„Die massiven Corona-Fälle in deutschen Schlachtunternehmen und der aktuelle Fall bei Deutschlands größtem Fleischkonzern und Branchenführer Tönnies machen deutlich: Das System Billigfleisch hat viele Verlierer, es muss beendet werden“, so Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. in einer Stellungnahme. Die AbL bekräftigt die schon am 11.Mai aufgestellte Forderung, dass alle Beteiligten jetzt in die Pflicht genommen und Konsequenzen gezogen werden müssen.
Janßen weiter: „Die Fleischindustrie muss für menschengerechte und gesundheitsschützende Arbeits- und Lebensbedingungen sorgen und dies muss regelmäßig kontrolliert werden. Die CDU/CSU/SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag sowie alle Ministerpräsidentinnen und Präsidenten müssen den vorliegenden Beschluss des Bundeskabinetts nach Verbot der Werkverträge ohne wenn und aber umsetzen, um die Ausbeutung der Beschäftigten zu beenden und um die Unternehmen selbst in die Verantwortung zu nehmen.
Auch hier gilt: Nicht mehr reden, sondern tun. Die von der Fleischindustrie vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diesen Eingriff sind unserer Meinung nach vorgeschoben, weil die Allgemeininteressen überwiegen und damit die Freiheit der Berufsausübung in diesem Bereich eingeschränkt werden kann. Auch der Lebensmitteleinzelhandel ist in der Pflicht.
Es reicht nicht, auf dem Gipfel mit Bundeskanzlerin Merkel und Ministerin Klöckner im Februar nur mit schönen Worten Ramschprodukte abzulehnen. Der LEH muss als ersten Schritt keine Billigwerbung mit Fleisch mehr machen. Und als zweiten Schritt müssen die Lebensmittelketten den Kundinnen und Kunden garantieren, nur Fleischprodukte von Schlachtunternehmen zu beziehen, die Arbeitsschutzstandards und menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen ihrer Beschäftigten transparent vorweisen können.
Die Bäuerinnen und Bauern dürfen nicht mehr die Erzeuger von Billigfleisch sein. Wir brauchen faire und gewinnbringende Preise für artgerecht gehaltene Nutztiere. Und wir brauchen finanzielle Rahmenbedingungen für einen bundesweiten Umbau in tiergerechte Ställe. Mit den von Ministerin Klöckner angekündigten 300 Millionen aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung ist dieser Umbau nicht zu stemmen.
Der Wissenschaftliche Beirat von Frau Klöckner und das von ihr eingesetzte Borchert-Kompetenznetzwerk zur Nutztierhaltung haben vorgerechnet, dass dafür Milliarden notwendig sind. Statt weiter mit den Spitzen des Deutschen Bauernverbandes und der Agrarindustrie auf die Bremse zu treten und noch eine weitere Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, müssen die Borchert-Kommissionsempfehlungen jetzt umgesetzt werden.
Immerhin: Ministerin Klöckner hat am Wochenende die von der Bochert-Kommission vorgeschlagene Tierwohlabgabe von 40 Cent pro Kilo Fleisch aufgenommen. Worauf wartet die Ministerin? Wir brauchen zudem eine politische Offensive für eine regionale Schlachthofstruktur, damit Lebendtiertransporte so kurz wie möglich gehalten und eine regionale Lebensmittelversorgung möglich wird.
Und die Verantwortung bei uns allen als Konsumentinnen und Konsumenten? Der Griff zum Sonderangebot Billigfleisch ist verlockend – der Preis dafür ist aber viel zu hoch: Für die ausgebeuteten Beschäftigten in den Schlachthöfen, für die zu intensiv gezüchteten und gehaltenen Nutztiere, für die Bäuerinnen und Bauern, die ihre wirtschaftliche Existenz ihrer Höfe nicht sichern können. Viele sind zu einem Umdenken und Handeln bereit. Deshalb muss das System Billigfleisch beendet werden. Frau Klöckner, wann, wenn nicht jetzt?“
Montag, der 22. Juni 2020: Tödliche Unfälle überschatten den Tag
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