Am frühen Morgen hat eine Gruppe Aktivist/-innen von Extinction Rebellion (XR) und Animal Rebellion (AR) zwei Nordsee-Filialen in der Leipziger Innenstadt mit Absperrband und Plakaten („Geschlossen wegen Ausbeutung“) blockiert, um auf die Auswirkungen der industriellen Fischerei aufmerksam zu machen.
In Anlehnung an die neue Netflix-Dokumentation „Seaspiracy“ kritisieren die Aktivist/-innen die ausbeuterischen Methoden der Fischereiindustrie, die zur Beschleunigung der Klimakatastrophe, der Zerstörung ganzer Ökosysteme, der Verbreitung unwürdiger Arbeitsbedingungen und dem Raub der Ernährungsgrundlage im Globalen Süden führen. Die Restaurant-Kette Nordsee stellt laut XR und AR keine Ausnahme dar, weswegen die Aktivist/-innen dazu aufrufen, Nordsee, sowie Fisch als Nahrungsmittel zu boykottieren.
„Nachhaltiger Fischfang bedeutet weniger Fischfang, und am besten sogar gar keinen industriellen Fischfang mehr, wo es gute Alternativen gibt. Der Globale Norden ist auf Fischfang als Nahrungsquelle nicht angewiesen, und doch vernichten wir durch industrielle Fischerei in den Ozeanen nicht nur täglich weitere Arten, sondern bringen auch ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht, das viermal so viel CO2 speichert, wie der Amazonas-Regenwald.
Um den Fischhunger des Globalen Nordens zu stillen, plündern Fangflotten die Bestände in den Küstenbereichen des Globalen Südens und berauben somit Küstenbewohner:innen ihrer Ernährungsgrundlage. Auch ist insbesondere auf Hochseefischereien Zwangsarbeit weit verbreitet. So setzen sich ausbeuterische, imperialistische und neokoloniale Strukturen in der Fischereiindustrie fort,“ kritisiert Fabius Kaiser von AR.
Nordsee selbst gibt sich einen verantwortungsbewussten Anstrich: 86,5 % der Fischrohware stamme aus zertifizierten Beständen. Doch diese Siegel wurden wiederholt als „Blue-Washing“ entlarvt, allen voran das viel kritisierte MSC-Siegel: Obwohl es das weltweit „strengste“ Wildfang-Label für Meeresfisch ist, reichen für die Zertifizierung minimale Standards aus, dessen Einhaltung durch von den Fischereien selbst ausgesuchte Firmen überprüft wird. So kommt es unter dem MSC-Siegel zu Grundschleppnetzfischerei und hohen Beifängen.
Außerdem werden bedrohte Dornhaibestände befischt, deren Schwermetall-belastete Bauchlappen auch bei Nordsee verkauft werden. Nordsee garantiert jedoch nicht einmal dafür, dass eine Zertifizierung mit diesem Siegel gegeben ist.
Der von der Industrie als nachhaltige Alternative beworbene Fisch aus Aquakultur ist in Wahrheit auch nur marine Massentierhaltung, mit den gleichen Problemen: Krankheiten, Gülle, hoher Einsatz von Chemikalien und Antibiotika.
„Die Fischindustrie ist ein eindrückliches Beispiel für die Kurzsichtigkeit kapitalistischer Produktionsweisen. Es ist weithin bekannt, dass große Teile der Fischbestände schon jetzt überfischt sind. Die Großkonzerne begehen aus Profitgier nicht nur ungeheuerliche Verbrechen an Menschen, Tieren, und den natürlichen Lebensgrundlagen, sondern zerstören auch die Grundlage für ihren eigenen Profit. Unsere Kritik richtet sich nicht an Menschen, die insbesondere im Globalen Süden vom Fischfang leben, sondern an die großen Konzerne der Fischindustrie,“ so Sarah Haug von XR.
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