Was ist aus den Plänen, Utopien und Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger der DDR nach dem Mauerfall am 9. November 1989 geworden? Dieser Frage geht eine neue Vorlesungsreihe der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) nach, die am Montag, 23. November 2020, um 18 Uhr beginnt. Thema der ersten Veranstaltung ist der Strukturwandel in Ostdeutschland. Aufgrund der Pandemie finden alle Vorträge online statt.
Die Zeit ab dem Mauerfall nach der von den Bürgerinnen und Bürgern der DDR errungenen Revolution war eine Phase des Aufbruchs, in der Utopien reiften, Pläne geschmiedet wurden, Hoffnungen in Erfüllung gingen und wuchsen. Das betraf nicht nur die Situation jedes einzelnen, sondern auch die der Gesellschaft insgesamt in den Ländern der DDR und der alten Bundesrepublik. Bekanntlich ist diese Zeit mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 zu Ende gegangen.
Was konnte an Aufbruchsstimmung, was an Hoffnung, was an Utopien in die neue Bundesrepublik Deutschland eingebracht werden? Entstanden „blühende Landschaften“, von denen Bundeskanzler Helmut Kohln sprach? Ist zusammengekommen, was zusammengehört, wie die Losung Willy Brandts am 10. November 1989 in Berlin suggeriert?
Oder gilt eher das, was die DDR-Regimekritikerin und Mitbegründerin des „Neuen Forums“ Bärbel Bohley auf einer Konferenz zur juristischen Aufarbeitung des SED-Regimes in folgende Worte fasste: „Unser Problem war ja nicht, den westlichen Rechtsstaat zu übernehmen, unser Problem war, dass wir Gerechtigkeit wollten“, was schnell in die Formulierung „Wir haben Gerechtigkeit erwartet, aber den Rechtsstaat bekommen” umgemünzt wurde.
Solchen Visionen, Friktionen und Realitäten einer Zeit der Transformation zum wiedervereinigten Deutschland widmet sich die Ringvorlesung „30 Jahre Wiedervereinigung“ an der MLU im Wintersemester 2020/21. Sie wird von der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt e.V. aus Magdeburg und dem Juristischen Bereich der Universität getragen. Referentinnen und Referenten der verschiedenen juristischen und gesellschaftspolitischen Bereiche, die dem Transformationsprozess unterlagen, werden dabei im Rahmen der Vorlesungsreihe berichten.
Die Vorträge finden immer montags um 18 Uhr statt.
Die Themen im Überblick:
23. November 2020: Prof. Dr. Oliver Holtemöller (MLU und Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle): Strukturwandel und ökonomische Konvergenz in Ostdeutschland
7. Dezember 2020: Prof. Dr. Wolfhard Kohte (MLU): Arbeitsrecht und Arbeitspolitik im Prozess der Transformation
11. Januar 2021: Prof. Dr. Winfried Kluth (MLU): Unerfüllte Versprechungen des Einigungsvertrags – (Mit-)Ursachen der Demokratiekrise?
18. Januar 2021: Prof. Dr. Katja Nebe (MLU): Frauenrechte und der Umgang mit Vielfalt – west-ost-deutsche Lernprozesse und die internationale Schule der Menschenrechte
25. Januar 2021: Prof. Dr. Henning Rosenau (MLU): Die sogenannten Mauerschützen: Schwierigkeiten einer strafrechtlichen Aufarbeitung
1. Februar 2021: Landesbischof Friedrich Kramer (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland EKM): Freiheit ’89 – Einheit ’90: Visionen und Realitäten im vereinten Deutschland
8. Februar 2021: Prof. Dr. Petra Dobner (MLU): Die da oben, die da drüben, die anderen und ich, das Volk – Politische Subjektkonstruktionen nach der Wiedervereinigung
Die Vorträge können online per Livestream angeschaut werden. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, mit den Referentinnen und Referenten auch online ins Gespräch zu kommen. Weitere Informationen zur Anmeldung unter: https://www.jura.uni-halle.de
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