Einfache Übungen können dabei helfen, Menschen verspielter und insgesamt zufriedener mit ihrem Leben zu machen. Das zeigt eine neue Studie von Psychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die Forscher hatten die Versuchsteilnehmerinnen und -teilnehmer eine Woche Übungen ausführen lassen, die die Verspieltheit der Personen anregen sollten. Das Ergebnis: Die Eigenschaft lässt sich damit trainieren – und das verbessert zugleich die Stimmung. Über ihre Arbeit berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Applied Psychology: Health and Well-Being“.
Verspieltheit ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das bei jeder Person unterschiedlich stark ausgeprägt ist. „Besonders verspielte Menschen können schlecht mit Langeweile umgehen. Ihnen gelingt es, nahezu jede Situation im Alltag so zu gestalten, dass sie diese als unterhaltsam oder persönlich involvierend erleben“, erklärt Prof. Dr. René Proyer von der MLU. Sie haben zum Beispiel Spaß an Wort- und Gedankenspielen, an kuriosen Beobachtungen oder eben am Spielen an sich.
Das bedeutet Proyer zufolge aber nicht, dass diese Menschen besonders albern oder unseriös sind. Frühere Studien der halleschen Forscher haben im Gegenteil gezeigt, dass Erwachsene diese Neigung in vielen Situationen positiv nutzen können: Sie haben ein Auge fürs Detail, nehmen leicht neue Perspektiven ein und können monotone Aufgaben für sich interessant gestalten.
Unklar ist bisher, ob sich die Verspieltheit trainieren lässt und welche Effekte das für die Personen hat. Gemeinsam mit Forschern der Universität Zürich in der Schweiz und der Pennsylvania State University (USA) führten die halleschen Psychologen deswegen eine Studie mit 533 Personen durch. Diese wurden zufällig in eine von drei Experimentalgruppen oder eine Placebogruppe aufgeteilt.
Die Personen in den Experimentalgruppen absolvierten für eine Woche täglich eine von drei Übungen, die ihre Verspieltheit anregen sollten: Entweder mussten sie vor dem Zubettgehen drei Situationen aus ihrem Alltag notieren, in denen sie sich spielerisch verhalten haben. Oder sie sollten ihren Hang zur Verspieltheit in einer für sie ungewohnten Situationen, etwa im Berufsleben, einsetzen und die Erfahrungen dazu notieren.
Oder sie reflektierten allgemein über das spielerische Verhalten, das sie bei sich selbst an diesem Tag beobachtet hatten. Die andere Gruppe erhielt dagegen eine Placebo-Aufgabe, die keinen Einfluss auf das Experiment hatte. „Alle diese Methoden basieren auf etablierten Interventionen der Positiven Psychologie“, erklärt Kay Brauer, der in der Arbeitsgruppe von Proyer forscht.
Beide Gruppen füllten vor und unmittelbar nach der Übungswoche sowie zwei, vier und zwölf Wochen danach einen Fragebogen aus, mit dem die Forscher verschiedene Persönlichkeitsmerkmale erfassten. „Unsere Vermutung war, dass die Übungen dazu führen, dass die Menschen ihre Aufmerksamkeit ganz bewusst auf die Verspieltheit richten und diese häufiger einsetzen – und dass dadurch positive Emotionen aufkommen, die sich wiederum auf das Wohlbefinden auswirken“, sagt Brauer.
Und tatsächlich: Die Aufgaben führten zu einem Anstieg in der Verspieltheit. Außerdem konnten die Forscher eine zeitweilige, moderate Verbesserung des Wohlbefindens beobachten. „Unsere Studie ist die erste Interventionsstudie an Erwachsenen, die zeigt, dass sich Verspieltheit anregen lässt und dass dies positive Effekte hat“, fasst Proyer zusammen.
Die Ergebnisse der Studie bilden die Grundlage für neue Fragestellungen. „Ich glaube, dass wir dieses Wissen im Alltag nutzen können, um verschiedene Dinge besser zu machen“, sagt Proyer. Denkbar seien etwa spezielle Interventionen für das Berufsleben, die zum Beispiel zu mehr Freude oder Innovationspotenzial am Arbeitsplatz führen.
Auch in der Partnerschaft seien Übungen möglich, die die Beziehungszufriedenheit steigern könnten. „Deshalb braucht nicht jedes Unternehmen Tischtennisplatten oder eine Rutsche. Aber eine Idee wäre es zum Beispiel, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erlauben, Verspieltheit bewusst mit in den Berufsalltag zu integrieren und das auch als Vorgesetzter vorzuleben“, so Proyer abschließend.
Die Studie wurde durch den Schweizerischen Nationalfonds gefördert.
Über die Studie: Proyer R.T., Gander F., Brauer K., Chick G. Can Playfulness be Stimulated? A Randomized Placebo-Controlled Online Playfulness Intervention Study on Effects on Trait Playfulness, Well-Being, and Depression. Applied Psychology: Health and Well-Being (2020). doi: 10.1111/aphw.12220
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