Erneut blockierten Bäuerinnen und Bauern verbändeübergreifend mit ihren Traktoren Zentrallager des Lebensmitteleinzelhandels (LEH). Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unterstützt aktiv diese Aktionen und geht davon aus, dass die Proteste im nächsten Jahr weitergehen und sich zuspitzen werden.
„Die starke Beteiligung und die Entschlossenheit der Teilnehmer*innen machen deutlich, wie verzweifelt die Lage auf vielen Höfen mittlerweile ist. Daran ändern auch diverse Gesprächsrunden und unzureichende Zugeständnisse des LEH und Verständnis-bekundungen der Politik nichts“, sagt Elisabeth Fresen, Mutterkuhhalterin aus Verden und Bundesvorsitzende der AbL.
Fresen weiter: „Der LEH, die Verarbeiter und die Politik wollen noch immer nicht verstehen, worum es uns wirklich geht. Wir sind nicht mehr bereit, uns so behandeln zu lassen. Weder ist bisher dringend benötigtes Geld auf den Betrieben angekommen, noch ist Augenhöhe zwischen Landwirtschaft und Marktpartnern hergestellt.“
„Auch die Verarbeiter wie Molkereien und Schlachtbetriebe dürfen nicht länger Wegbegleiter für Preisdrückerei sein. Warum nutzen sie nicht viel offensiver den Rückenwind der Bauernproteste, um rasch deutlich höhere Preise durchzusetzen und diese dann eins zu eins an die Bäuerinnen und Bauern weiterzugeben?“ kritisiert Ottmar Ilchmann, Milchbauer aus Ostfriesland und Landesvorsitzender der AbL Niedersachsen.
Ilchmann weiter: „Die AbL fordert die Verarbeiter und den LEH auf, bestehende Kontrakte aufzukündigen und damit die Niedrigpreisstrategie zu beenden. Wir brauchen einen Systemwechsel und das bedeutet konkret, dass jetzt Verarbeiter und LEH mit den Bauernorganisationen transparent über dauerhafte, faire, kostendeckende Erzeugerpreise verhandeln müssen.
Unsere Sofortforderung: 15 Cent mehr für den Liter Milch, 50 Cent mehr für das Kilo Schweinefleisch, 1 Euro mehr für das Kilo Rindfleisch. Das System des „immer billiger und immer mehr“, das den gesamten Druck an die Letzten in der Kette, die Bäuerinnen und Bauern, weitergibt, ist vor die Wand gefahren und muss deshalb geändert werden.“
„Die AbL sieht nicht nur die Bäuerinnen und Bauern, sondern auch Tier-, Klima-, Umwelt- und Verbraucherschützer in der Pflicht, auskömmliche Erzeugerpreise zu fordern. Diese ermöglichen es den Betrieben, gesellschaftlich gewünschte Leistungen für Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz zu erbringen“, so Martin Schulz, Neulandbauer aus dem Wendland und Bundesvorsitzender der AbL.
Schulz weiter: „Die politischen Verantwortlichen beschränken sich in der Krisensituation auf Verständnis für die Proteste und auf eine Moderationsrolle – das ist völlig unakzeptabel. Frau Bundesministerin Klöckner beklagt das Ungleichgewicht zwischen Landwirtschaft und Marktpartnern. Sie ist doch verantwortlich für die politischen Rahmenbedingungen und die kann und muss sie ändern.
Wir fordern die Bundesregierung auf, den Vorschlag des Europäischen Parlaments zur Reduzierung der Mengen bei Milch und Fleisch gegen finanziellen Ausgleich konsequent zu unterstützen. Sie muss auch die Vertragspflicht vor der Ablieferung der Produkte mit Vereinbarungen über Preis und Menge und die rasche Umsetzung der Vorschläge der Borchert-Kommission für die Nutztierhaltung durchsetzen.
Statt bei der aktuellen EU-Agrarreform-Diskussion auf ein ‚Weiter so’ zu setzen, muss die Bundesregierung dafür eintreten, dass höhere Qualitätsanforderungen zu höheren Erlösen führen. Die einseitige Ausrichtung der Landwirtschaft mit einer Niedrigpreispolitik für Exporte auf unsicheren globalen Märkten muss zu Gunsten regionaler Qualitätserzeugung und qualifizierten Außenschutz beendet werden.“
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