Die Covid19-Pandemie stellt uns vor die Frage, was wichtig ist für unser Zusammenleben. Was ist verzichtbar, was ist lebensnotwendig für den Erhalt einer aufgeklärten Gesellschaft? Wie wollen wir leben im Angesicht einer Bedrohung, wie der durch das Corona-Virus? Wir sagen: nur mit Kultur!
Kultur als Lebensnotwendigkeit
Kultur ist die Grundlage einer aufgeklärten Gesellschaft. Sie verbindet, erinnert, gibt Denkanstöße und uns die Möglichkeit, uns ästhetisch und menschlich weiter zu entwickeln. Kultur ist Begleiterin, Initiatorin und Katalysator gesellschaftlicher Prozesse. Doch in der aktuellen Situation zeigt sich auch, dass der Stellenwert der Kultur im Vergleich zu ökonomischen Zusammenhängen nachgelagert ist.
Dabei braucht es gerade jetzt eine Kultur, die Raum schafft, sich zu verständigen und auszutauschen, die das Gemeinsame in der Veränderung betont, die zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beiträgt.
Kultur in Gefahr
Die Kultureinrichtungen und die Menschen, die für sie und in ihnen arbeiten, sind in dieser Krise besonders hart betroffen. Das betrifft kulturelle städtische Eigenbetriebe ebenso wie Clubs, freie Spielstätten mit und ohne öffentliche Förderung, freie Kulturinitiativen und ehrenamtlich strukturierte Vereinen, Soloselbständige in Kultur- und Kreativwirtschaft.
Wir alle haben zum Wohl der Gemeinschaft verzichtet, unsere Arbeit ruhen lassen, unsere Häuser geschlossen gehalten, sind unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht geworden. Jetzt schwinden unsere Kräfte, unsere Rücklagen, unsere finanzielle Liquidität.
Angekündigte Hilfsmaßnahmen
Knapp 1 Mrd. Euro wurden vom Bund für das Programm „NEUSTART KULTUR“ angekündigt. Mittel, die überwiegend der Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur dienen sowie für die Schaffung weiterer digitaler Angebote und pandemiebedingte Investitionen eingesetzt werden sollen.
Darüber hinaus sollen Überbrückungshilfen in Höhe von 25 Mrd. Euro an kleine und mittelständische Unternehmen ausgezahlt werden, um Umsatzausfälle kompensieren zu können und Existenzen zu sichern. Inwiefern davon auch gemeinnützige Kultureinrichtungen profitieren können, ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar.
Des Weiteren kündigte der Freistaat Sachsen Anfang Juni ein Kulturhilfspaket in Höhe von 67,8 Mio. Euro an, wovon rund 21 Mio. an die sächsischen Kulturstaatsbetriebe gehen. 7 Mio. Euro gehen davon in die Kulturstiftung des Freistaates für Stipendienprogramme sächsischer Solo-Künstler:innen und neue Formate und Konzepte der Veranstaltungsbranche.
Der größte Teil – 30 Mio. werden an die freien Kultureinrichtungen und -vereine des Freistaates verteilt, was immerhin eine Hilfe für die bisher entstandenen Liquiditätsprobleme in Aussicht stellt – so lange die Mittel reichen (maximal 10.000 €/Einrichtung, in Ausnahmefällen max. 50.000/ Einrichtung).
Bekenntnis zur Kultur
Wir danken Bund und Freistaat für das Erkennen unserer Problemlage. Eine nachhaltige Perspektive für unsere Zukunft ist in den Ankündigungen aber leider nur schemenhaft erkennbar. Ist Kultur in Krisenzeiten nicht wichtig genug? Ist sie „nur das Sahnehäubchen“, nur ein „nice to have“ für unser gesellschaftliches Zusammenleben? Dieser Eindruck drängt sich auf und kann doch falscher nicht sein.
Wir fordern ein klares Bekenntnis aller politisch Handelnden für den Erhalt unserer kulturellen Infrastruktur! Dazu gehören staatliche und kommunale Eigenbetriebe ebenso wie die freien Kulturinitiativen, Vereine, Spielstätten und Clubs. Wir fordern eine nachhaltige Unterstützung von Künstler:innen, Kultur- und Kreativschaffenden, solange ihre Arbeitsmöglichkeiten durch die Pandemiefolgen eingeschränkt bleiben müssen.
Perspektiven und Lösungsansätze mit Beteiligung der Kulturpraktiker
Wir brauchen klare und verlässliche Perspektiven, wie es weitergehen kann. Können öffentliche Orte und Brachflächen als temporäre Kulturorte mit einer höheren Zuschauerkapazität eine Alternative sein? Wie sollen in Zukunft Veranstaltungen mit Musiker/-innen, Schauspieler/-innen und Tänzer/-innen durchgeführt werden, die 1,5 Abstand halten müssen? Wie können Menschen zusammenkommen, um in Zeiten der Pandemie gesellschaftliches Miteinander zu gestalten? Wo soll gesellschaftlicher und kultureller Austausch stattfinden, wenn die Orte dafür zu verschwinden drohen?
Wir können unsere Häuser wieder öffnen, aber nur für einen Bruchteil unseres Publikums. Wir stehen vor dem Problem, dass wir mit jeder Veranstaltung vor halbleeren Zuschauerrängen ein Defizit erwirtschaften werden, das unsere Rücklagen zusätzlich belasten wird. Unter den aktuellen Umständen ist für den Fortbestand unserer Einrichtungen sicherer, wenn wir geschlossen bleiben, als wenn wir teilweise wieder öffnen.
Für dieses strukturell-betriebswirtschaftliche Problem muss eine konkrete, passgenaue, wirksame, nachhaltige Lösung gefunden werden und dies mit Beteiligung der Betroffenen, denen aus der Praxis und aus den Kultureinrichtungen, nicht der Lobbyisten. Die angekündigten Hilfsmaßnahmen müssen so ausgestaltet werden, dass sie insbesondere dieser Herausforderung gerecht werden.
Drohender Verlust an Kultur = immense Folgen für lokale Wirtschaft und Steuereinnahmen
Machen wir uns klar, dass mit dem Verlust von Spielstätten, Konzerthäusern und Clubs nicht nur die Kultur stirbt, sondern auch die Grundlage unseres Zusammenlebens erodiert. Der drohende Verlust an kultureller Infrastruktur wird auch schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben. Für Tourismus, Marketing, Gastronomie- und Hotelgewerbe und den Einzelhandel setzen Kulturveranstaltungen lebenswichtige ökonomische Impulse.
Umso mehr machen wir deutlich, dass es #nurmitkultur geht, dass es Kultur braucht. Gerade jetzt, gerade hier!
Kulturstadt Leipzig ohne Kultur?
Leipzig ist zur Boomtown geworden. Auch wenn man Wortgestalten wie „Cool Kids Town“, „Hypezig“ und „Place to be“ mit Argwohn gegenübersteht, so steht fest, dass Leipzig eine enorme Anziehungskraft weit über die Stadtgrenzen hinaus bis in alle Welt entwickelt hat. Ohne Kultur, ohne die Verbindung zwischen städtischen Kulturbetrieben, freier Szene, Kultur- und Kreativwirtschaft und Clubs, die sich einander bedingen, gäbe es keine „Cool Kid Town“; kein „Place to be“, wäre Leipzig nicht der Standort, der es heute ist mit seinen positiven und lebenswerten Auswirkungen auf alle Teile der Gesellschaft.
Deswegen sagen wir laut und deutlich #nurmitkultur und rufen zum Aktionstag am 20. Juni auf, um deutlich zu machen, was Kultur bedeutet und was auf dem Spiel steht, wenn Kultur stirbt.
Leipzig + Kultur | LiveKommbinat Leipzig | Kreatives Leipzig | Eigenbetriebe Kultur der Stadt Leipzig
Unterstützt durch die Beigeordnete für Kultur der Stadt Leipzig.
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