Im letzten Jahr riefen WGT-Guide und Extinction Rebellion im Rahmen des Wave-Gotik-Treffens zu einem großen Trauermarsch für aussterbende Arten auf. Anlass war ein Bericht des Weltbiodiversitätsrats, laut welchem in den kommenden Jahren und Jahrzehnten rund eine Million Arten vom Aussterben bedroht seien. Um die 2.000, in schwarzem Trauerflor gekleidete Menschen folgten dem Aufruf und demonstrierten gegen das menschgemachte Artensterben und das Versagen der Industrieländer bei der Bekämpfung der ökologischen Krise.
Zahlreiche Teilnehmer:innen wünschten sich seitdem eine Wiederholung des Marsches. Da dies aufgrund der Corona-Pandemie derzeit nicht möglich ist, soll nun am Pfingstsonntag im Rahmen des Darkstream-Festival eine „Digitale Aktion gegen das Aussterben“ stattfinden. WGT-Guide und Extinction Rebellion haben im Vorfeld Menschen aus der schwarzen Szene dazu aufgerufen, sich mit Videobeiträgen an der Aktion zu beteiligen und viele sind dem Aufruf gefolgt. Darunter auch einige bekannte Gesichter wie Dr. Mark Benecke, Feline Lang (von Feline & Strange) und Luci van Org.
Höhepunkt der Aktion soll ein gemeinsamer Appell für entschlossenes Handeln und einen klima- und sozialgerechten Neuanfang sein. Darin wird unsere Regierung aufgefordert, die milliardenschweren Rettungsgelder, mit denen derzeit Industrien aus der Krise gerettet werden sollen, an strenge Umweltauflagen zu knüpfen.
Um der Einflussnahme übermächtiger Industrielobbies entgegenzuwirken, wird zudem die Einberufung unabhängiger Bürger/-innenversammlungen gefordert. Den vollständigen Text der Ansprache finden Sie anbei.
Die Aktion wird am Pfingstsonntag, dem 31. Mai um 14:40 Uhr im Rahmen des Dark Stream Festivals ausgestrahlt.
Unsere Ansprache
Vor einem Jahr ist etwas Außergewöhnliches auf dem Wave-Gotik-Treffen passiert: Gemeinsam mit 2.000 Menschen kamen wir am Pfingstmontag zusammen, um mit einem großen Trauermarsch Leipzigs Straßen schwarz zu färben. Wir betrauerten das prognostizierte Aussterben von einer Million Arten, das erst kurz zuvor von Wissenschaftler:innen vorhergesagt wurde [1]. Ein Massenaussterben, welches in der Geschichte unseres Planeten erst fünfmal vorkam — zuletzt beim Aussterben der Dinosaurier. Doch das sechste große Sterben wurde nicht von einem Meteoriten ausgelöst, sondern von uns selbst. Den Menschen.
Seitdem ist ein Jahr vergangen, doch die Situation hat sich nicht verbessert, im Gegenteil: Sie hat sich noch weiter verschlechtert. Verstärkt durch die Klimakrise haben verheerende Brände in Südamerika, Sibirien und Australien riesige Landstriche zerstört. Allein in Australien wurden dadurch über 180.000 Quadratkilometer Wald zerstört, und über hundert Arten an den Rand des Aussterbens gebracht [2]! In den kommenden Jahren werden Buschfeuer dieses Ausmaßes durch zunehmende Hitze und Trockenheit immer wahrscheinlicher.
Derweil hat die australische Regierung die Zukunftsaussichten für das Great Barrier Reef auf „sehr schlecht“ herabgestuft. Wenn wir es nicht schaffen, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, könnten fast alle Korallenriffe der Erde durch die steigenden Temperaturen und die Versauerung der Ozeane zerstört werden [3]. Die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes, der grünen Lunge unserer Erde, schreitet ungebremst weiter voran und hat sich dieses Jahr gegenüber 2019 sogar dramatisch erhöht [4]. Erst kürzlich wurden 20 dort beheimatete Arten für ausgestorben erklärt.
Und was hat unsere Regierung seit unserem Trauermarsch gegen diese Krise unternommen? Es wurde ein mickriges Klimapäckchen verabschiedet, dessen Auswirkungen kaum spürbar sind. Der Ausbau der dringend benötigten erneuerbaren Energien hingegen wird weiterhin durch absurde Regularien ausgebremst und schlimmer noch: In Datteln soll demnächst gar ein weiteres Kohlekraftwerk ans Netz gehen! Und während große Teile unserer Wälder unter den Belastungen des Klimawandels zugrunde gehen, werden weiterhin gesunde Wälder zerstört – wie etwa der geschützte Dannenröder Wald, der für den Bau einer überflüssigen Autobahn geopfert werden soll.
Es gäbe also genug Gründe auch in diesem Jahr wieder gemeinsam mit Euch auf die Straße zu gehen. Doch die Corona-Pandemie lässt dies nicht zu. Ironischerweise verdanken wir auch Covid-19 dem rücksichtslosen Umgang des Menschen mit der Natur und nichtmenschlichen Tieren. Denn wie zahlreiche Krankheiten und Seuchen innerhalb der letzten Jahrzehnte wurde auch Corona durch die Massentierhaltung und die zunehmende Zerstörung natürlicher Lebensräume begünstigt [5].
Während unsere Industrien unter Corona zum Erliegen kommen, winkt unsere Regierung gerade im Eiltempo milliardenschwere Rettungspakete durch. Ohne jegliche Auflagen werden dabei Industrien künstlich am Leben erhalten, die maßgeblich zum Ökologischen Kollaps beitragen. Dabei ist die Chance für einen klimaverträglichen und sozialgerechten Neuanfang jetzt zum Greifen nah!
Stattdessen wird aber alles darangesetzt, dass möglichst bald wieder alles beim Alten ist. Mit unseren Steuergeldern sollen wir uns die Rückkehr in ein System erkaufen, dass uns unweigerlich in die Katastrophe führen wird. Dabei hat uns die Corona-Krise die Schwächen unseres Systems doch schonungslos aufgezeigt.
Ein System, das uns ewiges Wachstum verspricht und dabei die natürlichen Grenzen unseres Planeten missachtet. Ein System, das ohne maßlosen Konsum nicht überlebensfähig ist. Ein System, in dem Skrupellosigkeit belohnt und Rücksichtnahme bestraft wird. Ein System, das die Relevanz eines Menschen nur über seine Kaufkraft definiert. Ein System, von dem vor allem diejenigen profitieren, die dazu bereit sind, unserer Umwelt und anderen Lebewesen den größtmöglichen Schaden zuzufügen und dabei die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder bewusst aufs Spiel setzen.
Aber so muss es nicht enden. Unter dem Motto „fight every crisis“ fordern wir unsere Regierung auf, die Ökologische Krise mit derselben Entschlossenheit zu bekämpfen wie die Pandemie. Wir fordern, dass die Milliarden-Hilfspakete, die gerade verteilt werden, nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen zugutekommen, anstatt umweltschädlichen Industrien zum „business as usual“ zurück zu verhelfen. Wir fordern, dass unabhängige Bürger/-innenversammlungen, die nicht von Industrielobbies beeinflusst und gesteuert werden, solche Verteilungsprozesse zukünftig mitgestalten. Wir sagen: Systemwandel statt Klimawandel!
Eine Rückkehr zur Normalität gibt es nicht, denn die Normalität, die wir einst kannten, war eine Krise. Jetzt ist die Zeit für einen Wandel hin zu einem klima- und sozialgerechten Leben im Einklang mit den natürlichen Ressourcen unseres Planeten.
Lasst uns diese Chance nutzen — es ist vielleicht unsere letzte.
Über Extinction Rebellion
Extinction Rebellion (XR) ist eine internationale gesellschaftspolitische Bewegung. Unser Ziel ist es, den für das Klima nötigen umfassenden und tiefgreifenden Wandel herbeizuführen. Mit gewaltfreiem zivilem Widerstand wollen wir unsere Regierungen dazu bewegen, den ökologischen Notstand zu erklären und den gesetzlichen Rahmen zur Umsetzung unserer Forderungen zu schaffen. Weltweit ist XR mittlerweile rund 100 Ländern verbreitet. In Deutschland haben sich bereits weit über 100 Ortsgruppen gegründet. Die Mainzer Ortsgruppe besteht seit April 2019.
Über WGT-Guide
Der WGT-Guide ist eine Smartphone-App, die Besuchern des alljährlichen Wave-Gotik-Treffens in Leipzig bereits seit 2011 das Leben leichter macht. Die App ist für Android-, Apple- und Amazon-Geräte verfügbar.
Neben der Künstlerliste sowie dem vollständigen Festivalprogramm (inklusive aller bekannten Rahmenveranstaltungen) bietet die App eine mehrstufige Bewertungsfunktion, mit welcher sich Treffen-Besucher mühelos ihr persönliches WGT-Programm zusammenstellen können. Über eine Facebook-Integration lässt sich zudem anzeigen, für welche Künstler, Händler und Veranstaltungen die eigenen Freunde sich interessieren.
Wer möchte, kann sich von WGT-Guide zusätzlich seine persönliche WGT-Playlist auf Spotify generieren lassen.
Keine Kommentare bisher