Dieses Wetter haben sich Förster und Waldbesitzer für das Frühjahr gewünscht: Viel Regen im Mai und kühle Temperaturen helfen den Waldbäumen und hemmen die Entwicklung von Schädlingen. In den 31 Waldklimastationen von Sachsenforst liegen die Messungen für die Niederschlagsmengen im hydrologischen Jahr seit dem November 2020 mit rund 400 mm über dem zehnjährigen Mittel (rund 370 mm).
2018 und 2020 waren die Messwerte zur gleichen Zeit fast 100 mm niedriger. Die mittleren Lufttemperaturen lagen im gesamten April und Mai 2021 im Schnitt nur an 6 Tagen (Mittelwert aus 15 sächsischen Waldklimastationen) über 16,5 °C − der entscheidenden Temperaturschwelle für den Schwärmflug der Borkenkäfer. 2020 wurde diese Schwelle im gleichen Zeitraum bereits doppelt bis dreimal so oft überschritten.
„Die Oberböden im Wald sind in den meisten Gebieten derzeit gut durchfeuchtet“, zeigt sich Landesforstpräsident Utz Hempfling erfreut. „Das hilft nicht nur den geschwächten Waldbäumen, sondern auch den vielen Jungpflanzen, welche Waldeigentümer mit großem Aufwand im Frühjahr gepflanzt haben.“ Die niedrigen Temperaturen verringern zudem die Aktivität von Schadinsekten.
„Viele Schädlinge können sich bei den niedrigen Temperaturen nicht mit derart hoher Geschwindigkeit entwickeln und fortpflanzen, wie sie es in den trocken-warmen Frühjahren der Vorjahre konnten“, erläutert Hempfling. Der Entwicklungsfortschritt der Borkenkäfer ist je nach Region daher aktuell gegenüber dem Vorjahr um bis zu drei Wochen verzögert. »Dadurch können viele Insektenarten nicht mehrere Generationen in einem Jahr bilden, wodurch insgesamt weniger Schädlinge im Wald unterwegs sind.“
Schäden an Laubbäumen und Kiefern zunehmend besorgniserregend
Entwarnung kann aber keinesfalls gegeben werden: „Viele Waldbäume in Sachsen sind durch Stürme, Trockenheit und Schädlinge oft nachhaltig geschwächt und konnten sich noch nicht vollständig erholen“, erklärt Hempfling. Auch konnte der Regen das große Niederschlagsdefizit aus den Vorjahren nicht ausgleichen, so dass tiefliegende Wasserreserven für die Wälder nicht wieder gefüllt sind.
Die aktuellen Monitoring-Ergebnisse für die Borkenkäfer an Fichten zeigen, dass weiterhin teils extrem hohe Populationsdichten der gefräßigen Insekten zu beobachten sind. Durch den späten Beginn ist die Schwärmaktivität teils sehr konzentriert. An 13 der insgesamt 83 Monitoring-Standorten wurden sogar höhere Fangzahlen im Vergleich zum Vorjahr registriert. Insgesamt ein Drittel der Standorte hat zudem den kritischen Schwellenwert von 3.000 Käfern pro Falle und Woche mindestens schon einmal überschritten.
Aktuelle Schwerpunkte dieser hohen Aktivität an Fichten sind auch diejenigen des Vorjahres: die Landkreise Bautzen und Görlitz sowie der Nationalpark Sächsische Schweiz, aber auch die Bereiche im Hügelland und die Lagen zwischen Chemnitz und Freiberg. Mittlerweile steigen die Fangzahlen auch in Höhenlagen von 650 bis 800 m ü. NN deutlich an und erreichten vereinzelt bereits vierstellige Werte.
Schwerpunkte der Schäden an Kiefern, Lärchen sowie Laubbäumen sind die nördlichen Gebiete von Sachsen. Hier mussten bereits im vergangenen Jahr − anders als bei der Fichte − weiter steigende Schadmengen festgestellt werden. Im Unterschied zur Fichte sind die Ursachen der Schäden hier oft sehr vielfältig: Diverse Pilz- und Insektenarten nutzen die stark vorgeschwächten Bäume, um sich zu vermehren. Nicht wenige Laubbäume − insbesondere Eschen, aber auch Ahorne oder Birken, punktuell auch Eichen − sind in diesem Frühjahr nicht wieder ausgetrieben.
Die Arbeiten müssen vorangehen − Absatzmöglichkeiten verbessern sich
„Wir müssen weiter sehr vorsichtig sein“, betont Hempfling vor dem Hintergrund der Messergebnisse. „Die Entwicklung der Schädlinge ist nur gebremst, nicht zum Erliegen gekommen.“ Und weiter: „Das Hauptaugenmerk der im Wald arbeitenden Menschen muss weiter auf der Suche nach frischem Befall an lebenden Bäumen liegen.“
Das charakteristische braune Bohrmehl, welches rindenbrütende Insektenarten hinterlassen, ist mittlerweile an den betroffenen Bäumen meist gut zu erkennen. Wind und Regen können die Suche aber erschweren. Wichtig ist es, die frisch befallenen Bäume − aber auch geschädigte Bäume aus dem Winterhalbjahr − schnellstmöglich aus den Wäldern zu entfernen, um Schädlingen keine zusätzlichen Vermehrungsmöglichkeiten zu bieten.
Derweil haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Waldbesitzer in Sachsen zumindest etwas verbessert. Auch wenn noch nicht das Vorkrisen-Niveau erreicht wurde, sind die Rohholz-Preise gestiegen. „Mit den höheren Preisen können Waldbesitzer die aufwendigen Sanierungen und die notwendige Wiederbewaldung besser finanzieren“, erklärt Hempfling.
Private und körperschaftliche Waldbesitzer haben auch weiterhin die Möglichkeit, auf umfangreiche Förderinstrumente des Freistaates und des Bundes zurückzugreifen. Die Revierleiterinnen und -leiter in den Forstbezirken und Schutzgebietsverwaltungen von Sachsenforst informieren Waldbesitzer dazu kostenlos auf Anfrage.
Zahlreiche regionale Forstunternehmer stehen den Waldbesitzern für Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung. Aufwendig und teuer gestalten sich demgegenüber für Waldbesitzer die zunehmend notwendigen Maßnahmen für die Verkehrssicherung entlang öffentlich gewidmeter Wege im Wald oder besonderer sensibler Bereiche.
Landesforstpräsident Utz Hempfling zeigt sich abschließend zuversichtlich: „Die derzeitige Witterung unterstützt die Forstwirtschaft in Sachsen bei ihren großen Bemühungen, die Krisensituation weiter zu entschärfen. Wir dürfen in unseren Gegenmaßnahmen aber nicht nachlassen.“
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