Das Universitätsklinikum Leipzig hat sich seit Mitte März auf die Bewältigung einer möglichen Welle von Covid-19-Patienten vorbereitet. Diese Phase ist abgeschlossen, alle Ressourcen sind "stand by" und können jederzeit nach einem Stufenplan aktiviert werden. Angesichts der aktuell gut zu bewältigenden Covid-19-Patientenzahlen steht nun zunehmend der Umgang mit der voraussichtlich länger bleibenden Infektionsgefahr im Fokus der Maßnahmen am UKL.
Dazu gehören vor allem digitale Lösungen, die sowohl dem Infektionsschutz als auch der Betreuung von Patienten und Angehörigen dienen. Gleichzeitig werden auch die OP- und Bettenkapazitäten für planbare Eingriffe wieder schrittweise erhöht.
Das Universitätsklinikum Leipzig richtet sich darauf ein, länger mit der bleibenden Epidemie und damit einer SARS-CoV-2 Infektionsgefahr für Patienten und Mitarbeitern leben zu müssen. “Wir werden unsere Schutzmaßnahmen für die besonders gefährdeten Risikogruppen und unsere Beschäftigten sicherlich länger aufrechterhalten müssen”, erklärt Prof. Christoph Josten, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig.
Das umfasse unter anderem Zugangsbeschränkungen zu sensiblen Bereichen wie den Intensivstationen und auch zum Klinikum allgemein “Auf dem Weg zur ‘neuen Normalität’ müssen wir davon ausgehen, dass das Virus bleibt und damit die Gefährdungssituation.” Ein Klinikalltag wie vor der Corona-Pandemie wird in den kommenden Monaten eher nicht zu erwarten sein.
“Parallel müssen wir die medizinisch notwendige Versorgung unserer Bevölkerung innerhalb der Pandemiesituation sicherstellen und unseren umfassenden Versorgungsauftrag erfüllen. So werden wir natürlich Patienten mit Herzproblemen, Gefäßkrankheiten oder chronischen Erkrankungen weiter versorgen und auch die in den letzten Wochen verschobenen Operationen nachholen”, erklärt Prof. Josten.
“Daher werden jetzt schrittweise die Kapazitäten für weniger dringliche planbare Operationen und Eingriffe wieder erhöht. Auch spezialisierte Ambulanzen werden ihren Betrieb sukzessive wieder aufnehmen. Dabei unternehmen wir alles, um die Sicherheit unserer Patienten auf höchstem Niveau zu gewährleisten.”
Virtuelle Angehörigengespräche
Um Patienten und Angehörigen trotz Besucherstopp einen Kontakt zu ermöglichen, können die Psychologen auf der Intensivstation nun Tablets für einen Videochat mit den Angehörigen nutzen. Das ermöglicht nicht nur Patienten, mit Familie und Freunden Kontakt aufzunehmen, auch können Ärzte oder Pflegekräfte so ein virtuelles Gespräch von Angesicht zu Angesicht führen.
“Gerade bei schweren Erkrankungen ist das oft sehr wichtig und hilft den Angehörigen sehr, die ja zum Teil weit entfernt wohnen”, erklärt Antje Lehmann-Laue, Leiterin des medizinpsychologischen Dienstes der Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie. Das Team aus 20 Psychologen und Psychotherapeuten betreut schwerpunktmäßig Patienten und Angehörige auf den Intensivstationen, auf den onkologischen Stationen und der Palliativstation.
“Wir haben in den Wochen seit dem Besucherstopp gesehen, welche Belastung es für Patienten wie für Angehörige bedeutet, im Fall eines Klinikaufenthalts nicht in Kontakt treten zu können”, so Lehmann-Laue. Umso erfreulicher ist die schnell gefundene Lösung über die Bereitstellung von Tablets. Möglich wurde dies dank einer Spende: Karsten Günther, Manager der Handballer des SC DHfK und langjähriger Partner des UKL, aktivierte sein Sponsorennetzwerk, um unkompliziert die benötigten Geräte zu beschaffen. Schon zwei Tage später freuten sich die UKL-Mediziner über die Spende, die Andreas Kupper von Kupper IT aus Leipzig überbrachte.
Hotline gegen Sorgen
Da solche Lösungen nicht flächendeckend im Klinikum verfügbar sind, bieten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des medizinpsychologischen Dienstes eine Telefonhotline speziell für Angehörige an. Hier geht es vor allem darum, die bestehenden Sorgen um jemanden, der im Klinikum behandelt wird und nicht besucht werden kann, zu lindern. “So eine Situation der ‘Begleitung aus der Ferne’ verursacht teilweise große Sorgen”, berichtet Antje Lehmann-Laue.
“Die Menschen können sich ja keinen Eindruck vor Ort davon verschaffen, ob es ihren Angehörigen gut geht, wie sie betreut werden oder ob die Pfleger nett und die Ärzte gut ansprechbar sind.” Hier wollen die Berater am Telefon für Entlastung sorgen und dabei helfen, die schwierige Zeit ohne übermäßige emotionale Belastungen zu bewältigen.
Gleichzeitig soll die Hotline auch zur Entlastung der Kollegen auf den Stationen beitragen, denn diese haben oft nicht die Zeit für längere und häufigere Angehörigentelefonate. “Dafür gibt es jetzt uns”, so Lehmann-Laue. Erreichbar ist die Angehörigen-Hotline täglich von 10 bis 14 Uhr unter Telefon 0341-9715430.
Sprechstunde jetzt per Videochat
Virtuelle Arztkontakte werden derzeit auch in den Ambulanzen des UKL etabliert, zum Beispiel in der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie. “Für Patienten, die gesundheitlich stark beeinträchtigt sind, stellt ein Vor-Ort-Termin bei uns im Klinikum eine große Herausforderung dar”, erläutert Prof. Pierre Hepp. Die Lösung – eine Videosprechstunde, mit der die Unfallchirurgen schon im März in die Testphase starteten.
Da Hepp zugleich Mannschaftsarzt beim Leipziger Handballbundesligisten des SC DHfK ist, war sein erster “Online-Patient” der Links-Außen-Spieler Marc Esche, der sich nach einem Kreuzbandriss für seine anstehende Kontrolluntersuchung gern auf den Versuch eines fernmündlichen Arztgesprächs einließ. Die ersten Gespräche liefen noch nicht ganz rund, aber inzwischen haben die Ärzte Routine im Umgang mit der Online-Version der Sprechstunde entwickelt, die nun als fester Bestandteil der Patientenbetreuung am UKL dauerhaft etabliert werden soll.
Um das Angebot für die Online-Videosprechstunde nutzen zu können, muss der Patient auf seinem Endgerät eine webbasierte App installieren. Steht sein Termin an, wird er vom behandelten Arzt über die Video-Chat-Funktion angerufen. Neben der Videofunktion lassen sich unter anderem Nachrichten, Dokumente oder Fotos oder medizinische Daten zur Vervollständigung der Patientenakte austauschen.
“Ich kann mit meinen Patienten Details abhandeln, den Verlauf einer Wundheilung ansehen, Empfehlungen für die weitere Therapie geben. Zukünftig wird es auch möglich sein, Rezepte online über das Programm zur Verfügung zu stellen”, zeigt sich Prof. Hepp begeistert. Die Terminvergabe dafür erfolgt übrigens weiterhin telefonisch.
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