Die Beschäftigten vom Kabelwerk in Meißen sind nicht nur beharrlich, sondern in harten Lockdown-Zeiten auch kreativ: Ihren fünften Warnstreik innerhalb von fünf Wochen für bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen am Montag, 14. Dezember, initiierten sie als Autokorso durch die Meißener Innenstadt. Geschmückt mit roten Fahnen der IG Metall drehten sie laut hupend einige Runden durch die Meißener City, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen: endlich bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen im Kabelwerk Meißen!
„Mit diesem beeindruckenden Autokorso haben wir unsere berechtigten Forderungen für bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen sehr öffentlichkeitswirksam zu den Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt Meißen gebracht“, sagt Kersten Tittel, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender im Kabelwerk Meißen.
„Dadurch haben viele Meißenerinnen und Meißner mitbekommen, was für einen renitenten Geschäftsführer wir haben, der den Dialog mit der Belegschaft hartnäckig verweigert und jegliche Gespräche über Tarifverhandlungen ablehnt.“
Die inakzeptablen Zustände im Kabelwerk Meißen sind inzwischen auch bei der Meißener Kommunalpolitik und in der sächsischen Landespolitik ein Thema. „Der Oberbürgermeister und einige Lokalpolitiker haben sich inzwischen als Schlichter zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat angeboten“, sagt Betriebsrat Kersten Tittel.
„Das ist jedoch paradox: Tarifverhandlungen zu führen, ist keine Aufgabe des Betriebsrates. Für Tarifverhandlungen ist allein die Gewerkschaft zuständig. Eine weitere Krux ist ja zudem, dass es momentan noch gar nichts zu schlichten gäbe, weil der Geschäftsführer bisher noch nicht einmal bereit ist, sich unsere Forderungen überhaupt anzuhören.“
Die Zuständigkeit der Gewerkschaft in dieser Auseinandersetzung betont auch Gewerkschaftssekretär Steven Kempe von der IG Metall Riesa. „Verhandlungen zum Entgelt und über die wöchentliche Arbeitszeit sind tarifvertragliche Inhalte. Für Tarifverhandlungen ist ausschließlich die im Betrieb vertretene Gewerkschaft zuständig, also die IG Metall. Laut Gesetz sind Tarifverhandlungen Aufgabe der Tarifparteien, das heißt von Arbeitgeber und IG Metall“, erläutert Steven Kempe.
„Wenn die Geschäftsführung das endlich akzeptieren und Verhandlungsbereitschaft mit der IG Metall signalisieren würde, wären wir schon einen wesentlichen Schritt weiter. Auf Dauer wird der Arbeitgeber sich den berechtigten Interessen der Belegschaft nicht verweigern können. Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen mit einem guten Tarifvertrag nicht nur eine motiviertere Belegschaft haben, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher sind.“
Gewerkschaftssekretär Steven Kempe stellt klar: „Wir fordern keine exorbitante, kurzfristige Lohnerhöhung. Aber es muss für die Kolleginnen und Kollegen die klare Perspektive geben, dass es sich zukünftig lohnt, im Kabelwerk zu arbeiten.“
Der Hintergrund der Eskalation des Konflikts im Kabelwerk Meißen ist folgender: Seit elf Jahren haben die Beschäftigten keine Lohnerhöhung mehr erhalten. Doch das ist nicht ausschließlich der Grund für ihre Unzufriedenheit. Die Sturheit des Geschäftsführers, weiterhin in Gutsherrenart über die Lohn- und Arbeitsbedingungen entscheiden zu wollen, schürt den Unmut in der Belegschaft zusätzlich. Die 130 Kolleginnen und Kollegen im Kabelwerk sind nicht bereit, diese Ungerechtigkeit noch länger hinzunehmen.
Um ihre Forderung nach einem fairen Tarifvertrag zu untermauern, haben die Beschäftigten in den vergangenen Wochen bereits an vier mehrstündigen Warnstreiks teilgenommen. Gewerkschaftssekretär Steven Kempe und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Kersten Tittel kündigen gemeinsam an: „Wenn der Arbeitgeber weiterhin keine Gesprächsbereitschaft zeigt, werden die Kolleginnen und Kollegen ihre Warnstreiks und Aktionen auch im kommenden Jahr weiterführen und ausweiten.“
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