedenkstätte KZ Sachsenburg. Außerdem schlagen wir ein Investitionsprogramm „Kultur Start 21/22” vor. Kunst- und Kulturschaffende und ihre Einrichtungen gehören in der Pandemie zu den am stärksten Betroffenen. Die Einrichtungen mussten als erstes schließen und werden als letztes öffnen. Die freie Szene, Kulturakteure und Soloselbständige brauchen bei der Neu- und Wiedergestaltung der kulturellen Angebote besondere Unterstützung.
- Im Bereich des Innenministeriums wollen wir mehr Geld in die Aus- und Weiterbildung der Polizei investieren, insbesondere für die interkulturelle Bildung. Die Abschiebehaftanstalt wollen wir abschaffen und stattdessen die Bedingungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbessern. Das Landesamt für Verfassungsschutz halten wir für entbehrlich. Notwendig sind hingegen ein Sonderinvestitionsprogramm für die Sanierung und den Neubau von Schwimmstätten sowie mehr Mittel für den Bevölkerungsschutz. Dabei geht es nicht nur um die Katastrophenzüge und deren Stützpunkte, sondern auch um die vielen freiwilligen Retterinnen und Retter in den Feuerwehren, beim THW, in der DLRG und den vielen anderen Hilfsorganisationen.
- Im Bereich Justiz beantragen wir einen höheren Verpflegungssatz für Gefangene, auskömmliche Gesundheitsausgaben und bezahlbare Gebühren für Telefonate mit Angehörigen, Freundinnen und Freunden.
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