Vor einem Jahr, am 29. Mai 2020, wurde der Präsidentschaftskandidat Sergej Tichanovskij verhaftet. Anläßlich dieses Datums hat die legitime Präsidentin von Belarus Svetlana ´ Tichanovskaja für diesen Tag zu weltweiten Protesten gegen die Lukašenko-Diktatur aufgerufen. Diesem Aufruf folgen wir mit einer spontanen Fahrraddemonstration.
Am 9. August 2020 wurden die Präsidentschaftswahlen in Belarus massiv gefälscht. Seitdem gibt es breite Proteste, die vom Regime mit brutalster Gewalt unterdrückt werden.
Die drei zentralen Forderungen der Protestbewegung sind:
– Beendigung der Gewalt und Bestrafung der Täter;
– Freilassung aller politischer Gefangenen;
– Neuwahlen ohne Lukašenko.
Seit Beginn der Proteste im August 2020 wurden mehr als 35.000 Menschen festgenommen, hunderte inhaftiert, viele bereits zu drakonischen Strafen verurteilt, es kam zu Entführungen, Gewaltexzessen und systematischer Folter. Viele Menschen wurden verwundet, zum Teil schwer, mehrere wurden getötet. Vom Menschenrechtszentrum „Vesna“ („Frühling“) sind gegenwärtig mehr als 400 Personen als politische Gefangene anerkannt. Sie sitzen für die Beteiligung an Demonstrationen, für das Rufen von Parolen oder das Zeigen von Protestsymbolik ein.
Journalist/-innen wurden zu Haftstrafen verurteilt, weil ihre Arbeit dem Regime mißfiel. In vielen Fällen wurden die Finanzbehörden gegen Oppositionelle in Stellung gebracht, die mit scheinbar unpolitische Anklagen wegen angeblicher Steuerhinterziehung und ähnlichen Vorwürfen vor Gericht gestellt werden. Der prominenteste derartig gelagerte Fall war kürzlich die Schließung des populärsten Nachrichtenportals des Landes „tut.by“. Die Website wurde vom Netz genommen, eine ganze Reihe von leitenden und technischen MitarbeiterInnen sowie Journalist/-innen verhaftet.
Einen aktuellen Höhepunkt der Rechtsbrüche durch das Lukašenko-Regime stellt die Luftpiraterie und die folgende Entführung des Journalisten Roman Protasevič und Oppositionsaktivistin Sofia Sapega dar.
Solange das illegitime Regime des Aleksandr Lukašenko in Belarus an der Macht bleibt, werden die Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen weitergehen. Hunderte, vielleicht Tausende werden für Jahre in Gefängnissen und Lagern verschwinden, mißhandelt und erniedrigt werden. Auch Hinrichtungen sind zu erwarten.
Das Regime stützt sich nur noch auf die bewaffneten Kräfte, die finanziert und mit besonderen Privilegien bei der Stange gehalten werden müssen. Die Mittel hierfür stammen vor allem aus den Gewinnen staatlicher Betriebe. Daher verlangt die belarusische Opposition das Einfrieren internationaler Wirtschaftskontakte. Gerade deutsche Partner sorgen durch Ersatzteillieferungen und Wartungen für das reibungslose Funktionieren von belarusischen Staatsbetrieben und somit für eine gute Füllung der Futtertröge der belarusischen Repressionsorgane.
In Leipzig sorgt der Honorarkonsul Steffen Göpel, der als Immobilienunternehmer in der Stadt bekannt ist, für gute Wirtschaftskontakte der heimischen Wirtschaft mit der Diktatur. Wir haben Steffen Göpel mehrfach aufgefordert, zu den Wahlfälschungen und Menschenrechtsverletzungen in Belarus öffentlich Stellung zu beziehen. In seinen Antworten redete sich der Herr Göpel stets damit heraus, er habe „kein politisches Amt“ inne und repräsentiere nicht das Minsker Regime. Für politische Fragen sei die belarusische Botschaft in Berlin zuständig.
Göpel verschweigt, daß er als Honorarkonsul nach belarusischem Recht dem Außenministerium der Republik Belarus untersteht und seine Funktionen unter Leitung und in Übereinstimmung mit den Anweisungen der belarusischen Botschaft erfüllt. Weiter verschweigt er, daß zu den grundlegenden Funktionen eines Honorarkonsuls die „Verteidigung der Rechte und Interessen der Republik Belarus“, die „Förderung der Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen“, der „Ausbau politischer, wirtschaftlicher und Handels-, Investitions-, kultureller, wissenschaftlicher und anderer Beziehungen der Republik Belarus mit dem Aufenthaltsstaat“ sowie die „Förderung ausländischer Direktinvestitionen in Belarus“ gehören.
Mit anderen Worten: Steffen Göpels Funktion als Honorarkonsul ist die Unterstützung des terroristischen Regimes in Minsk auf allen Ebenen. Und er weigert sich seit nunmehr bald zehn Monaten, Wahlfälschung, Gewalt, Folter, Mord, Entführung, Zensur, die Unterdrückung von Kulturschaffenden und WissenschaftlerInnen in Belarus mit klaren Worten zu verurteilen. Da zu seinen Aufgaben auch die Zusammenarbeit mit der belarusischen Diaspora im Aufenthaltsstaat zählt, die ihn wiederholt zu Stellungnahmen aufgefordert hat, spricht sein Schweigen Bände.
Wir schließen uns den Forderungen nach freien Wahlen in Belarus und nach dem Ende des terroristischen Lukašenko-Regimes an und fordern Herrn Göpel erneut auf, öffentlich Stellung zu beziehen und auch sein langes Schweigen zu erklären.
Auftakt: 29. Mai 2021, 18.00 Uhr, Sachsenbrücke
Zwischenkundgebung am belarusischen Honorarkonsulat, Wächterstraße 15
Abschlusskundgebung: Markt
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