Zwei Bauarbeiter, die gleiche Arbeit – und trotzdem zwei unterschiedliche Löhne: Gut 10 Euro könnten die Löhne pro Stunde auf den Baustellen in Leipzig bald auseinandergehen. Denn Bauarbeiter, die keinen Tariflohn bekommen, müssen jetzt sogar um ihren Branchen-Mindestlohn bangen. Das teilt die IG BAU Nord-West-Sachsen mit. Betroffen davon könnte ein Großteil der rund 5.300 Bauarbeiter in Leipzig sein.
„Bauhandwerk und Bauindustrie müssen jetzt das tun, was die IG BAU schon gemacht hat: Die Arbeitgeber müssen nämlich einem Schlichterspruch und damit neuen Bau-Mindestlöhnen zustimmen. Passiert das nicht, droht dem Bau in Leipzig schlimmstenfalls der gesetzliche Mindestlohn von 9,35 Euro pro Stunde als unterste Verdienstgrenze. Jetzt hängt alles am seidenen Faden der Arbeitgeber“, sagt IG BAU-Bezirksvorsitzender Bernd Günther.
Der Schlichterspruch sieht vor, dass der Branchen-Mindestlohn auf dem Bau im Osten ab April steigt – und zwar auf 12,55 Euro. „Dieser Bau-Mindestlohn ist das Lohn-Stoppschild nach unten. Und genau das braucht der Bau ganz dringend. Wenn die Arbeitgeber den neuen Branchen-Mindestlohn allerdings nicht akzeptieren, dann wäre das ein Lockruf an alle Billig-Firmen aus dem In- und Ausland, als Dumping-Konkurrenz auf den Markt zu drängen.
Diese Billigheimer würden dann ordentlich arbeitenden und anständig – nämlich den Tariflohn – bezahlenden Unternehmen in Leipzig wirtschaftlich das Handwerk legen“, sagt Günther. Der Vorsitzende der IG BAU Nord-West-Sachsen warnt die heimischen Bauunternehmen davor, sich hier auf einen „Kamikaze-Kurs“ einzulassen.
Der Countdown dazu laufe bereits: Die Arbeitgeber müssen bis zum kommenden Freitag – also bis zum 17. Januar – grünes Licht für höhere Mindestlöhne auf dem Bau geben. Die IG BAU ruft deshalb „alle anständigen Bauunternehmen in der Stadt auf, im Schulterschluss mit anderen als ‚starke Sachsen-Kraft‘ klare Signale an den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und an den Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) zu senden – und zwar für das Akzeptieren der neuen Bau-Mindestlöhne.
„Hier steht viel auf dem Spiel. Nämlich der faire Wettbewerb bei fairer Bezahlung. Der Bau darf nicht zur Niedriglohn-Branche werden. Denn die Folgen für die Beschäftigungsentwicklung wären verheerend – und das mitten im Bau-Boom: Selbst Facharbeiter würden dann abwandern. Vom Niedriglohn-Image der Baubranche und ihrem fehlenden Nachwuchs ganz zu schweigen“, macht Bernd Günther klar. Gerade jungen Menschen müsse das Signal gegeben werden, dass der Bau eine boomende Branche mit Zukunft sei, in der man was Tolles schaffen, den Erfolg seiner Arbeit sehen und gutes Geld verdienen könne.
Mit dem Tariflohn sei die „Lohnlatte“ fair gelegt. Der Basis-Tariflohn für einen erfahrenen Maurer, Zimmerer oder Straßenbauer in Leipzig liege derzeit bei 19,50 Euro. „Würden Unternehmen, die nicht an den Tariflohn gebunden sind, künftig lediglich den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit nur 9,35 Euro bezahlen, dann würde das eine krasse Kluft von über 10 Euro beim Stundenlohn bedeuten. Das würde der Bau nicht verkraften. Denn das würde zu Lasten der Unternehmen gehen, die für fairen Wettbewerb und Qualität stehen“, so Günther. Dem Bau drohe dann ein regelrechter Preiskampf.
Genau dieser Punkt habe den Präsidenten des Bundessozialgerichts, Prof. Dr. Rainer Schlegel, als Schlichter für das Bauhauptgewerbe offensichtlich bewogen, sich für neue Bau-Mindestlöhne auszusprechen. „Dieser Schlichterspruch ist für alle Seiten – für die IG BAU, die ihm bereits zugestimmt hat, vor allem aber für Bauhandwerk und Bauindustrie – akzeptabel. Zum Wohle der Branche wird’s jetzt Zeit, dass auch die Arbeitgeber ihn akzeptieren“, fordert der Vorsitzende der IG BAU Nord-West-Sachsen, Bernd Günther. Wie es tarifpolitisch dann auf dem Bau weitergeht, darüber werden IG BAU und Bau-Arbeitgeber bereits im Frühjahr verhandeln: Dann steht nämlich die neue Lohn-Tarifrunde an.
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