Silvester ohne Raketen und Böller – darüber zeigen sich Mediziner erleichtert. "Die Krankenhäuser haben durch die Corona-Pandemie ohnehin sehr viele Patienten. Da wären schwere Handverletzungen, wie wir sie seit Jahren an Silvester erleben, eine zusätzliche Belastung", sagt Dr. Rima Nuwayhid, Assistenzärztin der Plastischen und speziellen Handchirurgie des Universitätsklinikums Leipzig (UKL).
„An den Silvesterabenden der vergangenen Jahre standen in unserer Notaufnahme – neben den Unfallchirurgen, für die der Jahreswechsel auch der intensivste Nachtdienst des Jahres ist – drei Chirurgen bereit, nur um Böllerverletzungen zu behandeln. Wenn es diesmal keine solche Traumata geben würde, wären alle sehr froh. Denn Handverletzungen durch Silvesterknallerei – das brauchen wir nicht noch zusätzlich zu COVID-19.“
Froh, dass nichts passierte – das wären auch viele der Verletzten aus den vergangenen Jahren selbst gern. In keiner Nacht verletzen sich so viele Menschen die Hände, wie zu Silvester. Alkohol und Übermut plus illegale Böller – aus diesen Bestandteilen entsteht eine brisante Mischung, die beim kleinsten Funken hochgehen kann. Die Ergebnisse hatten dann die Leipziger Ärztin und ihre Kollegen auf dem OP-Tisch. „Das besonders Schlimme ist ja, dass es viele junge Menschen sind, die sich ihre Hände für das ganze Leben schädigten“, so Dr. Nuwayhid.
„Ich habe beispielsweise einen jungen Mann behandelt, der sich zu Silvester seinen Berufswunsch KFZ-Mechatroniker förmlich weggesprengt hat. Wir können schon sehr viel wieder richten. Nehmen wir an, eine Explosion zerstört die Haut einer Hand, dann können wir beispielsweise am Oberarm Gewebe entnehmen und unter einem OP-Mikroskop an die Hand verpflanzen. Die Finger sind dann gerettet. Wenn aber Knochen arg zersplittert und Nerven, Gefäße und Sehnen völlig zerfetzt sind, können auch wir keine Wunder bewirken.“
Ein anderer Patient am UKL verlor in einer Silvesternacht vier Finger der rechten Hand und bekam noch dazu Explosionspartikel in beide Augen. „Handchirurgen und Augenärzte haben zusammen operiert, denn die Zeit drängte“, erzählt die Chirurgin. „Am Ende konnten wir nur anderthalb Finger replantieren. Besonders tragisch war, dass der Daumen nicht zu retten war, so dass der Patient nur noch grobe Greifbewegungen mit dieser Hand beherrscht.
Den Kollegen der Augenklinik bot sich leider auch ein schlimmes Bild: Ein Auge war nicht zu retten, das andere so geschädigt, dass der Patient nie wieder richtig sehen wird. Ich denke, es ist richtig, dass in diesem Jahr ein Feuerwerksverbot erlassen wurde. So werden schwere Verletzungen verhindert. Und dadurch können wir Mediziner uns auf die Corona-Patienten konzentrieren, die leider nicht weniger werden. Denn die meisten Unfälle aus der Silvesternacht verbringen mehrere Nächte bei uns und müssen häufig auch im Januar und Februar nochmals rekonstruktiv operiert werden. Wir bitten die Bevölkerung daher, sich an diese sinnvolle, wenn auch harte Maßnahme zu halten.“
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