Vor wenigen Tagen wurde durch das Sächsische Innenministerium bekannt, dass der Landkreis Leipzig, bezogen auf die Bevölkerungsanzahl, Spitzenreiter im Bereich rechtsmotivierter Straftaten ist. Dies überrascht die Mitglieder des Runden Tisches Migration wenig, da Rassismus und Rechtsextremismus im Landkreis fest verankert sind.
Entgegen der Position der Sprecherin des Landratsamtes, Brigitte Laux, die gegenüber dem MDR die hohe Zahl rechtsmotivierter Straftaten mit den vielen diskriminierungssensiblen Initiativen und Akteur/-innen begründete, sieht der Runde Tisch Migration die Haltung und strukturelle Situation im Landkreis mitverantwortlich.
Dazu Carolin Münch vom Verein Bon Courage aus Borna: „Im gesamten Landkreis Leipzig steht es nicht gut um die Projektlandschaft, welche sich für eine offene Gesellschaft und gegen Rechts engagiert. So werden im Jahr 2021 beispielsweise keine neu beantragten Projekte im Landkreis Leipzig aus dem Fördertopf ‘Integrative Maßnahmen’ gefördert. Das bedeutet den Wegfall etablierter und gut angenommener Beratungs- und Unterstützungsstrukturen. Wir befürchten, dass bald keine Akteur/-innen mehr da sind, die sich für Menschenrechte und eine offene und inklusive Migrationsgesellschaft im Landkreis Leipzig einsetzen.“
Auch andere Mitglieder des Runden Tisches kritisieren die Äußerungen der Landkreissprecherin. Dazu Hannah Franke von der Infostelle Asyl und Bildung in Grimma: „Menschen, die in unsere Beratung kommen, berichten uns immer wieder von rassistischen und rechten Anfeindungen und Bedrohungen. Die wenigsten davon werden jedoch bei der Polizei zur Anzeige gebracht und fließen in die Statistik ein. Es ist also vielmehr davon auszugehen, dass die Dunkelziffer auch im Landkreis noch wesentlich höher ist.“
Dies belegt auch die Vorfallsstatistik zu rechter Gewalt der Opferberatung Support. Deren Beraterin Lena Nowak: „Wir haben auf der einen Seite über Jahrzehnte etablierte rechte Strukturen und unwidersprochen Alltagsrassismus im Landkreis und auf der anderen Seite Menschen, insbesondere mit Fluchtbiografie, die in prekären und wenig selbstbestimmten Situationen leben, was sie zusätzlich verletzbar für Gewalt macht.“
Aus Sicht des Runden Tisches besteht ein besonderer Förderbedarf von Projekten für Zivilcourage, Menschenrechte und Demokratie im Landkreis Leipzig.
Carolin Münch: „Es muss sich weiterhin konsequent gegen Rechts positioniert und engagiert werden, statt Projektförderungen in diesem Kontext zu beschneiden. Ziel sollte es sein, dass Landkreisverwaltung und zivilgesellschaftliche Vereine und Akteur/-innen gemeinsam gegen menschenverachtende und gewalttätige Vorfälle auftreten sowie sich mit Betroffenen rechter Straftaten solidarisieren und – so wie (es) das Leitbild des Kreises vorsieht – an einem familienfreundlichen und weltoffenen Landkreis zu arbeiten, in dem alle Menschen sicher und gerne leben.“
Der Runde Tisch Migration ist ein Zusammenschluss verschiedener Initiativen, Vereine, Wohlfahrtsverbände und Einzelpersonen aus dem Landkreis Leipzig. Seit seiner Gründung 2012 setzt er sich für die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte im Landkreis ein.
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