Die Kabelwerk Meißen Wilhelm Balzer GmbH befindet sich seit langem in einer wirtschaftlich angespannten Lage: Im Durchschnitt der vergangenen acht Jahre betrug der jährliche Verlust 1,45 Mio. Euro. Insgesamt wurden trotz leichter Gewinne in den Jahren 2018/19 Verluste in Summe von 11,7 Mio. Euro gemacht. Damit beträgt der Schuldenstand der Kabelwerk Meißen Wilhelm Balzer GmbH aktuell rund 20 Mio. Euro bei einem negativen Eigenkapital von 3 Mio. Euro.
„Wir konnten das Unternehmen in den vergangenen Jahren nur mit erheblicher finanzieller Unterstützung der Gesellschafter und mit einer großen Flexibilität der Beschäftigten am Laufen halten“, erklärt Geschäftsführer Lars Balzer. „Seit Jahren sichern die Gesellschafter mit Bankbürgschaften und Investitionen unser Werk in Meißen und die 140 Arbeitsplätze.“
„Wir mussten 2017 den Haustarifvertrag kündigen, um dieses Unternehmen überhaupt weiter betreiben zu können“, betont Balzer. Aufgrund der Marktsituation, der prekären Ertragslage und der nötigen Flexibilität konnte das Kabelwerk die Werte in der Lohntabelle seit Jahren nicht erhöhen.
„Das bedauern wir sehr, zahlen jedoch seit Jahren acht Prozent Leistungsprämie als Fixum zum Lohn. Der Einstieg in das Kabelwerk erfolgt daher im produktiven Bereich mit einem Stundenlohn von 11,79 Euro.“ Seit 2018 wurden bei rund 70 Mitarbeitenden die Einkommen erhöht. Dies erfolgte entweder durch regelmäßige Zulagen oder Beschäftigte wurden hochgestuft in besser bezahlte Lohngruppen.
Flexibilität für den Erhalt der Arbeitsplätze und des Standorts
„Seit Monaten versuchen wir, mit dem Betriebsrat in konstruktive Gespräche einzutreten, um die Wettbewerbssituation des Standortes zu sichern. Ebenso wurden schon Angebote zu Lohnsteigerung bei gleichzeitiger Ausweitung der Wochenarbeitszeit mit vollem Lohnausgleich gemacht. Unsere Vorbedingungen waren lediglich: Flexibilität bei Arbeitszeit und Löhnen für den Erhalt der Arbeitsplätze und des Standorts“, betont der Geschäftsführer.
„Leider ist der Betriebsrat bisher nicht zu konstruktiven Gesprächen im Sinne der Beschäftigten und des Unternehmens bereit, sondern beharrt auf seiner Maximalforderung.“
Mit diesem Verhalten ignoriert der Betriebsrat die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Die Streiks, so befürchtet Lars Balzer, könnten das Vertrauen von Kunden und Gesellschaftern in das Kabelwerk erschüttern: „Wir bewegen uns auf dünnem Eis – darunter lauert die eiskalte Insolvenz des Kabelwerks Meißen. Das wollen wir unbedingt verhindern! Sicherheit für das Unternehmen und seine Beschäftigten bietet nur der wirtschaftliche Erfolg. Ein Haustarifvertrag steht dem bei der jetzigen Markt- und Kapitalsituation diametral entgegen.“
Daher fordert der Geschäftsführer den Betriebsrat erneut auf, in Gespräche um eine konstruktive Lösung mit einem neuen erfolgsorientierten Entlohnungssystem für die Beschäftigten einzusteigen.
„Ein Beharren auf Maximalforderungen bringt bestenfalls der Gewerkschaft neue Mitgliedsbeiträge – unserem Unternehmen und seinen Beschäftigten fügt diese Haltung nur Schaden zu!“
Marktanforderungen verlangen Flexibilität
Die Kabelwerk Meißen Wilhelm Balzer GmbH produziert Kabel und Leitungen für die Industrie vor allem aus den Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Medizintechnik und E-Mobility. Mit diesen Produkten steht das Kabelwerk in einem sehr herausfordernden Marktumfeld. Das Unternehmen konkurriert mit Wettbewerbern im In- und Ausland. Vor allem international gibt es Wettbewerber, die diese Produkte deutlich günstiger anbieten können.
Zu der schwierigen Marktlage tragen auch die aktuellen Entwicklungen in der Branche bei: Schon vor Corona steckte die Industrie in der Rezession, die Pandemie hat das nochmals verschärft durch politische Vorgaben und Regularien, die das unternehmerische Handeln begrenzen.
Gleichzeitig wachsen die Anforderungen der Kunden hinsichtlich Qualität, Preis, Lieferzeiten und Service: Wer diese nicht erfüllt, wird Aufträge verlieren! Aktuell sind sehr kurze Lieferzeiten erforderlich, um die Produktion mit Aufträgen zu füllen und Kurzarbeit zu verhindern.
Über die Kabelwerk Meißen Wilhelm Balzer GmbH
Das Balzer Kabelwerk führt seine Wurzeln auf eine 1864 gegründete Fabrik zur Herstellung von Zündschnüren zurück. Ab 1990 wurde das Kabelwerk Meißen von der Siemens AG übernommen. Mitte 1995 erfolgte die Umfirmierung zur heutigen Kabelwerk Meißen Wilhelm Balzer GmbH.
Unter den verschiedenen Namen und Gesellschaftsformen entwickelte sich die Firma in mehr als 150 Jahren zu einem modernen Produzenten für Kabel und Leitungen und darf sich als eines der ältesten, kontinuierlich in dieser Branche agierenden Unternehmen in Deutschland bezeichnen.
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