Spitzenvertreter aus Politik, Landwirtschaft, Weiterverarbeitung und Handel haben sich am Montag (8.2.) zum ersten sächsischen Schlachthofgipfel getroffen. An dem virtuellen Meeting nahmen neben Landwirtschaftsminister Wolfram Günther und Bauernpräsident Torsten Krawczyk auch die Landesinnungsmeisterin des sächsischen Fleischerinnungsverbandes, Nora Seitz, sowie Lutz Rothe aus dem Verarbeitungssektor teil. Hinzu kamen weitere rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Erzeugungs- und Weiterverarbeitungsstufen sowie der beruflichen Bildung.
Ziel des Gipfels war, die Entwicklung einer Wertschöpfungskette in sächsischer Hand von der Urproduktion bis zum Konsumenten mit dem Schlachthof als wesentlichem Lückenschluss zu diskutieren.
„Das Ziel, in Sachsen eine Dienstleistungsschlachtstätte zunächst für Schweine zu etablieren, treibt mich schon sehr lang an. Die aktuelle Corona-Pandemie mit ihren aufgezeigten Extremen für die Fleischerzeugung insgesamt hat das Ganze zusätzlich befeuert. Nun ist es uns endlich gelungen, alle wesentlichen Akteure der gesamten Wertschöpfungskette zusammenzubringen. Miteinander wollen wir jetzt Lösungen für reale Probleme und kommende Herausforderungen erarbeiten und gemeinsam mit dem Ministerium nach Möglichkeiten suchen, sie umsetzen zu können“, beschreibt Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes e. V. (SLB) die Ausgangssituation.
„Die Schlachtkapazitäten in Sachsen reichen seit Jahren nicht aus“, so Landwirtschaftsminister Wolfram Günther. „Ich freue mich daher, dass die Initiative zur Erweiterung der Kapazitäten von Erzeugern und Verarbeitern gemeinsam getragen wird. Der Austausch aller an der regionalen Wertschöpfung Beteiligten ist richtig und notwendig. Im Rahmen unseres Konjunkturprogramms ›Nachhaltig aus der Krise‹ können wir gezielt die Konzeption und modellhafte Umsetzung von Maßnahmen zur Viehschlachtung unterstützen, um die regionalen Wertschöpfungsketten dauerhaft zu stärken.
Regionale Schlachtung vermeidet lange Tiertransporte. Regionale Produkte und Vermarktung schaffen Vertrauen. Und eine gestärkte regionale Wertschöpfung bietet wirtschaftliche Perspektiven angesichts schwieriger Marktbedingungen und stärkt den Bereich qualitativ hochwertiger Lebensmittel. Außerdem ist regionale Wertschöpfung weniger krisenanfällig und bei entsprechender Transportbilanz ein Beitrag zum Klimaschutz.“
Im Zuge der Corona-Pandemie verzeichnen Erzeuger, Fleischereibetriebe und Handel eine gestiegene Nachfrage nach regionalen Qualitätserzeugnissen. Dabei spielt die Transparenz von Herkunft, Haltung, Transport und Verarbeitung eine zunehmend entscheidende Rolle für die Konsumentinnen und Konsumenten.
Der Bedarf an Schweinefleisch in Sachsen kann derzeit jedoch nur zu rund einem Drittel aus heimischer Tierhaltung gedeckt werden. Zunehmend sind Landwirtschaftsbetriebe bestrebt, die regional wachsende Nachfrage zu bedienen. Dabei erweist sich die Verarbeitung nicht als das größte Problem, sondern vielmehr die fehlenden Schlachtkapazitäten vor Ort.
Hintergrund:
Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zeigte in seinem Vortrag, dass die Konzentration im deutschen Schlachthofsektor in den letzten Jahren stark zugenommen hat – über 80 Prozent der Rinder und Schweine werden in jeweils zehn der größten deutschen Unternehmen geschlachtet. Als Fazit stellte er fest, dass in Sachsen die Voraussetzungen durchaus vielversprechend seien, dass regionale Schlachthöfe die Vermarktungschancen verbessern und somit langfristig zu höheren Erzeugerpreisen führen könnten.
Im sächsischen Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien die Entwicklung und Stärkung von Wertschöpfungsketten und Absatzmöglichkeiten sowie die Förderung regionaler Verarbeitungs- und Vermarktungsstrategien vereinbart. Auf dieser Grundlage hat das SMEKUL im vergangenen Jahr die Mehrwert-Initiative „Nachhaltig aus der Krise“ auf den Weg gebracht.
Mit der politischen Wende 1990 waren neben dem drastischen Rückgang der sächsischen Nutztierhaltung, insbesondere bei Schweinen, auch die Schlacht- und Verarbeitungskapazitäten weggebrochen. In den 1990er Jahren wurden zwar mithilfe vieler Fördermittel Schlachthöfe in Naunhof bei Radeburg und Chemnitz errichtet, die aber später wieder geschlossen wurden. Seither wird ein beträchtlicher Teil der sächsischen Schweine in Betrieben außerhalb des Freistaats geschlachtet.
Lediglich die Färber GmbH in Belgern deckt einen regionalen Anteil an Schlachtkapazitäten im nordsächsischen Raum ab. Dies hat zu Abhängigkeiten von überregionalen bzw. internationalen Waren- und Leistungsströmen geführt, auf die sächsische Erzeuger und Verarbeiter wenig Einfluss haben und die darüber hinaus die regionale Wertschöpfung minimieren. Ausreichend gute Alternativen für eine Lohnschlachtung von Schweinen in anderen Bundesländern stehen derzeit ebenso nicht zur Verfügung. Verbliebene Schlachtkapazitäten in Sachsen sind an ihre Kapazitätsgrenzen angelangt.
Keine Kommentare bisher