Angesichts der Zuspitzung der Corona-Pandemie und ersten Ausbrüchen in sächsischen Gefängnissen, konkret offenbar in der JVA Torgau, fordert die Linksfraktion ein umfassendes Maßnahmenpaket für einen krisenfesten Strafvollzug (Drucksache 7/4465). Mit verschiedenen Maßnahmen soll der Schutz von Leib, Leben und Gesundheit der Bediensteten und Beschäftigten sowie der Strafgefangenen der Justizvollzugseinrichtungen gewährleistet werden.
Dazu erklärt die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel, die auch Anstaltsbeirätin der JVA Leipzig ist: „Die erste Corona-Welle ging glimpflich an den Gefängnissen vorbei. Seit Juli steigen die Belegungszahlen, da Ersatzfreiheitsstrafen und Jugendarrest und sowie Freiheitsstrafen und Jugendstrafen von bis zu drei Jahren wieder vollstreckt werden.
Eine höhere Belegung bedeutet weniger Platz und eine höhere Belastung des Personals. Wir wollen, dass die Zahl der Strafgefangenen und Neuzugänge der Strafvollzugseinrichtungen für die Dauer des Pandemiegeschehens wieder deutlich reduziert wird, indem der Vollzug der genannten Strafen zunächst ausgesetzt wird.
Des Weiteren fordern wir umfassende Hygiene- und Schutzmaßnahmen – Schutzausrüstung, freiwillige Corona-Tests und gut ausgestattete Quarantänebereiche – für alle, die im geschlossenen System Gefängnis leben oder arbeiten müssen. Denn es liegt auf der Hand: Sollte das Virus in einem Gefängnis auftreten, sind alle gefährdet und die Ausbreitung kaum zu stoppen.
Das Robert-Koch-Institut listet Gefängnisse als Einrichtungen mit ,besonderer Relevanz zur Transmission von Infektionskrankheiten‘. Bei allen Maßnahmen müssen die Gefangenenmitverantwortungen ausreichend beteiligt werden. Diese aus Gefangenen gebildeten Vertretungen genießen ein hohes Vertrauen bei den Inhaftierten und können sowohl Probleme an die Anstaltsleitungen kommunizieren als auch Entscheidungen über Vorsichts- und Schutzmaßnahmen vermitteln.
Nachdem am vergangenen Freitag Infektionsfälle in der JVA Torgau bekannt wurden, brach bei den Gefangenen große Sorge aus. Das kann und muss das nächste Mal vermieden werden.
Eine sensible Angelegenheit ist die Einschränkung der Besuchsmöglichkeiten, wie sie von Mitte März bis Mai in den sächsischen Gefängnissen praktiziert wurde. Gefangene beschreiben diese Einschränkung als am schwersten erträglich. Diese Einschränkung sollte nur im äußersten Notfall vorgenommen und mit technischen Mitteln möglichst abgemildert werden.
,Menschen in Gefängnissen und anderen Haftanstalten sind nicht nur wahrscheinlich anfälliger für eine Infektion mit COVID-19, sondern auch besonders anfällig für Menschenrechtsverletzungen‘, heißt es im Leitfaden des WHO-Regionalbüros für Europa zum Umgang COVID-19 und Besuch in Haftanstalten. Wir fordern, dass das Justizministerium verantwortungsvoll im Sinne der Inhaftierten und Bediensteten in den sächsischen Gefängnissen aktiv wird.“
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