Anlässlich des Weltmilchtages am 1. Juni 2020 fordern der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) einen Richtungswechsel in der aktuellen Milchmarktpolitik. Klima- und umweltverträgliche Milcherzeugung und wirtschaftliche Perspektiven auf den Bauernhöfen sind klar vereinbar, wenn der politische Rahmen stimmt.
Aktuell ist der Milchmarkt bis auf weiteres massiv angespannt und die Erzeugerpreise sind zum Teil auf unter 30 Cent für einen Liter Milch abgerutscht. Im ersten Quartal wurden 2,8 Prozent mehr als gegenüber dem Vorjahreszeitraum gemolken. Die größere Milchmenge trifft Corona-bedingt auf eine gesunkene Nachfrage, die derzeit nur sanft steigt, etwa durch die Lockerungen in der Gastronomie.
„Die Gesellschaft fordert mehr Klimaschutz und Artenvielfalt. Bäuerinnen und Bauern sind bereit, ihre Höfe dahin weiterzuentwickeln, wenn sie für ihre Produkte auch angemessen entlohnt werden“, sagt Elisabeth Waizenegger, Milchsprecherin im Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.
„Der Europäische Green Deal zeigt Strategien dafür auf. Aber die Politik in Deutschland steht auf der Vollbremse. Die Agrarminister von Bund und Ländern unterschiedlicher Parteifarbe haben sich jüngst erst für die private Lagerhaltung entschieden, ein veraltetes Instrument. Die Milchüberschüsse werden weiter produziert und belasten den Markt mindestens mittelfristig. Besser wäre es, die Überschüsse zu vermeiden.
Als erster Schritt ist die private Lagerhaltung mit einer wirksamen Mengendrosselung zu verknüpfen. Weiterhin muss EU-weit ein Programm zur freiwilligen Mengenreduzierung gestartet werden, das teilnehmende Bauernhöfe entschädigt. Dieses Konzept hat bereits in der Milchkrise 2015/2016 eine starke Wirkung zur Marktentlastung entfaltet.“
„Anstatt auf Preisstürze immer wieder mit der Unterstützung privater Lagerhaltung zu reagieren, ist es sinnvoller, die seit langem vorliegenden Vorschläge zur Mengenregulierung bei der Milch umsetzen zu können“, fordert Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND. „Die Milchmenge muss an den europäischen Bedarf angepasst und weiter reduziert werden.
Ziel sollte eine nachhaltige und regionale Milcherzeugung sein, die nicht wie jetzt auf importiertes klimaschädliches Soja aus Übersee setzt, sondern auf heimisches Eiweißfutter. Statt die Agrarpolitik weiter auf Exporte, Dumping und den Weltmarkt auszurichten, brauchen wir mehr Kühe auf der Weide, artgerechte Haltung und Fütterung. Das hilft nicht nur dem Tierwohl, sondern erhält wichtiges Grünland, schützt damit das Klima und die Biodiversität“, so Bandt.
Auch die Molkereien schlagen Alarm, dass der Milchpreis aufgrund der Milchüberschüsse weiter sinkt. Sie fordern seit ein paar Wochen ihre Mitglieder auf, die Mengen zu reduzieren. Die norddeutsche Molkerei Ammerland spricht sich sogar für einen freiwilligen Lieferverzicht auf EU-Ebene gegen Entgelt aus. Auch im Milchindustrieverband organisierte Molkereien begrüßen eine freiwillige Mengensteuerung.
„Die Molkereien sollten mit in die Pflicht genommen werden. Deshalb fordern wir einen EU-weiten Solidaritätsfonds, in den die Molkereien einzahlen. Die Mittel sind zweckgebunden und ausschließlich für die Honorierung von Mengendisziplin auf Bauernhöfen einzusetzen“, sagt Elisabeth Waizenegger.
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