Viele Studierende befinden sich weiterhin in einer schweren finanziellen Notlage. Das Anhalten der Pandemie verschlimmert die Lage zusehends. Das BMBF unter Bildungsministerin Karliczek ändert jedoch weiter nichts an den stark kritisierten Überbrückungshilfen, um den Studierenden unter die Arme zu greifen.
Die Überbrückungshilfen waren schon bei ihrer Ankündigung vor einem Jahr absolut unzureichend und wurden bereits damals von vielen Studierendenverbänden kritisiert. Grund dafür ist v.a. der Höchstbetrag von 500 €, der die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten der Studierenden bei Weitem nicht deckt.
Zudem funktioniert dieser als Aufstockung, das bedeutet, dass 500 € nur ausgezahlt werden, wenn der Kontostand unter 100 € beträgt. Dazu kommen große bürokratische Hürden, die den Antragstellenden das Leben unnötig schwer machen und sie mit abgelehnten Anträgen und zerstörten Existenzen zurücklassen.
„Die Lebenshaltungskosten eines Studierenden im Bundesdurchschnitt liegen bei 867 €. Aufgrund regionaler Unterschiede können diese sogar noch deutlich höher sein. Die Überbrückungshilfen sind dagegen ein Witz. Das BMBF rühmt sich auf seiner Website damit, dass im Schnitt pro bewilligten Antrag 436 € ausgezahlt werden. Im Umkehrschluss heißt das aber, dass diese Studierenden davor bereits weniger als 100 Euro auf dem Konto hatten. Da geht es an die Existenz.“ kritisieren die Landesstudierendenvertretungen.
Besonders fatal ist dieser Umstand, da Studierende von den sozialen Sicherungsnetzen der Gesellschaft nicht aufgefangen werden. 93 % der Studierenden sind Vollzeitstudierende und haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder sonstige Sicherungen. 68 % der Studierenden hatten vor Beginn der Pandemie einen Nebenjob.
Trotz Vollzeitstudium sind 86 % davon auf dieses Einkommen angewiesen gewesen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Schätzungen zufolge haben etwa die Hälfte der Studierenden ihren Job in der Pandemie verloren. [1] Ohne adäquate Hilfe stehen sie vor dem Nichts.
Der Hauptablehnungsgrund für Anträge auf Überbrückungshilfe ist, dass die Notlage, in der sich die Studierenden befinden, nicht pandemiebedingt ist. [2] Studierende, die schon vor der Pandemie kaum über die Runden kamen, gehen leer aus.
Um die Überbrückungshilfen in Anspruch nehmen zu können, muss von den Studierenden mittlerweile nachgewiesen werden, dass sie innerhalb der letzten zwei Monaten versucht haben, ihre pandemiebedingte Notlage zu ändern, zum Beispiel durch abgelehnte Bewerbungen. [3] Aber in den vergangenen Monaten haben weder die Gastronomie noch die Kultur- und Messebranche wieder öffnen können, eine der Haupteinnahmequellen für Studierende.
Es hätte auch eine Alternative zu den Überbrückungshilfen gegeben: Eine Öffnung des BAföG, sodass auch Studierende, die unter normalen Umständen keinen Anspruch auf diese Unterstützung gehabt hätten, mit aufgefangen werden. Im Jahr 2019 wurden 900 Millionen €, die für das BAföG vorgesehen waren, nicht ausgeschöpft. Eine solche Maßnahme wäre also sinnvoll und finanzierbar gewesen. [4] Doch die CDU-Bildungsministerin Karliczek hat sich konsequent geweigert, diese einfache Form der Hilfe umzusetzen. Ihrer Meinung nach fehlte dafür die Zeit. [5]
Die Landesstudierendenvertretungen sehen die Probleme mit den Überbrückungshilfen als Symptom eines strukturellen Problems: „Das BAföG ist veraltet und unterstützt nur noch einen Bruchteil der Studierenden. Anstatt weiter an den ohnehin unzureichenden Überbrückungshilfen herumzudoktern, sollte sich die Bundesregierung endlich eine große BAföG-Reform auf die Fahne schreiben: Eine Reform, die die Förderquoten wieder erhöht, weniger Bürokratie erfordert und sich an den realen Lebensbedingungen der Studierenden misst“, fordern die Landesstudierendenvertretungen.
Dieses Jahr wird das BAföG 50 Jahre alt. Aktuell gibt es viel Reformbedarf, daran besteht kein Zweifel. Auch die Hochschulrektorenkonferenz, das Deutsche Studentenwerk [sic] und das Bündnis „50 Jahre BAföG – (k)ein Grund zu feiern!?“ haben sich deutlich für eine studierendenfreundlichere und realitätsnähere Ausführung des BAföG ausgesprochen. [6,7] Dass es der Regierung jedoch offensichtlich an politischem Willen fehlt, ist für die Landesstudierendenvertretungen unverständlich. Sie wollen auch weiterhin das Thema in die Öffentlichkeit bringen und den Druck hochhalten.
[1] https://jusohochschulgruppen.de/content/uploads/2020/07/Studieren-w%C3%A4hrend-der-Covid19-Pandemie_Analyse.pdf
[2] https://www.studentenwerke.de/de/content/%C3%BCberbr%C3%BCckungshilfe-f%C3%BCr-studierende-ist
[3] https://www.bmbf.de/de/wissenswertes-zur-ueberbrueckungshilfe-fuer-studierende-11509.html
[4] https://latnrw.de/offener-brief-studieren-in-zeiten-von-corona/
[5] https://www.forschung-und-lehre.de/lehre/karliczek-gegen-bafoeg-oeffnung-wegen-corona-krise-2704/
[6] https://bafoeg50.de/
[7] https://www.studentenwerke.de/de/content/voll-unterst%C3%BCtzung-f%C3%BCr-die-hrk-forderung
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