Wie so vieles andere geriet durch die Corona-Pandemie auch das zehnjährige Jubiläum des Cochlea-Implantat-Zentrums Leipzig (CIZL) ein wenig in den Hintergrund. „Wie wollten gemeinsam mit den nunmehr 429 Implantierten auf eine ungemein erfolgreiche Wegstrecke zurückblicken“, so Prof. Dr. Michael Fuchs, Leiter des CIZL. „Das geht zwar nicht, aber wir planen, im November bei einer wissenschaftlichen Veranstaltung mit niedergelassenen HNO-Kollegen aus der Region auch das Jubiläum des CIZL zu thematisieren.“

Im Frühjahr 2010 konnte – auch gegen manche Widerstände – das Zentrum als Teil der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (HNO) eröffnet werden. Seither werden kleine und große Patienten, die unter sehr starken Hörstörungen leiden, mit einem Cochlea-Implantat versorgt. Wobei die Operation natürlich einen wesentlichen Teil der Behandlung darstellt, aber eben nur einen Teil. Denn sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen wird eine mehrjährige Rehabilitation und lebenslange Nachsorge nötig.

Heute gilt als Besonderheit der Leipziger Einrichtung, dass die Mediziner und Therapeuten sehr eng mit Pädagoginnen der Sächsischen Landesschule für Hörgeschädigte, Förderzentrum „Samuel Heinicke“ zusammenarbeiten – das ist bundesweit nur in wenigen Zentren der Fall und bietet den Vorteil einer engen Verzahnung zwischen audiologischer Frühförderung und späterer Rehabilitation.

Außerdem wird das Leipziger Zentrum als einziges bundesweit von einem Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie geleitet: Prof. Dr. Michael Fuchs. Er hat das CIZL gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Andreas Dietz, Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Leipzig und sozusagen der „Operateur der ersten Stunde“ förmlich aus dem Boden gestampft.

Zehn Jahre später wird Prof. Dietz bei den jährlich rund 65 Implantationen von einem Team aus mehreren erfahrenen Oberärzten unterstützt. Die Sektion Phoniatrie und Audiologie an der HNO-Klinik ist spezialisiert auf die Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Erkrankungen der Stimmen der Sprache und des Sprechens, des Schluckens, des Hörens und auch des Gleichgewichtes bei Kindern und Erwachsenen – und ist damit prädestiniert für die Behandlung von Hörgeschädigten.

Die Pädagoginnen des Förderzentrums „Samuel Heinicke“ wiederum betreuen alle Kinder und Jugendlichen, die mit einem Cochlea-Implantat versorgt wurden, im Klinikum und in den Räumlichkeiten des Sächsischen Landesschule.

„Dieses Zusammenwirken und die Vernetzung der einzelnen Kompetenzen hat sich enorm bewährt“, so Prof. Fuchs. „Uns war von Anfang an klar, dass es nicht nur herausragender Operateure bedarf. Es musste auch die gesamte Nachsorge stehen, bevor der erste Eingriff stattfinden konnte. Zur Philosophie unseres Zentrums gehörte und gehört deshalb: Wir bieten alles unter einem Dach, jede einzubeziehende Fachrichtung hat alle notwendigen Qualifikationen – von der Diagnostik über die OP und die Reha bis zur lebenslangen Nachsorge.

Nach zehn Jahren kann ich das Fazit ziehen: Das war eine gute und erfolgreiche Strategie. Dafür spricht auch, dass im vergangenen Jahr, sozusagen als kleines vorzeitiges Geburtstagsgeschenk für unser Zentrum, unser Reha-Prozess zertifiziert wurde.“

Das Leipziger CI-Zentrum ist heute noch eine relativ junge Einrichtung, aber bundesweit keinesfalls die kleinste: Immerhin wurden bisher 429 Implantationen vorgenommen, 127 bei Kindern und 302 bei Erwachsenen. „Besonders die Versorgung der Kinder macht uns froh“, sagt Prof. Fuchs. „Zum einen operiert nicht jedes CI-Zentrum in Deutschland Kinder.

Wir können das anbieten und vorweisen: Viele unserer kleinen Patienten haben mit dem Implantat nicht nur das Sprechen und Musikhören gelernt, sondern beherrschen das inzwischen so gut, dass sie es in die Regelschule schaffen. Wir hoffen, dass es uns einmal so geht, wie unseren ,Schwester-Zentren’ mit langjähriger Tradition: Einige derer früheren CI-Kinder haben inzwischen nicht nur die Schule, sondern auch ein herausforderndes Studium geschafft – und arbeiten heute sogar als Ärzte in CI-Zentren.“

Die neue Leipziger Zeitung Nr. 79: Von Gier, Maßlosigkeit, Liebe und Homeschooling in Corona-Zeiten

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