Sobald die Temperaturen in Sachsen wieder steigen und die Tage im Frühjahr länger werden, erwachen Borkenkäfer und andere Schadinsekten aus der Winterruhe und schwärmen auf der Suche nach neuen Brutbäumen aus. Für Waldbesitzer und die im Wald arbeitenden Menschen bedeutet das viel Arbeit und aufmerksames Handeln: gefährdete Waldbäume werden jetzt intensiv auf frischen Insektenbefall kontrolliert.
Die frisch befallenen Bäume müssen gefällt und aus den Wäldern abgefahren oder im Wald unschädlich gemacht werden, bevor die neue Käfergeneration diese verlässt.
„Die sächsischen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer haben in den vergangenen Jahren mit riesigem Engagement auf den Borkenkäferbefall reagiert“, würdigt Forstminister Wolfram Günther das Handeln der Waldbesitzer. Gleichzeitig gibt Günther einen Ausblick: „Auch in diesem Jahr müssen und werden unsere Bemühungen darauf abzielen, Schäden einzugrenzen. Die Aufgabe bleibt groß. Zugleich werden wir die Erfassung und Aufarbeitung der Schäden in besonders betroffenen Gebieten forcieren – und zwar unabhängig von der Eigentümerschaft.“
Weiterhin regt Günther eine Zusammenarbeit der Waldbesitzer an: »Ich möchte die Waldbesitzerinnen und -besitzer ermutigen, sich gegenseitig zu unterstützen, in Forstbetriebsgemeinschaften zusammenzuarbeiten und die verschiedenen Unterstützungsleistungen des Freistaates in Anspruch zu nehmen. Letztlich brauchen wir gemeinsame Anstrengungen für deutlich klimastabilere Mischwälder, die nicht so anfällig zum Beispiel für Borkenkäferbefall sind.“
Schäden und Sanierung auf Rekordniveau
Im Vergleich zum Rekordjahr 2019 sind die Schadholzmengen in Sachsen – vor allem bei der Baumart Fichte – im Jahr 2020 etwas zurückgegangen (von rund 2,2 auf 1,8 Millionen Kubikmeter). Dieser Trend wurde durch die gemeinsamen Anstrengungen der Waldbesitzer und ihren Zusammenschlüssen sowie der Forstbehörden und Forstunternehmer erreicht.
Positiv wirkten sich auch günstigere Witterungsbedingungen (mehr Niederschlag) in einigen Regionen Sachsens aus. Dennoch ist die Situation in den sächsischen Wäldern immer noch sehr angespannt: Schäden durch Borkenkäfer befinden sich weiterhin auf einem historisch hohen Niveau. Gleichzeitig haben die Schäden bei Kiefern und Laubbäumen besonders im Hügel- und Tiefland durch die immer noch zu geringen Wasservorräte in den Böden weiter zugenommen.
Die Aufarbeitung des geschädigten Holzes konnte im vergangenen Jahr deutlich verbessert werden. Eine rasche sowie frühzeitige Befallserkennung, der Einsatz zahlreicher Helfer und eine ausreichende Anzahl forstlicher Unternehmer ermöglichten eine zügige Sanierung der entstandenen Schäden. „Insbesondere im Kleinprivatwald jedoch, ist die Situation aufgrund der gegenwärtigen Rahmenbedingungen weiterhin schwierig“, betont Reinhard Müller-Schönau, Vorsitzender des Sächsischen Waldbesitzerverbandes e.V.
Besitzer sehr kleiner Waldflächen haben kaum Zugriff auf Forstfachkräfte und kostspielige Forsttechnik, sie verfügen außerdem oft nicht über forstliches Fachwissen. „Weiterhin setzen drastisch gesunkene Holzpreise und gleichzeitig deutlich gestiegene Pflanzenpreise die zahlreichen Waldbesitzer zusätzlich unter enormen Druck2, beschreibt Müller-Schönau die Situation der Waldbesitzer.
Abgestimmtes Krisenmanagement und ungewisse Entwicklung
Die forstlichen Akteure in Sachsen arbeiten bei der Schadensbehebung eng zusammen. Eine eigentumsübergreifende Erfassung und Aufarbeitung der Schäden soll in Gebieten forciert werden, die besonders betroffen sind und wichtige Waldfunktionen erfüllen – denn für die Ausbreitung der Borkenkäfer spielen die Grenzen des Waldeigentums keine Rolle.
Auf größeren Schadflächen wird die Pflanzung forciert, um einer schnellen Ausbreitung von Gräsern oder Brombeere zuvorzukommen. Da, wo von Natur aus keine oder nicht an den Standort angepasste Baumarten nachkommen, müssen neue, für künftige Herausforderungen geeignete, Bäume gepflanzt werden.
Eine schnelle Aufarbeitung und Wiederbewaldung der Schadflächen ist nicht nur für den Waldbesitzer wichtig, sondern auch für die Allgemeinheit von großer Bedeutung. Wälder tragen zum Arten-, Klima- und Wasserschutz bei, bieten Raum für Erholungssuchende und ermöglichen eine nachhaltige Holznutzung. Nur stabile, arten- und strukturreiche Wälder können diesen unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. „Eine gesellschaftliche Honorierung der vielfältigen Ökosystemleistungen, die Waldbesitzer mit ihrem Wald erbringen, würde ich sehr begrüßen“, so Müller-Schönau.
Die weitere Entwicklung des Schadgeschehens ist neben der schnellen Erkennung von frischem Befall und der Umsetzung der Gegenmaßnahmen insbesondere von der Witterung abhängig. Ausbleibende Niederschläge, insbesondere während der Vegetationszeit, oder erhebliche Sturmschäden und hohe Temperaturen können die Schäden wieder deutlich ansteigen lassen.
Unterstützungsmöglichkeiten und Hilfe zur Selbsthilfe für Waldbesitzer
Waldbesitzer können gemeinsam handeln und sich für eine gemeinschaftliche Bewirtschaftung ihrer Flächen zu sogenannten Forstbetriebsgemeinschaften zusammenschließen oder sich bestehenden anschließen. Der Zusammenschluss bringt für die Waldbesitzer vielerlei Vorteile: Zum einen kann teure Forsttechnik auf allen Flächen gemeinsam genutzt werden. Zum anderen können durch die gebündelte Vermarktung des Holzes bessere Preise erzielt werden.
Waldwege können über Eigentumsgrenzen hinweg unkompliziert gebaut und unterhalten werden. Die Pflanzenbestellung beispielsweise für die Wiederaufforstung kann zentral organisiert werden. In Sachsen agieren derzeit 22 Forstbetriebsgemeinschaften mit insgesamt rund 1.650 Mitgliedern und einer zusammengeschlossenen Fläche von etwa 51.300 Hektar.
Waldbesitzer und Forstbetriebsgemeinschaften können sich zu allen Fragen der Waldbewirtschaftung und Schadensbewältigung von den Revierleitern von Sachsenforst kostenlos beraten lassen. Sachsenforst bietet für Waldbesitzer im Rahmen der Aus- und Fortbildung auch fachliche Veranstaltungen (z.B. Waldbesitzerschulungen zu aktuellen Themen) an. Diese können jedoch aufgrund der Corona-Beschränkungen nur sehr eingeschränkt oder als Videokonferenz durchgeführt werden. Über die weiteren Möglichkeiten der Unterstützung vor Ort informiert die Waldbesitzer der zuständige Revierleiter.
Private und körperschaftliche Waldbesitzer können die Förderrichtlinie Wald und Forstwirtschaft für die Bewältigung der Waldschäden und den Waldumbau in Anspruch nehmen. Für Maßnahmen zur Borkenkäferbekämpfung sowie für die Wiederbewaldung der Schadflächen stehen seit 2020 bis zum Jahr 2023 insgesamt rund 38 Millionen Euro zur Verfügung.
Was sollten Waldbesitzer jetzt tun?
* Mit dem Beginn des Schwärmens ihre Wälder in den nächsten Monaten intensiv auf frischen Befall durch Borkenkäfer und andere Schadinsekten kontrollieren. Besonders gefährdet sind die sehr anfälligen Reinbestände aus Fichten, Kiefern oder Lärchen, in denen bereits im Vorjahr Befall aufgetreten ist.
* Bei frischem Befall sofort handeln. Solange die Entwicklung der Larven noch nicht abgeschlossen ist, können mechanische Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
* Die befallenen Bäume fällen und die Stämme so schnell wie möglich aus dem Wald bringen, um den Ausflug der neunen Käfergeneration und damit ein Übergreifen auf gesunde Bäume und das Absterben ganzer Waldgebiete zu verhindern.
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