Rapsfelder ziehen Honigbienen magisch an. Sind die Felder direkt neben Apfelanlagen, fliegen die Insekten eher zu den gelben Blüten als zu den nahegelegenen Obstbäumen. Das zeigt eine neue Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ).
Dass die Apfelernte bei den untersuchten Apfelanlagen trotzdem stabil blieb, lag an Hummeln und anderen Wildbienen, die die Bestäubungslücke füllten. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Agriculture, Ecosystem and Environment“ veröffentlicht.
Große gelbe Rapsfelder im Frühjahr gehören seit vielen Jahrzehnten in weiten Teilen Deutschlands zum Landschaftsbild dazu. Zur gleichen Zeit blühen Apfelbäume. Damit die Bäume Früchte bilden, müssen ihre Blüten von Bienen bestäubt werden. „Apfelblüten produzieren allerdings etwas weniger Nektar als Rapsblüten“, sagt die Biologin Julia Osterman, die an der MLU und dem UFZ promoviert wird.
Die Forschenden wollten herausfinden, ob dieser Fakt Einfluss auf Honig- und Wildbienen hat und damit auch die Bestäubung in kommerziellen Apfelanlagen beeinflusst. An zwölf Standorten in Sachsen-Anhalt zählten sie die Blütenbesucher in Apfelanlagen, in deren Umgebung jeweils unterschiedlich viel Raps angebaut wurde.
Insgesamt variierte die Anzahl der Honigbienen auf den Apfelblüten von Standort zu Standort stark und wurde deutlich erhöht, wenn Völker direkt in den Anlagen aufgestellt wurden. Die Auswertung ergab auch, dass Honigbienen von den Rapsfeldern angelockt werden und weniger Apfelblüten bestäuben. Sie können bis zu zehn Kilometer am Tag fliegen, um Nektar und Pollen zu sammeln.
Wildbienen dagegen haben einen deutlich kleineren Sammelkreis und bleiben den Apfelanlagen treu. Dass Honigbienen in benachbarte Rapsfelder fliegen, hatte das Team erwartet, aber die Daten zu den Wildbienen waren überraschend: „Wir haben die meisten Wildbienen in den Apfelanlagen gesehen, die direkt von Raps umgeben waren. Das könnte daran liegen, dass es weniger Konkurrenz gibt, weil die Honigbienen weggelockt werden“, sagt Prof. Dr. Robert Paxton von der MLU.
„Wir haben aber nicht nur die Bienen gezählt, sondern auch die Bestäubungsleistung gemessen“, erläutert Osterman. Ein Teil der Blüten wurde mit einem Netz überzogen, sodass diese nicht von Honig- oder Wildbienen besucht werden konnten, um zu vergleichen, was passiert, wenn die Bienen als natürlicher Bestäuber fehlen.
„Klar ist, dass sich ohne die Bestäubung von Insekten kaum Äpfel bilden“, sagt Osterman. Obwohl es weniger Honigbienen bei den von Raps umgebenen Anlagen gab, bildeten sich im Vergleich zu den Anlagen ohne nahen Raps gleich viele Äpfel. Das erhöhte Vorkommen von Wildbienen könnte den Verlust der Honigbienen ausgeglichen haben, so Osterman.
Aus ihren Ergebnissen folgern die Forschenden, dass es für Apfelbauern sinnvoll sein könnte, speziell die Ansiedlung von Wildbienen zu fördern. „Kommerziell gehaltene Honigbienen spielen bei der Bestäubung von Apfelbäumen natürlich weiterhin eine große Rolle. Hummeln und andere Wildbienen könnten aber lukrativer sein, da sie ähnlich effektive Bestäuber sind und weniger von anderen Nahrungsangeboten abgelenkt werden“, betont Julia Osterman.
Mögliche Maßnahmen für den Wildbienenschutz reichen vom Anlegen von Blühstreifen bis hin zu Nisthilfen. Einige Arten nisten unterirdisch und benötigen offene Bodenstellen. Andere besiedeln alte Scheunenmauern und Steilwände in der Umgebung. „Wildbienen benötigen auch nach der Obstblüte Nahrungsmöglichkeiten. Das sollte beim Apfelanbau berücksichtigt werden“, sagt Paxton abschließend.
Studie: Osterman J. et al. Apple pollination is ensured by wild bees when honey bees are drawn away from orchards by a mass co-flowering crop, oilseed rape. Agriculture, Ecosystems and Environment (2021). DOI: 10.1016/j.agee.2021.107383
Die Studie wurde im Rahmen von ESCALATE finanziert. ESCALATE ist ein Graduiertenkolleg, das von der Helmholtz-Gemeinschaft, dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der Universität Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gefördert wird und am UFZ angesiedelt ist. Eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dieser Institutionen hat sich zusammengeschlossen, um Ausbildung und Forschung auf dem Gebiet der Ökosystemdienstleistungen voranzutreiben. Weitere Informationen unter: https://www.ufz.de/index.php?en=4366
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